Historische Gasthäuser Der "Ochsen": Beliebt und doch mehrfach abgerissen

Monika Merstetter
Das Gasthaus „Ochsen“ vor dem Abriss im Jahr 1894 Foto: Städtisches Archiv

Historische Wirtshäuser, Teil 2: Hinter den Türen alter Gaststätten in dem kleinen Rebdorf Weil verbergen sich interessante Geschichten aus den vergangenen 500 Jahren. An dieser Stelle erzählen wir einige davon.

Im Jahr 1692 ist zum ersten Mal ein verbindlicher Hinweis auf eine zweite Wirtschaft in der Gemeinde zu finden. Am 16. April erhielt Stephan Raupp die Konzession für die „Realwirtschaft zum Ochsen“ in der heutigen Hauptstraße 56. In den folgenden 200 Jahren sind verschiedene Besitzer und Wirte erwähnt.

Einen Umbruch gab es, als am 27. April 1894 der Wirt Friedrich Scherer übernahm und alsbald der Schwamm im Haus entdeckt und das Gebäude abgerissen werden musste. Das Gasthaus, genauso wie die dazugehörigen landwirtschaftlichen Gebäude wurden komfortabel aufgebaut. Zudem war Scherer wohl auch ein sehr tüchtiger Wirt, denn bereits in seinem zweiten Jahr wurden ihm von der Brauerei Lasser 116 Hektoliter Bier geliefert.

Vielfältiges Publikum

In einer Chronik, die Marie Kaufmann verfasste, deren Elternhaus auf der gegenüberliegenden Straßenseite stand, sind zahlreiche Hinweise zu finden, welch vielfältiges Publikum im „Ochsen“ verkehrte. Vor allem Fabrikanten, Direktoren und Akademiker aus Basel trafen sich dort. So lud zum Beispiel 1886 der Basler Professor Kahlbaum zu einem Vortrag mit Essen ein, um über seine Reise nach Spitzbergen zu berichten. Er stammte aus Berlin, folgte einem Freund nach Basel und forschte im Bereich physikalische Chemie. Ohne Abitur promovierte er und wurde zuerst außerordentlicher Professor, dann ordentlicher.

Marie Kaufmann, Verfasserin der Kaufmann-Chronik Foto: Städtisches Archiv

Scherer hatte sich jedoch mit dem Neubau, der über die Hälfte teurer wurde als geplant, übernommen, und so verkaufte er 1907 die Wirtschaft an Lasser. Danach gab es in sieben Jahren fünf verschiedene Wirte, bis am 1. Dezember 1920 der Landwirt Josef Stadelmeyer den „Ochsen“ kaufte und als Wirt fungierte. Er war wohl ein unbequemer Bürger, denn es gibt mehrere Dokumente über Streitigkeiten, da er sich weigerte, die vorgeschriebene Lüftung in der Gaststube einzubauen.

Gasthaus geschlossen

Als Stadelmeyer während des Zweiten Weltkriegs verstarb, schloss seine Witwe Luise das Gasthaus, zumal der Sohn im Krieg war und sie als gelernter Koch nicht unterstützen konnte. Beim Bierlieferanten steht als Vermerk: „Es ist schade, dass die an der Hauptstraße liegende Wirtschaft als solche eingegangen ist. Doch der letzte Besitzer war alles andere als ein Wirt.“

Der „Ochsen“ im Jahr 1910; 1966 wurde er wieder abgerissen. Foto: Städtisches Archiv

1946 ging aus einem Schreiben hervor: „Der Sohn ist seit sieben Jahren fort und noch immer in Gefangenschaft. Durch den schlechten Gesundheitszustand, ist der Betrieb mit Personal nicht möglich, da aufgrund des Mangels an Verkaufswaren kein großer Gewinn zu erwarten ist.“ Darauf folgte die endgültige Schließung und Abmeldung der Realwirtschaft.

Im selben Jahr eröffnete die Witwe darin einen Konsum-Laden. Am 28. März 1966 wurde das Gebäude des Gasthauses „zum Ochsen“ abgerissen und durch einen zweckmäßigen Neubau ersetzt.

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