Todtnau „Die Gäste fahren an uns vorbei“

Markgräfler Tagblatt

Bürgerversammlung: Hotel-Projekt in Todtnauberg: Gegner kündigen Bürgerbegehren an

Auf immenses Interesse stieß die Bürgerversammlung zum umstrittenen Hotelprojekt auf dem „Radschert“ in Todtnauberg: Etwa 500 Bürger strömten am Donnerstag in die Silberberghalle, um sich über die Pläne und den Stand der Dinge informieren zu lassen.

Von Anja Bertsch

Todtnau-Todtnauberg. Die „Bürgerinitiative Hotelprojekt Radschert Todtnauberg“ als Kritiker des Projektes nutzte das Podium für die publikumswirksame Ankündigung eines Bürgerbegehrens gegen Verkauf/Verpachtung des betreffenden Grundstücks.

Wie schon die erste Bürgerversammlung Anfang August streckte sich auch die jetzige Veranstaltung über etwa vier Stunden. Unter Leitung von Moderator Hendrik Langhoff indes verlief die Diskussion in sachlicher Atmosphäre, so dass die auf dem Podium platzierten Vertreter der Gemeinderatsfraktionen ihren Wunsch an die Veranstaltung erfüllt sahen: Transparenz und Information aus erster Hand und „eine faire Diskussion, nach der man sich im Dorf weiterhin in die Augen schauen kann“, wie SPD-Gemeinderat Jochen Stückler vorab formuliert hatte.

Bürgermeister-Plädoyer

Neben zahlreichen kritischen Stimmen meldeten sich aus dem Publikum auch einige Befürworter der Hotelanlage zu Wort.

Eingangs der Veranstaltung gab Bürgermeister Andreas Wießner einen Überblick über die wenig rosige Entwicklung des Tourismus in Todtnau und -berg. Er verwies auf die Übernachtungszahlen, die sich seit Anfang der 1990er Jahre im Sinkflug befänden. „Wir sehen eine Stagnation auf einem Niveau, das es schwierig macht, die Infrastruktur aufrechtzuerhalten“, so Wießner. Ob Blumengeschäft, Skilift, Gastronomie oder Bäcker: „Alles hier braucht den Tourismus, um zu überleben.“ Entscheidender Punkt: Die maue Lage in Todtnaus Tourismus stehe im Gegensatz zur allgemein positiven Entwicklung im Schwarzwald, so Wießner. „Das Problem ist: Die Gäste fahren momentan einfach an uns vorbei.“ Das Hotel-Projekt sei deshalb „eine einzigartige Chance für unsere gemeinsame Bergwelt, in die Zukunft zu kommen“, so Wießner.

Mit dem großen Show-Gedeck versuchte Projektentwickler Hubertus Wichmann, das Publikum zu überzeugen: Eine knappe Stunde lang prasselten Impressionen und Infos multimedial auf die

Multimedia-Show

Zuhörer ein –Grafiken zu aussterbenden Touristen-Milieus oder Tabellen zu sinkenden Übernachtungszahlen. Die Botschaft war klar: Wollen Todtnau und -berg in Sachen Tourismus eine Zukunft haben, braucht’s einen Aufbruch, der Tradition und Moderne verbindet.

Naturressort Radschert

Inmitten des Multimedia-Feuerwerks gab es auch einige Fakten zum angedachten Hotelprojekt: Unterm Arbeitstitel „Naturressort Todtnauberg“ ist eine Vier-Sterne-Hotelanlage aus mehreren Gebäuden („offene Gebäudestruktur“) mit 63 Suiten und maximal 299 Betten (Vorgabe des Regierungspräsidiums) geplant. Dazu gehören Schwimmbad, Wellnessbereich, Tiefgarage und zwei Restaurants mit 250 Sitzplätzen, die auch der Öffentlichkeit offenstehen.

Die Verkehrsbelastung durch das neue Hotel werde sich angesichts der überschaubaren Zahl der Gäste/Suiten und der Aufenthaltsdauer in Grenzen halten, versicherte Wichmann: Mit etwa 55 Autos habe man am An-/Abreisetag zu rechnen.

