Todtnau „Ich kann nicht nur Klima machen“

Markgräfler Tagblatt
Armin Schuster nutzt die parlamentarische Sommerpause, um die Ortsverbände seines Wahlkreises zu besuchen. Foto: Schennen Foto: Markgräfler Tagblatt

Politik: Armin Schuster spricht in Todtnau über die aktuellen Herausforderungen der Bundespolitik

Todtnau-Geschwend (chs). Bundestagsabgeordneter Armin Schuster hat am Montag Abend im „Rößle“ in Geschwend Fragen der Bürger beantwortet und aktuelle Entwicklungen der Bundespolitik vorgestellt. Ähnliche Veranstaltungen gab es unter anderem bereits in Weil, Kandern und Zell.

Ob die Bundesregierung nach den Landtagswahlen in Brandenburg und Sachsen noch bestehe, sei ungewiss, so der Christdemokrat. Insbesondere dann, wenn die SPD ein schlechtes Ergebnis erziele. Dann könnten sich bei den Genossen die Kräfte durchsetzen, die einen Rückzug aus der Großen Koalition befürworten. „Die Groko wollte niemand, hat aber eine Mehrheit“, so Schuster, der betont, dass die Regierung nicht so schlecht sei wie ihr Ruf.

Wenn die SPD die Koalition platzen lasse, werde Bundespräsident Steinmeier wahrscheinlich CDU, FDP und Grüne dazu auffordern, Gespräche über eine Jamaika-Koalition zu führen. Angesichts guter Umfragewerte würden die Grünen eine Teilnahme an der Koalition aber ablehnen. „Wenn das so eintritt, bin ich für eine Minderheitsregierung“, so Schuster. „Das würde die CDU in Zugzwang bringen, sie müsste stark auf Inhalte setzen und permanent für Gesetzentwürfe werben.“

Entscheidend für das Fortbestehen der Großen Koalition sei die Umsetzung der Grundrente und des Klimagesetzes. „Was die Grundrente angeht, bin ich positiv, dass wir uns einigen“, sagt Schuster. Die CDU ist für eine Bedürftigkeitsprüfung, die SPD ist dagegen.

Schwieriger sei die Einführung eines Klimagesetzes, zu dem im September ein Entwurf vorlegen werde, so der Bundestagsabgeordnete. Er prognostiziert: „Ohne Klimagesetz in diesem Jahr bricht die Regierung.“

Früherer Ausstieg aus Kohleverstromung unrealistisch

Den beiden Volksparteien mache die politische Polarisierung in der Gesellschaft zu schaffen. Es gebe derzeit die Neigung, „extrem“ zu wählen, so Schuster. Exemplarisch dafür stünden Umfrageergebnisse in Thüringen, wonach bei der nächsten Landtagswahl 25 Prozent der Wähler die AfD und 24 Prozent der Wähler die Linken wählen wollen. „Außerdem gibt es eine Tendenz zu den Grünen, die unsere Vorreiterrolle abstreiten“, sagt der Innenpolitiker. Die Grünen seien auf ein Thema fokussiert, und es sei bedenklich, dass die Bundesregierung mit einem Thema in Frage gestellt werde.

„Aber ich kann nicht nur Klima machen“, sagt Armin Schuster und zählt auf, mit welchen Problemen die Bundeskanzlerin konfrontiert war: Weltbankkrise, Griechenland-, Euro-, Migrationskrise, Arabischer Frühling, Erdogan und Brexit.

Den Ausstieg aus Braun- und Steinkohle vor 2038 hält er nicht machbar. Er widerspreche auch den Wünschen des bayrischen Ministerpräsidenten Söder, der als Ausstiegsdatum 2030 versprochen hat. Der Anteil erneuerbarer Energien an der Stromerzeugung betrage 40 Prozent und liege dabei „weit über Plan“. Die zirka 50 Prozent Stromerzeugung durch Kohle und Atomkraft könne man aber nicht von heute auf morgen durch erneuerbare Energien ersetzen.

Er kündigte an, dass er sich für die Einführung einer Kohlendioxid-Steuer einsetzen wolle, die die diversen Energiesteuern ersetzen solle.

Weiterhin versprach er, nur noch für eine Verordnung für die Ferkelkastration zu stimmen, die die Betäubung vorschreibe. Dass aber sofort alle Ferkelkastrationen nur noch schmerzausschaltend seien, gehe nicht, so Schuster.

Eine gute Erfindung sei die „mobile Schlachtbox MSE 001“ der IG „Schlachtung mit Achtung“, bei der ein Rind auf dem Hof geschlachtet werde. „Die Landwirte müssen allerdings einen Metzger finden, der das bezahlt“, so Schuster, der den Grundsatz „Weniger Fleisch essen, aber dafür auf eine höhere Qualität achten (höherer Preis)“ für richtig hält.

Schuster plädiert ferner für die Einrichtung von von der EU betriebenen Ankerzentren an den Außengrenzen der EU und erinnerte daran, dass es schon Mitte der achtziger Jahre 100 000 Asylbewerber gegeben habe. Die italienischen Gastarbeiter habe man seinerzeit „dringend gebraucht“. Außerdem habe es noch nie so wenige Morde in Deutschland gegeben wie in diesem Jahr. „Ein Mord pro Tag in Deutschland ist normal in Deutschland“, betont Schuster.

Ein Bürger kritisierte zudem die überbordende Bürokratie und nannte als Beispiel die Berichtspflicht in Seniorenwohnheimen, wo jede einzelne Person einzeln bewertet werden muss.

Auch das Thema Mobilität wurde kurz angesprochen. Nur ein Bruchteil der Entwicklungskosten von Fahrzeugherstellern entfallen auf die Brennstoffzellentechnik. Ein Brennstoffzellenauto fahre sich genauso wie ein Elektro-Auto, habe aber doppelt so hohe Betriebskosten wie ein Stromer. Weil für einen Elektro-Pkw Lithium gebraucht werde und für dessen Abbau die Lebensgrundlage der indigenen Bevölkerung (Argentinien, Bolivien, Chile) zerstört würde, sei es möglicherweise so, dass derjenige, der ein Batterie-Auto fahre, in ein, zwei Jahren der Umweltsünder sei, so der Parlamentarier abschließend.

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