Vor dem Lörracher Amtsgericht wurde der tödliche Unfall auf der A 5 bei Efringen-Kirchen verhandeltZwei Jahre auf Bewährung statt Haft
Jutta Schütz 22.11.2024 - 18:55 Uhr
Ein Geständnis unter Tränen, die angenommene Entschuldigung der Familie des Opfers und eine gute Sozialprognose lassen die Richterin Milde walten bei der Verurteilung des 31-jährigen Porschefahrers, der einen 59-Jährigen auf der A5 tötete.
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Die spontane nächtliche Sportwagen-Spritztour eines 31-jährigen in Basel lebenden Deutschen führte 16. August 2023 zu einem Unfall auf der A5 bei Efringen-Kirchen. Ein 59 Jahre alter Familienvater kam ums Leben, als der 31-Jährige mit 1,7 Promille im Blut und mit 243 Stundenkilometern dessen Ford Fiesta rammte und von der Bahn katapultierte. Der Unfallverursacher trug geringe Verletzungen davon, sein Beifahrer brach sich beide Hände.
Der Unfallverursacher wurde jetzt vom Amtsgericht Lörrach zu zwei Jahren auf Bewährung und für das Verhalten am Unfallort zu 100 Tagessätzen à 800 Euro. Je 30 000 Euro muss er weiter über die bereits geleisteten Zahlungen an die Familie hinaus an Sohn und Tochter sowie 15 000 Euro an die geschiedene Ehefrau zahlen. Der Führerschein wurde für 36 Monate entzogen. Neun Zeugen und ein Sachverständiger sagten vor Gericht aus.
Schuldeingeständnis
Vor Gericht verlas der Unternehmer eine Stellungnahme. Er bezeichnete sich als allein schuldig an dem Unfall. „Ich kann mir nicht mehr erklären, wie ich auf die Idee kam, loszufahren, es war ein unverzeihlicher Fehler“, sagte er, wobei er mehrfach in Tränen ausbrach. Er habe dem Bekannten den Sportwagen bei hoher Geschwindigkeit zeigen wollen. Den Unfall beschrieb er für sich „aus heiterem Himmel“ kommend. Er habe nicht wahrgenommen, dass er ein Auto gerammt habe. Im ersten Moment dachte er an einen Reifenplatzer. „Ich habe erst im Krankenhaus erfahren, dass durch mich jemand zu Tode gekommen ist, ich finde keine Worte, wie leid mir das tut.“
Aussage des Beifahrers
Der 32-jährige Beifahrer sagte aus, dass er sich mit beiden Händen am Sitz festgehalten habe und den Fahrer mehrfach bat, langsamer zu fahren. Er glaube, gesehen zu haben, dass vor dem Unfall ein Fahrzeug vor ihnen zum Überholen auf die linke Spur wechselte.
Gebildet und wohlhabend
Der Deutsche lebt seit vielen Jahren in der Schweiz und ist dort aufgewachsen. Er gründete mehrere Unternehmen. Sein derzeitiges Monatseinkommen liegt bei 20 000 Euro, ein Großteil seines Vermögens ist gebunden, teils in Immobilien. Weitere 120 000 Euro Jahreseinkommen bezieht er als Aufsichtsrat. Auf dem Konto des Angeklagten liegen 500 000 Euro informierte Richterin Birgitta Stückrath.
Haftstrafe gefordert
Die Staatsanwaltschaft forderte, den Angeklagten der fahrlässigen Tötung, der fahrlässigen Straßenverkehrsgefährdung aufgrund der Alkoholisierung und wegen eines „Alleinrennens“ zur Erreichung der höchstmöglichen Geschwindigkeit schuldig zu sprechen. Dafür forderte sie zwei Jahre und zehn Monate Freiheitsstrafe ohne Bewährung.
Verteidiger Habetha merkte an, dass ein Alleinrennen nicht im Spiel gewesen sei, dass sein Mandant nicht vorbestraft war, nie wegen Verkehrsdelikten auffällig wurde und bereits Entschädigung an die Familie gezahlt habe. Zudem habe die Familie seine Entschuldigung angenommen, was eine „große Geste“ sei.
