Der Tüllinger Weinmarkt besteht seit einem Vierteljahrhundert. Welchen Stellenwert die Traditionsveranstaltung hat, zeigt sich an der Resonanz.
Bevor die 25. Auflage am Sonntag startet, wollte unsere Zeitung von den federführenden Organisatoren, Karlheinz und Oliver Ruser vom Weingut Ruser, wissen, was den Markt ausmacht und welche Zukunft dieser hat.
Ein Vierteljahrhundert Weinmarkt in Tüllingen: Was ist Ihnen von den 24 vorherigen Veranstaltungen noch bestens in Erinnerung?
Karlheinz Ruser: Die wunderbare Geselligkeit, die den Markt jedes Jahr geprägt hat. Der Austausch mit vielen Menschen war immer ein Highlight – es ging nicht nur um den Genuss des Weines, sondern auch um das gemeinsame Erleben und die besonderen Gespräche. Der Zusammenhalt der Weinbranche wurde auf diesen Märkten immer wieder deutlich, sei es durch den Austausch von Neuigkeiten oder durch das gemeinsame Interesse am Wein. Ob Winzer oder Weinliebhaber, der Tüllinger Weinmarkt war immer eine Plattform der Inspiration und des gemeinsamen Lernens. Besonders schön war es, die Leidenschaft der Teilnehmer für guten Wein zu spüren und zu sehen, wie das Interesse am Wein von Jahr zu Jahr wächst.
Und was ist in schlechter Erinnerung?
Karlheinz Ruser: Ein völlig verregneter Sonntag mit wenigen Gästen und gedämpfter Stimmung.
Kulinarische Köstlichkeiten gibt es in fester und flüssiger Form. Welcher Punkt auf der Speisekarte oder dem Programm hat in den zurückliegenden Jahren die stärkste Anziehungskraft entfaltet?
Karlheinz Ruser: Der Wein war in den letzten Jahren immer der größte Anziehungspunkt auf dem Tüllinger Weinmarkt. Besonders faszinierend war die Vielfalt der neuen Jahrgänge, die jeweils im Vordergrund standen. Immer wieder freuten sich die Besucher auf innovative Weine, die durch neue Techniken im Weinbau entstanden sind, ohne dabei die Tradition aus den Augen zu verlieren. Dieses Gleichgewicht zwischen Innovation und Tradition machte die Veranstaltung so besonders.
Oliver Ruser: Ein weiteres Highlight war die Möglichkeit, sich direkt mit den Winzern auszutauschen und in ihre Arbeit einzutauchen. Natürlich waren auch die kulinarischen Köstlichkeiten, die den Wein perfekt ergänzten, sehr beliebt, doch der Fokus blieb klar auf dem Wein selbst – als Zentrum des Genusses und der Inspiration.
Im Laufe der Jahre werden auch Traditionsveranstaltungen wie der Weinmarkt neu justiert. Wie hat sich dieser seit der ersten Auflage verändert?
Karlheinz Ruser: Das Konzept ist von Anfang an gleich und sich selbst treu geblieben. Der erste Weinmarkt fand an einem Samstag statt. Nach mäßiger Resonanz wurde auf den heutigen Sonntag umgestellt.
Die Gesellschaft ist in den zurückliegenden Jahren deutlich digitaler unterwegs. Welche Rolle übernimmt solch ein Weinmarkt in Präsenz im Jahr 2024 noch?
Oliver Ruser: Auch im Jahr 2024 wird ein Weinmarkt in Präsenz eine zentrale Rolle spielen, denn viele Menschen sehnen sich nach einer digitalen Auszeit. Trotz zunehmender Digitalisierung bietet ein solcher Markt etwas, das online nur schwer zu ersetzen ist: die Möglichkeit, Emotionen direkt und authentisch zu erleben. Wein lebt von Emotionen, vom Genuss, den persönlichen Geschichten der Winzer und den gemeinsamen Momenten vor Ort. Diese Erlebnisse lassen sich durch Präsenz viel intensiver transportieren als auf digitalem Weg. Während digitale Kanäle für uns vor allem als Werbeplattform dienen, bleiben der direkte Austausch, das Probieren und Spüren der Atmosphäre vor Ort unersetzlich.
