Einfluss von Lusttropfen umstritten
In einigen Studien wurden trotzdem Spermien im Lusttropfen nachgewiesen, wie es in der Leitlinie heißt. Allerdings sei nicht überprüft worden, ob die Studienteilnehmer tatsächlich nur Flüssigkeit aus dem Lusttropfen abgaben und nicht doch auch schon Sperma dabei war.
Möglich sei auch, dass mit dem Lusttropfen Spermienreste herausgeschwemmt würden, die von einer zurückliegenden Ejakulation im Samengang liegenblieben. "Die Lebensdauer von Spermien kann bei fünf Tagen liegen", erklärt Segerer. Eine andere Erklärung liegt ihr zufolge aber deutlich näher: "Ich denke eher, dass es an einer Ejakulation liegt, die dann doch schon stattfindet, und nicht an dem Lusttropfen." Will heißen: Manchmal ziehen Männer den Penis nicht rechtzeitig vor dem Samenerguss raus.
"Ich hatte das Gefühl, mir kann nichts passieren."
"Mir war schon bewusst, dass es Risiken gibt", erzählt Emma. Mit 22 Jahren reiste die heute 30-Jährige monatelang durch Asien und hatte mit mehreren Männern ungeschützten Sex. Sie verließ sich auf Coitus interruptus und dachte nicht groß über Geschlechtskrankheiten nach. "Ich habe die Seele baumeln lassen und ich hatte das Gefühl, mir kann nichts passieren." Emma heißt eigentlich anders, auch sie möchte anonym bleiben.
In der damaligen Lebensphase sei es ihr einfach "scheißegal" gewesen. Sie habe zu der Zeit schon seit mehreren Jahren nicht mehr ihre Periode bekommen und sei überzeugt gewesen, nicht schwanger werden zu können. Keiner der Männer habe vorgeschlagen, zusätzlich mit Kondom zu verhüten. Heute würde sie das nicht mehr machen. "Glücklicherweise ist alles gut gegangen, ich würde es niemandem raten."
Sexualberaterin: Vor allem von Paaren angewandt
Die Ärztin Katharina Rohmert arbeitet bei Pro Familia und bietet Sexualberatungen an. Ihrer Erfahrung nach verhüten vorrangig Paare, die in einer langjährigen Beziehung sind, per Coitus interruptus. Sie meint aber: "Jeder Mensch, der sexuelle Erfahrung hat, hat das irgendwann schon mal gemacht oder davon gehört."
Sie erkenne eine deutliche Tendenz zur Abkehr von hormoneller Verhütung. Manche Frauen sagten zur Begründung, sie wüssten gar nicht, wie ihr Körper sich ohne Hormone anfühlt. "Die meisten Menschen möchten eine hohe Sicherheit, wenig bis keine Nebenwirkungen und die Kosten sollen tragbar sein", sagt Rohmert.
"Wenn Frauen und Paare wirklich eine enge finanzielle Situation haben, verzichten sie manchmal vor allem auf teure, sichere Verhütungsmittel. Dann wird manchmal auch das Kondom weggelassen." Wenn man nicht schwanger werden möchte, ist es laut Rohmert besser, vor dem Höhepunkt rauszuziehen, als gar nicht zu verhüten.
Frau muss sich auf Mann verlassen können
Das könne aber Stress auslösen und ein Lustkiller sein. "Die Frau ist darauf angewiesen, dass der Mann es spürt, sie muss ganz viel Vertrauen haben." Es sei daher wichtig, offen und frei über sexuelle Wünsche, Verhütung und Familienplanung zu sprechen - und sich über die Fruchtbarkeit im Zyklus der Frau zu informieren. Denn: "Die Befruchtung kann auch noch Tage nach dem eigentlichen Geschlechtsverkehr passieren. Die Spermien überleben im Muttermundhals."
Trotz der Risiken können Dana und Tobias sich momentan keine andere Verhütungsmethode vorstellen. Dana hat sowohl mit der Pille als auch mit der Spirale schlechte Erfahrungen gemacht, wie die 29-Jährige erzählt. Kondome nähmen den "Spice" aus dem Sex raus, findet das Paar. Deswegen fielen auch die irgendwann weg.
"Ohne Kondom ist es intimer", sagt Tobias. Außerdem: Dana und Tobias können sich vorstellen, in den nächsten ein bis zwei Jahren Kinder zu bekommen. "Wenn man unter gar keinen Umständen schwanger werden will, dann geht man das Risiko nicht ein", meint Dana und ergänzt: "Wenn ich jetzt schwanger werden würde, dann ist es so, kein Grund zur Panik."