Todtnau Stellbogen aus dem Takt gebracht

Markgräfler Tagblatt

Trachtenkapelle: Musiker überraschten in einem Coup den verdutzten Dirigenten zu dessen Jubiläum

Die „Donauwelle“ bekam er in gebackener Form, den Dank für zehn außergewöhnlich erfolgreiche Jahre gab’s vom Vorsitzenden Dominic Iwertowski praktisch gratis, aber „selbstverständlich von Herzen“ dazu – wie schließlich die dicke Überraschung zum Jubiläum.

Von Hans-Jürgen Hege

Todtnau-Todtnauberg. Ralph Stellbogen, Dirigent der Trachtenkapelle, haute es beim Pfingstkonzert am Sonntag im Kursaal schier aus den Socken, als er nach einem geplanten Alleingang seiner Musiker bemerkte: Alle haben von dem klasse Coup gewusst – nur einer nicht. Und das war er. Wie kam’s?

Zunächst war alles wie immer. Stellbogen hatte die „Zeichen der Zeit“ erkannt und mit seinem Orchester Armin Koflers gleichnamigen Titel einstudiert. Bei „The Legend of Maracaibo“ von José Alberto Pina überließ er es dem jungen Matteo Abbate, das Publikum im proppenvollen Saal mit Südseeträumen über einen der größten jemals im Meer versunkenen Schätze, über den Moderator Dietmar Schubnell ebenso ausführlich wie humorvoll informierte, zu entzücken.

Dann durften sich die Gäste über Donald Trumps Frisur Gedanken machen, wenn der getreu dem Motto „America first“ und Schubnells Worten „z’mitts im Schdurm“ nach Noten von Robert W. Smith gelandet wäre, wie das die Orchestermitglieder engagiert vormachten, ehe sie mit Temperament und Können das wilde „Leben der Wikinger“, das Michael Geisler in ein fünfminütiges musikalisches Spektakel gepackt hatte, quasi im Zeitraffer an den schwer beeindruckten Blasmusikfans vorbeifliegen ließen.

Fahrt zur Probe über 45 Kilometer

Da ging’s kurz vor der Pause doch richtig gemächlich zu beim sonnigen Besuch der Weinberge des Tunibergs, in denen Ralph Stellbogen zuhause ist und aus denen der erstklassige Dirigent seit zehn Jahren regelmäßig zu den Proben 45 Kilometer weit auf den Berg über Todtnau fährt.

Stellbogen hatte sich nicht gescheut, für das von ihm spendierte Werk eines Mario Bürki eine Art Foto-Safari mit einer Fotografin zu organisieren, die ihn auf einem guten Stück „Heimatgeschichte“ rund um und auf dem Tuniberg begleitete und so nachwies, dass es tatsächlich nicht nötig ist, in die Ferne zu schweifen, weil das Gute – in diesem Fall das Gebiet um den Kaiserstuhl – nahe liegt.

Mit einem „Gruezi uus Luzern“ startete das hervorragende Orchester in Teil zwei des schwungvollen Abends, der nach einem ordentlichen Hupfer an die „Copacabana“ zunächst nach Polen (P.O.S.-Marsch von Edward May), von dort wieder weit weg auf die andere Seite der Welt in die Karibik (Caribbean Beat) und schließlich zur „Kaiserin Sissi“ führte, die Timo Dellweg in seinem Marsch vortrefflich beschrieben hatte.

Mit ein wenig „Partymusik“ aus der Feder von Jan Ceulemans näherte sich die Trachtenkapelle langsam, aber sicher dem Finale furiose, das als „Gloria Patri“ angekündigt war, zunächst aber im langen Gesicht eines total verdutzten Dirigenten entsetzte Verwunderung auslöste. Will heißen: Stellbogen dirigierte den Marsch, das Orchester vor ihm spielte die „Kuschel-Polka“, die er von den Damen und Herren bei seinem Amtsantritt vor zehn Jahren spielen ließ.

Aber nicht nur das. Benno Rotzinger hatte der Kuschel-Polka einen Text verpasst, den alle zum Spiel sangen und der in der Hoffnung gipfelte: „Donauwelle schmeckt so fein, sicher auch noch weitere 20 Jahr’. Was kann schöner denn noch sein. Bitte sage jetzt nicht nein.“ Und das tat er auch nicht, obwohl er gleich bei den ersten „falschen“ Tönen, die so gar nicht zu dem von ihm zunächst vorgegeben Takt passen mochten, beim verzweifelten Blick ins Publikum feststellen durfte, dass er wahrlich der einzige war, der im Dunkeln tappte.

Das gesamte Publikum wusste Bescheid

Überall in der Runde vor ihm stand zu lesen: „An der Stelle, an der der Marsch Gloria Patri kommen würde, werden wir die Polka spielen. Also: Ölen sie ihre Stimme und singen sie nachher kräftig mit!“ Ein toller Gag. Und nach dem gab’s dann auch noch den regulären Marsch – und ein paar Zugaben, die sich die außergewöhnliche Trachtenkapelle zuvor mit viel sichtbarem Spaß an der Freude, vor großem Publikum musizieren zu dürfen, verdient hatte.

Umfrage

Die GDL hatte in dem Tarifstreit am Montag zum Streik aufgerufen

GDL-Chef Claus Weselsky hat die Lokführer erneut zu bundesweiten Warnstreiks aufgerufen. Haben Sie dafür Verständnis?

Ergebnis anzeigen
loading