Architektonisch sollen die Gebäude den „Charakter eines Schwarzwaldhofes, dargestellt im Vier-Sterne-Segment“ erhalten, und in erster Linie Naturmaterial wie Holz und Steine verwenden. Genaueres zur baulichen Gestaltung lasse sich zum jetzigen Zeitpunkt nicht vorlegen: „Wir sind in der planungsrechtlichen Phase“, betonte Hubertus Wichman.

Bau und Betreiber

Wenngleich noch ohne konkrete Pläne, so gaben die eigens aus den Niederlanden angereisten Podiumsteilnehmer Peter Bos als Projektmanager von Landal Green Parks und Klaas Odink als Geschäftsführer von Van Wijnen Recreatiebouw doch Auskunft über die Grundsätze der Ressortprojekte, mit denen sie an unterschiedlichen Orten in Europa bereits vertreten sind: „Unsere Gebäude müsse in die Landschaft passen“, betonte Klaas Odink als Geschäftsführer des Bauträgers. „Natur“, „regionale Verankerung“ und Nachhaltigkeit waren die großen Stichworte auch in der Präsentation von Landal GreenPark-Manager Peter Bos: „Unsere Kunden kommen wegen der Region und deren Natur“.

Standorte

Auf der Suche nach einem geeigneten Standort habe man insgesamt elf Alternativen untersucht, erklärte Hubertus Wichmann; übrig blieb allein der jetzige auf dem Radschert. Durchaus sei man auch in Kontakt gewesen mit den Eigentümern des Feriendorfes und der Jugendherberge – habe von beiden aber eine Absage bekommen.

Bürgerinitiative

Alfred Kaiser und Manfred Dietsche präsentierten unterm Slogan „Gegen eine Ferienhausanlage“ die Argumente der Bürgerinitiative gegen das Projekt. Angeführt wurde der Naturschutz mit den Aspekten Wasserknappheit und Bodenversiegelung und ein fehlendes Konzept zum Umgang mit dem befürchteten Mehr an Verkehr. Auch sehe die touristische Entwicklung nicht so dramatisch aus, wie vom Bürgermeister geschildert. Die Zahlen seien seit Jahren durchaus stabil, erklärte die Präsentation unterm Titel „Die Legende von den fallenden Übernachtungszahlen“. In den Mittelpunkt ihrer Präsentation stellte die BI die Ankündigung, ab ein Bürgerbegehren zu starten.

Die Diskussion

In der gut einstündigen Diskussion waren die kritischen Stimmen in der Mehrheit; durchaus aber meldeten sich auch einige Befürworter zu Wort. Die Zuhörer stellten kritische Detailfragen, unter anderem zur Bauzeit. Andere lieferten knackig-allgemeine Ansagen: „Hände weg vom Radschert“.

Die Befürworter des Projektes – namentlich zwei Hotelbesitzer aus dem Ort – betonten, dass sie im neuen Resort keineswegs Konkurrenz sähen. Viel mehr könne man sich von einem neuen Hotel Impulse erhofften, die den Tourismus in Todtnau/-berg insgesamt ankurbelten. „Wir sitzen alle in einem Boot“, so die Ansage.

Wie weiter

Als nächster Schritt ist für November die zweite Offenlage des Bebauungsplanes geplant. Würde dieser Mitte 2019 verabschiedet, könnte der Bauantrag eingereicht werden; nach zehn bis zwölf Monaten Bauzeit stünde das Hotel womöglich im Mai 2020, so ein Ausblick der Präsentation von Projektplaner Wichmann.

Abzuwarten bleibt nun freilich, welchen Lauf das Bürgerbegehren nimmt, das womöglich in einem Bürgerentscheid enden, die Planungen aber zumindest verzögern könnte, so Bürgermeister Andreas Wießner.

Weitere Informationen: All auf der Bürgerversammlung gezeigten Präsentation sollen auf der Homepage der Stadt veröffentlicht werden.

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