Theater Tempus fugit In zwei Wochen zum fertigen Stück

Beatrice Ehrlich
Bürger, Ratsherren, Trinker – in der „Ballade vom Rattenfänger“, dem neuen Stück des Theaters Tempus fugit, trifft ein Außenseiter auf eine verschlagene Stadtgesellschaft. Foto: Beatrice Ehrlich

Das Spielzeitteam des Theaters Tempus fugit probt „Die Ballade vom Rattenfänger“ im Weiler Kesselhaus.

Das „Arme Theater“ ist unter Theaterleuten ein fester Begriff. Die „Ballade vom Rattenfänger“, die am kommenden Donnerstag unter der Regie von Vaclav Spirit im Weiler Kesselhaus Premiere feiert, ist ein Beispiel für diese Form der Bühnenkunst, die nicht nur materielle Bescheidenheit sondern auch eine bestimmte Arbeitsweise umfasst.

Eine Multifunktionsbühne, kaum Bühnentechnik, kein festes Ensemble und ein Bühnenbild, dass schnell auf- und abgebaut werden kann – Flexibilität ist Trumpf, wie   bei einer Theatertruppe auf Reisen. Der Fokus liegt ganz auf dem Schauspieler und seiner Kunst.

Karges Bühnenbild mit Stahlgerüst und Holzkisten

Ein Kontrast zu den prächtig kostümierten jugendlichen Schauspielern vom Lörracher Theater Tempus fugit ist die karg ausgestattete Bühne. Auf einer  ebenerdigen schwarzen Fläche steht ein Stahlgerüst, leere Weinkisten aus Holz ergänzen das Bild – auch der spärliche Einsatz von Requisiten ist ein Merkmal des  „Armen Theaters“.  

Sieben junge Leute vom Lörracher Theater Tempus fugit  proben hier gerade eine Schlüsselszene ihres ersten gemeinsamen Stücks, der „Ballade vom Rattenfänger“. Bis zur Premiere ist es gerade noch eine Woche, und noch steht das Stück erst in Fragmenten.

Stapfen, schreiten, stöhnen, springen

Als der Rattenfänger zu pfeifen beginnt, lassen Handwerker, Markthändler und Wirtsleute ihre Arbeit stehen und liegen, und folgen ihm nach. Schritt für Schritt stapft die Stadtgesellschaft hinter dem pfeifenden Rattenfänger her, dem sie zuvor das Leben schwer gemacht hat, .

Der Rattenfänger hat seinen Lohn nicht erhalten. Jetzt will er sich rächen. Foto: Beatrice Ehrlich

Für Regisseur Vaclav Spirit fehlt es dabei noch an Lockerheit und Leichtfüßigkeit. „Das müssen wir noch üben“, ruft er aus, als die jungen Schauspieler am Ende ihrer Prozession ganz oben auf dem Gerüst angekommen sind.

Das bekannte Märchen nimmt eine überraschende Wendung

In der Bühnenfassung, die Spirit nach einer Novelle des tschechischen Dichters Viktor Dyk geschaffen hat, nimmt die Geschichte vom Rattenfänger von Hameln eine andere Wendung als in der Version der Brüder Grimm. Nicht die Kinder entführt der Rattenfänger zur Strafe für den ihm verwehrten Lohn, sondern gleich alle Bürger der Stadt.

Wie gelähmt stapfen die wortbrüchigen Bürger der Stadt hinter dem Rattenfänger her. Foto: Beatrice Ehrlich

Nur ein Mensch bleibt letztlich davon verschont. Wie es dazu kommt, ist das Thema des Stücks.

Improvisationtalent ist gefragt

Die jungen Schauspieler, die eine Ausbildung zu Theaterpädagogen durchlaufen und währenddessen einerseits Theater-AGs leiten, aber auch selbst Schauspielunterricht erhalten, übernehmen jeweils mehrere Rollen. Eigentlich sei das Stück für 16 bis 17 Akteure gedacht, erläutert der Regisseur. Improvisationstalent, sowie die Kunst, blitzschnell Ausdruck und Habitus einer anderen Person anzunehmen, sind in der „Ballade von Rattenfänger“ unabdingbar.

„Leute, so können wir nicht lachen“

Immer wieder unterbricht Spirit die Spielenden mit seinen Ausrufen. Manchmal klingen sie fast schon verzweifelt: „Leute, so können wir nicht lachen“, mahnt er. „Das könnten wir nachher noch trainieren“, bietet er gleich darauf beschwichtigend an.

Mahnt und fordert: der Regisseur Vaclav Spirit. Foto: Beatrice Ehrlich

Er gibt Hinweise: Die stummen Rollen seien das Schwierigste sagt er, an eine junge Frau gerichtet, deren Rolle in dieser Szene auf das Zuschauen beschränkt ist. Denn wenn jemand auf der Bühne innerlich abschaltet, kurz Pause macht von der Figur, die er verkörpert, dann sieht man das sofort.

Tipps von einem erfahrenen Theatermann

Vaclav Spirit gehört bei Tempus fugit seit fast 20 Jahren fest dazu. Immer wenn das Spielzeitteam sein erstes gemeinsames Stück auf die Bühne bringt, schlägt die Stunde des erfahrenen Theatermanns aus Tschechien, der in den 1980er-Jahren in die Bundesrepublik Deutschland emigriert ist.

In der Kneipe vergessen die Bürger die Sorgen des Alltags. Foto: Beatrice Ehrlich

Er ist jedes Mal wieder gespannt darauf, was für Schauspiel-Talente unter den jungen Leuten sind, aber auch, was für Herausforderungen die Zusammenarbeit mit einem immer wieder neu zusammengestellten Team mit sich bringt.

Das Stück

Die Ballade vom Rattenfänger
Nach der gleichnamigen Novelle von Viktor Dyk, in eine Bühnenfassung gebracht von Vaclav Spirit. Es spielt das Spielzeitteam 2024/25, Musik: Johan Olsson, Produktionsleitung und Regieassistenz: Philipp Kröning. Das Stück ist geeignet für Zuschauer ab 14 Jahren.

Termine
Donnerstag, 16. Januar (Premiere), 19.30 Uhr, Freitag, 17. Januar, 10 und 19.30 Uhr sowie Samstag, 18. Januar, 19.30 Uhr, jeweils im Kulturzentrum Kesselhaus Weil am Rhein, Am Kesselhaus 9.

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