Das Gericht folgte dem Antrag der Staatsanwaltschaft nur in Teilen. Das Urteil begründete die Richterin mit der guten Sozialprognose des Angeklagten, mit seiner ehrlich gemeinten Entschuldigung und mit der Annahme dieser Entschuldigung durch die Angehörigen.
Details zum Prozess
Sportwagen-Fahrer bot seinem Beifahrer 300 000 Euro an:
Von dem Verkehrsunfall mit einem Toten gibt es ein Video, das von einer Schilderbrücke von der Gegenfahrbahn aus aufgezeichnet wurde. Es ist von schlechter Qualität. Erkennbar sind aber die Leuchten des Transporters und die Scheinwerfer des Fiesta, der überholt und sich bereits neben dem Transporter befindet, als plötzlich ein massiver Funkenschlag zu sehen ist – der Moment des Unfalls, als der Unfallverursacher mit seinem Porsche auf den Fiesta prallt.
Zu den Zeugen vor Gericht gehörten zudem zwei Frauen die mit dem Auto ebenfalls auf der A 5 unterwegs waren. Das Video ihrer Dash-Cam zeichnet den an ihrem Auto vorbeirasenden Sportwagen auf, kurz darauf Trümmer auf der Fahrbahn. Die Frauen stoppten als erste an der Unfallstelle, während andere Autofahrer nicht anhielten. Der Fahrer des Transporters war offenbar so geschockt, dass er sich nicht aus seinem Auto rührte, sagte eine der Frauen aus.
Zwei Männer, ebenfalls als Zeugen geladen, stoppten ebenfalls, überwanden den Wildzaun und kümmerten sich um die Porscheinsassen. Der Unfallverursacher bot laut Zeugen direkt nach dem Crash seinem Beifahrer 300 000 Euro an, damit dieser gegenüber der Polizei aussagen solle, er sei gefahren.
Fiesta später gefunden
Polizei und Rettungswagen trafen ein. Aber erst nach einer halben Stunde, als die Feuerwehr vorfuhr und mit einem Lichtmast die Umgebung ausleuchtete, wurde der weitab liegende, zerstörte Fiesta entdeckt und der Fahrer geborgen.
Die Reanimierungsversuche blieben erfolglos, die Obduktion ergab später, dass der Fahrer durch den massiven Aufschlag des Porsches auf sein Fahrzeug sofort getötet wurde.
Überholen mit 120 km/h
Detailliert schilderte der Sachverständige Volker Stober aus Freiburg im Gerichtssaal seine Rekonstruktion des Unfallhergangs. Daraus ergab sich, dass der Tacho im Fiesta bei 120 Stundenkilometern stehen geblieben war, und dass nicht letztlich bewiesen werden konnte, dass die Heckbeleuchtung des Fords funktionierte – weil das Heck des Wagens so zerstört war, dass von den Rücklichtern keine Teile mehr aufgefunden werden konnten. Was Stober auffand, war die Nummernschildbeleuchtung des Hecks – und die habe funktioniert, konnte er nachweisen. Normalerweise bedeute dies, dass auch die Heckleuchten brannten
Nach der Grenze auf die Linke Spur: Nach einem Abend in Gesellschaft von Freunden und dem Genuss von reichlich Alkohol, zeigte der 31-jährige Unternehmer einem Freund den in seiner Garage stehenden Porsche Modell GT3 RS, mögliche Höchstgeschwindigkeit 300 Stundenkilometer. Kaufpreis ab 249 000 Euro aufwärts. Beim Probesitzen in dem luxuriösen Sportwagen blieb es nicht.
Der Porsche unterfuhr beim Crash den Fiesta, das heißt, die Motorhaube des Sportwagens hob den Kleinwagen an. Beide Autos schleuderten von der Fahrbahn, nach 200 Metern landete der Porsche nach Durchbrechen des Wildzauns in einem Wald. Der Fiesta wurde 230 Meter weit in einem anderen Winkel „abgeschossen“, überschlug sich und landete fast völlig zerstört in einem Feld. Der Fahrer des Fiesta wurde getötet.