Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) wies Warnungen der FDP vor einer "Hängepartie" zurück. "Da ist die FDP wirklich eine Blitzmerkerpartei", sagte er in Berlin. Sie habe eine Hängepartie am vergangenen Mittwoch vermeiden können. An dem Tag war die Koalition zerbrochen.
Kritik an Bundeswahlleiterin
Bundeswahlleiterin Ruth Brand untermauerte nach einer Beratung mit den Landeswahlleitungen ihre Empfehlung, einen Neuwahltermin nicht zu früh anzusetzen. "Um Herausforderungen bei der Wahlorganisation, die sich aus den Fristen bei einer Neuwahl ergeben, bestmöglich zu begegnen, sollte dabei der (im Grundgesetz festgelegte) Zeitraum von 60 Tagen zwischen der Auflösung des Bundestages bis zur Neuwahl ausgeschöpft werden", riet sie in einer Mitteilung. Die Wahlleitungen wirkten bereits jetzt bei den zuständigen Stellen in Bund, Ländern und Gemeinden darauf hin, alle auch ohne Wahltermin schon gangbaren organisatorischen Schritte zu ergreifen.
An diesem Dienstag wird Brand im Wahlprüfungsausschuss des Bundestags erwartet, der in einer Sondersitzung über einen Neuwahltermin beraten will.
Brand war bei der Union in die Kritik geraten, nachdem sie in einem Brief an den Kanzler vor "unabwägbaren Risiken" durch eine allzu frühe Wahl gewarnt hatte. CDU/CSU-Parlamentsgeschäftsführer Patrick Schnieder (CDU) sagte der dpa, er erwarte von ihr, dass sie "sich nicht vor den parteipolitischen Karren des Bundeskanzlers spannen lässt".
Regierungssprecher Steffen Hebestreit wies den Vorwurf Scholz als absurd zurück. Er verstehe das Ziel der Opposition, möglichst schnell zur Neuwahl zu kommen. "Und trotzdem muss es eben eine ordentliche Wahl sein. Und da sollte man nicht zu viele Hinweise ignorieren auf dem Weg dorthin", sagte er.
Steinmeier verschiebt Reise
Wegen der unklaren Lage verschiebt Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier eine für kommende Woche geplante Reise nach Saudi-Arabien. Er wolle Zeit haben, um in Berlin Gespräche mit den politisch Verantwortlichen führen zu können, hieß es aus dem Bundespräsidialamt. Zuerst hatte der "Spiegel" darüber berichtet.
Steinmeier kommt eine zentrale Rolle zu: Wenn Scholz bei der Vertrauensfrage im Bundestag wie erwartet keine Mehrheit erhält, kann der Bundespräsident innerhalb von 21 Tagen das Parlament auflösen und die Neuwahl ansetzen. Gewählt werden muss dann innerhalb von 60 Tagen.
Parteien berichten von neuen Mitgliedern
Generalsekretär Djir-Sarai berichtete, nach dem Bruch der Ampel hätten die Liberalen etwa 1.300 Neueintritte von Mitgliedern verzeichnet. Bis zum Wochenende habe es rund 80 Austritte gegeben. Die Zahl der FDP-Mitglieder war zuletzt auf rund 70.000 gesunken. Die SPD registrierte nach Angaben von Generalsekretär Matthias Miersch seit dem Ampel-Crash am vergangenen Mittwoch online mehr als 1.000 Parteieintritte.