Todtnau 78 Jahre lang für das Tal unerlässlich

Markgräfler Tagblatt
Bei vielen Älteren unvergessen: Das Todtnauerli, das bis 1967 zwischen Zell und Todtnau hin- und herdampfte. Foto: Archiv Foto: Markgräfler Tagblatt

Geschichte: Das Eisenbahn-Buch „Schmalspurig nach Todtnau“ erinnert an das Todtnauerli

Wer in die Geschichte des Todtnauerli, wie die 1889 eröffnete Zell-Todtnauer Eisenbahn im Volksmund heißt, eintauchen will, findet hierzu mit dem Buch „Schmalspurig nach Todtnau“ eine ideale Möglichkeit. Das reich bebilderte Werk von Ludger Kenning versetzt den Leser und Betrachter zurück in die Zeit, in der die Schmalspurbahn im oberen Wiesental ein wichtiger Bestandteil des täglichen Lebens war.

Oberes Wiesental. Das Todtnauerli verlief von der regelspurigen Wiesentalbahn Basel-Zell ausgehend hinauf in den Südschwarzwald. Die 18,74 Kilometer lange Nebenbahn folgte stets dem Flüsschen Wiese und besaß sogar einen Tunnel. Gut 78 Jahre lang war sie für ihre Anwohner, den Fremdenverkehr, den Bergbau, die Land- und die Holzwirtschaft und die zahlreichen Gewerbe- und Industriebetriebe unerlässlich.

Als nach dem Zweiten Weltkrieg der Straßenverkehr rapide anstieg, wurde das Bähnle zunehmend überflüssig. Seine Fürsprecher hatten eine kaum vernehmbare Stimme im großen Chor der Auto-Begeisterten.

Eigentlich war das Todtnauerli als Teil einer Fernstrecke Basel-Stuttgart gedacht, jedoch lehnte der Badische Staat die Kostenübernahme ab. Erstmals in Baden durften die Initiatoren von der regulären Spurweite abweichen, und das prägte das Dasein der Meterspurbahn zeitlebens. Bis kurz vor dem Zweiten Weltkrieg sprachen die Talgemeinden immer wieder bei der Regierung vor, um eine Umspurung, den Weiterbau nach Freiburg oder Titisee oder sogar eine Übertragung des Bähnle an die Deutsche Reichsbahn-Gesellschaft zu erwirken – allerdings stets vergebens.

Äußerst nachteilig bei der Schmalspur war das aufwendige Umladen der Frachten. Mitte der 1920er Jahre führte die damalige Betriebsführerin, die Süddeutsche Eisenbahn-Gesellschaft, zwar mit viel Aufwand den Rollwagenbetrieb ein und beschaffte zwei schwere Mallet-Lokomotiven, aber der erhoffte Frachtanstieg blieb aus, zumal viele Kunden ihre Waren mittlerweile auf der Straße transportierten.

Im Süden schloss die Bahn an die Normalspur an, aber das obere Wiesental war bereits damals sowohl kulturell als auch wirtschaftlich mehr nach Norden hin orientiert. Eine Bahnfahrt von Todtnau nach Freiburg – lediglich ungefähr 20 Kilometer voneinander entfernt – war fünfmal so lang wie die Luftlinie.

Hochbetrieb herrschte dagegen im florierenden Fremdenverkehr. Häufig waren die Züge hoffnungslos überfüllt, wenn die Ausflügler und Wanderer den Feldberg oder den Belchen besuchten oder die Wintersportler ins schneesichere obere Wiesental strömten.

Im Jahr 1953 ging die Schmalspurbahn ins Landeseigentum sowie ihre Betriebsführung an die Mittelbadische Eisenbahn-Gesellschaft (MEG) über. Die meisten Fahrgäste benutzten die Bahn seinerzeit nur zu ermäßigten Tarifen. Der Kauf einer Diesellok für den Güterverkehr erschien der MEG nicht mehr sinnvoll, derweil wollte sie durch die Inbetriebnahme eines fabrikneuen Dieseltriebwagens den Schienenpersonenverkehr dauerhaft bewahren.

Der Bahnbetrieb blieb weiter defizitär und benötigte ständig öffentliche Hilfe. Ende 1964 lehnten die Kommunen und das Land diese allerdings ab, und so beantragte die MEG die Stilllegung. Am 25. September 1966 endete der Schienenpersonenverkehr und am 16. Oktober 1967 verabschiedeten sich die Bewohner des Wiesentals von ihrem Todtnauerli.

Heute erinnert nur noch wenig an die Bahnstrecke, um deren Realisierung die Politiker und Industriellen einst lange gekämpft hatten. Keines der Gebäude existiert noch, stattdessen verläuft auf der ehemaligen Trasse ein beliebter Wanderweg. An den früheren Haltestellen weisen immerhin Schilder auf den einstigen Betrieb der Schmalspurbahn hin. Drei Lokomotiven, ein Trieb- und vier Personenwagen sind museal erhalten geblieben.

Ludger Kenning „Schmalspurig nach Todtnau“, 216 Seiten, gebunden, 97 Farb- und 147 Schwarzweiß-Fotos, 27 Tabellen und 69 Skizzen, ISBN: 978-3-944390-12-3, Preis: 36,95 Euro.

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