Nach Anfangsschwierigkeiten kann er sein Geschäft in New York bereits nach sieben Monaten vergrößern. 1919 können endlich auch seine Frau und die Kinder aus England ausreisen. Nesslers Unternehmen wachsen weiter mit Niederlassungen in Chicago, Philadelphia, Palm Springs und Detroit.
Für Frauen die sich wegen der großen Entfernung zur nächsten Stadt keinen Frisörbesuch leisten konnten, baute Nessler auch elektrisch betriebene Heimgeräte zum Preis von 15 Dollar. Die Packung enthielt alles, was zur Selbstherstellung einer Dauerwelle nötig war. Auch dieses Geschäft wurde ein Erfolg.
Allein in den Monaten September und Oktober 1922 stellten die Werkstätten von Nessler 30 000 Geräte her, alle mit vollem Rückgaberecht bei Nichtgefallen. Sein neuer Prospekt enthielt 27 kosmetische Artikel. Seine jährlichen Ausgaben für Werbung betrugen 300 000 Dollar. Beschäftigt waren bei ihm gegen 500 Leute, darunter auch einige Mitarbeiter aus seiner alten Todtnauer Heimat.
Großzügige Heimathilfe
Für die Stadt Todtnau ist Nesslers großzügige Unterstützung und Hilfe unvergessen. Als im Jahre 1923 in Deutschland die Inflation ihrem Höhepunkt entgegensteuert und überall Hunger und Arbeitslosigkeit herrschen, ist Karl Ludwig Nessler einer der Ersten, der Hilfe bringt. Er schickt 34 Zentner Kleidung nach Todtnau, überbringt Spenden und Nahrungsmittel und überweist mehr als 20 000 Mark an die notleidende Bevölkerung in Todtnau.
Auf dem Höhepunkt seiner Unternehmen im Jahre 1928 verkaufte Nessler seine Geschäfte und Fabriken sowie seine Patente für über 1,5 Millionen Dollar und zog sich zum weiteren Haarstudium in sein kleines Labor zurück. Einen großen Teil seines Vermögens hatte Nessler in Kupferaktien angelegt. Am Schwarzen Freitag im Oktober 1929 kam es in New York zum Börsenkrach. Über Nacht waren Nesslers Aktien wertlos geworden, er erlitt Verluste von mehreren Millionen Dollar. Aber noch besaß er einige andere Wertpapiere, auch blieb ihm sein Haus mit dem großen Park. Er war kein armer Mann geworden. Doch kurz darauf folgte der nächste Schlag. Ende 1929 brannte sein Haus und sein Labor ab. Nessler konnte sich nur mit dem Schlafanzug bekleidet retten. Alle seine Aufzeichnungen sowie die Lizenzverträge wurden ein Raub der Flammen.
Später arbeitete er an einer neuen Erfindung: „ChaNess“, einem Apparat für die Hautpflege und Förderung des Haarwuchses. Seine Hoffnung, mit diesem Produkt an frühere Erfolge anknüpfen zu können, erfüllte sich jedoch nicht, die Erfindung konnte sich nicht durchsetzen. Das Gerät fand keinen Absatz. Er hatte die Wirkung und die Möglichkeiten seines Apparates weit überschätzt. Nessler musste die Produktion wieder einstellen.
Enttäuscht zieht sich der erfolgsverwöhnte Geschäftsmann vom öffentlichen Leben zurück. Von Krankheit und Sorgen geplagt, verbrachte er seine letzten Lebensjahre einsam und allein in seinem Haus. Karl Ludwig Nessler stirbt am 22. Januar 1951 in Harrington Park, New Jersey. Sein Grab befindet sich auf dem prominenten Kensico Friedhof Valhalla bei New York.
(Text: Kulturhaus Todtnau)
Das Leben und Werk von Karl Ludwig Nessler kann in einer spannenden Dauerausstellung im Bürstenmuseum Todtnau besichtigt werden. Öffnungszeiten sind Mittwoch und Sonntag von 14 bis 17 Uhr. Informationen unter www.todtnau.museum