Verschiedene Weingüter, so auch Ihres, zeigen die Vielfalt der heimischen Weinkultur auf. Bio liegt bereits im Trend. Werden künftig noch verstärkter alkoholfreie Weine auf dem Markt zu verkosten sein?
Oliver Ruser: Auch wenn der Markt für alkoholfreie Weine derzeit deutlich wächst, ist er noch ein Nischenprodukt, das in der öffentlichen Wahrnehmung eine größere Rolle spielt, als es der tatsächliche Marktanteil von rund 0,5 Prozent vermuten lässt. Die Produktionskosten sind noch hoch, es muss eine sogenannte Entalkoholisierungsanlage angeschafft oder ein Anbieter gefunden werden, der über eine solche verfügt. Für kleine Weinbaubetriebe, wie sie im Markgräflerland strukturiert sind, ist dies derzeit kein lohnendes Geschäft. Vielleicht wird es in Zukunft mehr alkoholfreie Produkte geben, wenn die Kosten sinken oder es zu Zusammenschlüssen kommt. Im Moment können sich eher Genossenschaften und größere Betriebe den Aufwand leisten.
Umweltfreundlich sollen die Besucher unterwegs sein, da aufgrund fehlender Parkplätze ein kostenloser Bustransfer im Stundentakt nach Tüllingen eingesetzt wird. Mit welcher Resonanz rechnen Sie in den Bussen und dann auf dem Fest?
Oliver Ruser: Wir rechnen mit einer sehr positiven Resonanz auf den umweltfreundlichen Bustransfer, denn Nachhaltigkeit hat für uns alle oberste Priorität.
Karlheinz Ruser: Die Erfahrungen der letzten Jahre haben gezeigt, dass die Umsetzung hervorragend funktioniert und auf breite Akzeptanz stößt. Der kostenlose Bustransfer im Stundentakt bietet eine praktische und umweltfreundliche Alternative, die von vielen gerne genutzt wird, um stressfrei und nachhaltig zum Fest zu gelangen. Wein und Autofahren passen ohnehin nicht zusammen.
Gibt es schon jetzt Wünsche für künftige Weinmärkte, also noch zu drehende Stellschrauben?
Oliver Ruser: Wir versuchen weiterhin, den Wein noch mehr in den Vordergrund zu rücken. Dem internationalen Weinbau geht es schlechter denn je. Wir wollen als Winzerfamilien zusammenstehen und in der Krise Geschlossenheit zeigen. Es ist nicht einfach, ein solches Fest aufrechtzuerhalten. Freiwillige Helfer sind rar und die behördlichen Auflagen und die Bürokratie nehmen immer mehr zu. Die Vergangenheit hat aber auch gezeigt, dass es nicht immer der neuesten Innovation bedarf, um die Menschen für das Fest zu begeistern. Werte wie Geselligkeit, Miteinander, Austausch ohne digitalen Konsumdruck wollen wir weiterhin pflegen.
Die Weindegustationsveranstaltung
im alten Tüllinger Ortskern findet am Sonntag, 8. September, von 11 bis 19 Uhr statt. Folgende Weingüter sind vertreten: Weinbau Ruser, Weingut Aenis, Weingut Brenneisen, Weingut Ernst, Weingut Huck-Wagner, Weingut Kaufmann, Weingut Schöpflin, Hofgut Sonnenschein, Haltinger Winzer Genossenschaft, Weingut Krebs, Weingut Röschard, Weingut Schneider.
Ein Busshuttle-Service
ist eingerichtet. Abfahrt ist am Busbahnhof Lörrach ab 11 Uhr im Stundentakt. Die Route führt über Stetten Bahnhof, Lörrach Wiesenbrücke, Tüllingen und zurück.