Weil am Rhein Apotheken wollen auf Probleme aufmerksam machen

Saskia Scherer
Mit Plakaten und Flyern wird auf den bundesweiten Apotheken-Protesttag hingewiesen – auch in Weil am Rhein. Unser Foto zeigt Martina Hörth, Mitarbeiterin der Stadt-Apotheke. Foto: Saskia Scherer

Fast alle Weiler Apotheken beteiligen sich an einem bundesweiten Protesttag und bleiben einen Tag lang geschlossen. Damit wollen sie auf diverse Missstände aufmerksam machen. Die Akutversorgung bleibt durch die Notdienst-Apotheken gewährleistet.

Die Bundesvereinigung deutscher Apothekerverbände ruft Apotheken dazu auf, anlässlich des Protesttags ihre Türen am Mittwoch, 14. Juni, geschlossen zu halten. Dem werden fast alle Weiler Apotheken folgen.

„Alle 16 Stunden schließt eine Apotheke“, weiß Julia Hahnemann, Inhaberin der Apotheke im Rhein-Center. Die flächendeckende Versorgung werde immer schwieriger – gerade, was Nacht- und Notdienste betreffe. Für die verbliebenen Apotheken bedeute das mehr Arbeit, für die Kunden verschlechtere sich die Erreichbarkeit, erklärt Hahnemann im Gespräch mit unserer Zeitung.

Seit zehn Jahren sei die Vergütung für Arzneimittel nicht erhöht worden, der sogenannte Apothekenabschlag an die Krankenkassen dagegen schon. Pro Medikament erhielten die Apotheken nun seit Februar also weniger Geld – in einer Zeit steigender Kosten und Energiepreise.

Als „ein ganz großes Problem“ bezeichnet Hahnemann des Weiteren die Bürokratie. „Der Zusatzaufwand wird immer größer“, erklärt sie am Beispiel der Retaxationen. Davon spricht man, wenn die Krankenkasse die Zuschläge oder Erstattung eines bereits abgegebenen Arzneimittels verweigert, beispielsweise, weil auf dem Rezept ein formeller Fehler vorlag. Verweigere die Krankenkasse die Erstattung teilweise oder ganz, trage die Apotheke den finanziellen Schaden.

Und: Trotz Qualitätssicherungssystem müssten sich Apotheken zusätzlich requalifizieren. „Das steht in keinem Verhältnis“, moniert die Apothekerin. „Wir versinken in Bürokratie. Die eigentliche Aufgabe rückt in den Hintergrund.“

Dazu erschweren Lieferengpässe den Apotheken-Alltag. Und nicht nur an Arzneimitteln mangele es, sondern auch an Fachkräften. Angesichts immer höherer Kosten sei es schwierig, diese angemessen zu bezahlen. „Mit Pharma-Unternehmen können wir nicht konkurrieren“, verdeutlicht Hahnemann.

Die Kunden informieren

Die Kunden werden bereits auf den Protesttag hingewiesen, unter anderem mit Plakaten und Flyern, auf denen die politschen Forderungen zu finden sind. „Wir informieren auch die Ärzte“, kündigt die Apothekerin außerdem an. Sie und ihr Team werden am Mittwoch vor der Apotheke zu finden sein und Fragen beantworten. Man wolle den Protesttag nicht auf dem Rücken der Patienten und Kunden austragen. „Es soll deutlich werden, was geschieht, wenn aufgrund der aktuellen Situation immer mehr Apotheken schließen und die Vor-Ort-Apotheke verschwindet.“

Die Bären- und die Adler-Apotheke am Berliner Platz bleiben ebenfalls geschlossen. Der Hauptgrund, sich der Aktion anzuschließen, sei für ihn der emotionalste, sagt Inhaber Axel Gerhardt: „Der Kampf mit den Krankenkassen.“ Es gebe kein Miteinander mehr. „Es geht so viel Energie verloren.“ Der Gesetzgeber müsse handeln, fordert Gerhardt.

Bunte Blätter im Fenster

Er pflastert in seinen Apotheken die Schaufenster mit „vielen bunten Blättern“, um auf den Protest aufmerksam zu machen. Dass sich so viele Weiler Apotheken beteiligen, begrüßt er. „Wir gehören zusammen. Alle sind willig, alle sehen es – etwas muss sich grundsätzlich verändern.“

Apothekerin Gülsen Özer beteiligt sich mit ihrer Stadt-Apotheke sowie der Binzener Kandertal-Apotheke. Die Dreiländereck-Apotheke in der Dreiländergalerie hat an diesem Tag Notdienst und ist geöffnet. Özer habe sich gewundert, dass eine solche Aktion erst jetzt stattfindet. „Wir sind seit der Pandemie in einer Ausnahmesituation“, meint sie. „Wir sind nur am Feuerlöschen. Es war nur noch eine Frage der Zeit.“ Irgendwann sei es zu viel. „Ich bin noch eine junge Apothekerin und will gerne da bleiben“, sagt sie – und sie wolle ihre Apotheke auch eines Tages in gute Hände übergeben können.

Geschlossen bleiben auch die Markgräfler Apotheke in Haltingen und die Park-Apotheke. „Logisch“ und „Selbstverständlich“, meinen die Inhaber Florian Schiffmann und Annette Böss.

Harms macht nicht mit

Lediglich die Apotheke am Rathaus beteiligt sich nicht an dem Protesttag. „Das bringt gar nichts“, meint Inhaber Thomas Harms. „Und es verärgert die Menschen, die vor verschlossener Tür stehen.“ Apotheker hätten nun mal keine Lobby. „Darum stehen wir hinten an.“

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