Weil am Rhein Authentisch und dynamisch

Weiler Zeitung
Glücklich über die absolut gelungene Aufführung des erfolgreichsten Schauspiels von Maxim Gorki zeigten sich ebenfalls die jungen Darsteller. Foto: Joachim Pinkawa Foto: Weiler Zeitung

Kesselhaus: Theater Tempus Fugit zeigt „Nachtasyl“

Von Joachim Pinkawa

Weil am Rhein. Als „vollen Erfolg“ bezeichneten die Zuschauer, aber auch Regisseur Vaclav Spirit, die Premiere der Aufführung des Stückes „Nachtasyl“ am Freitagabend im Kesselhaus. Glücklich über die absolut gelungene Aufführung des erfolgreichsten Schauspiels von Maxim Gorki zeigten sich ebenfalls die zwölf jungen Darsteller, die derzeit beim Theater Tempus Fugit die „Grundlagenausbildung Theater“ mit den Inhalten Theaterpädagogik, Schauspiel und Kulturmanagement absolvieren.

Gorkis sozialkritisches Drama „Nachtasyl“ dramatisiert das Milieu der Gescheiterten und Asozialen im Rahmen eines Obdachlosenasyls um die Jahrhundertwende (1900), hat aber angesichts bestehender und wachsender sozialer Unterschiede, hunderttausender Obdachloser und weltweiter gigantischer Flüchtlingsströme nichts an Aktualität eingebüßt. Die szenische Handlung des Stückes ist daher zutiefst pessimistisch und die schwere und düstere Stimmung bleibt dem Zuschauer auch in dem von Vaclav Spirit und Maxi Blässing gestalteten kargen Bühnenbild eines schäbigen Kellerraums erhalten.

Mit deutlicher und teils herber Wortwahl

Zudem hat Vaclav Spirit die heruntergekommenen „Kellerbewohner“ in seiner Textbearbeitung einer Sprache bemächtigt, die, asozial geprägt, sprachlich in ihrer Deutlichkeit nichts auslässt, was die Zuschauer teils schockierte, oder auch amüsierte. „Bildung ist scheiße, Hauptsache Talent“, wird an einer Stelle konstatiert. An anderer Stelle heißt es, „sauf dich voll und fress dich dick, aber halt dein Maul von Politik“.

In dem Stück vermieten der 54-jährige Besitzer, Michail Iwanowitsch Kostylew (Lukas Hesche), und seine erheblich jüngere Frau, die 26-jährige Wassilissa (Lea Oltmanns) geldgierig, rücksichtslos und ohne jegliches Mitgefühl einen schäbigen Kellerraum an gescheiterte Existenzen. Die bunt zusammengewürfelte Gesellschaft besteht als wahrlich explosives Gemisch aus dem Dieb Waska (Joshua Walton), einer heruntergekommenen und saufenden Baronin (Carolin Mock), die ihr Erbe verloren hat, der Prostituierten Nastja (Celina Schapp), die sich illusorisch nach der wahren Liebe sehnt, einem erfolglosen Schauspieler (Youssef Aboutahir), der im Alkohol ertrinkt, dem Falschspieler und Amateurphilosophen Satin (Johannes Demmler), dem Schlosser Sergej (Simon Vierke) und dessen sterbenskranker Frau Anna (Sarah Freiermuth) sowie dem gutmütigen Pilger Luka (Niklas Lehmann) und später einer Ausländerin (nach dem Tod als Anna auch Sarah Freiermuth).

Wassilissas Schwester Natascha (Lea Wegert) bemüht sich um Nächstenliebe und zum Ärgernis ihrer Schwester um die Liebe von Waska. Auf engstem Raum leben diese gescheiterten, entgleisten und heruntergekommenen Existenzen, von jeglicher bürgerlicher Gesellschaft ausgeschlossen und ohne Geld. Sie träumen von einer besseren Zukunft. Die Unterkunft ist somit als ihre letzte Bleibe ein Ort des Wartens und Hoffens.

Die verkommene Gesellschaft ist „am Boden“, wie die genaue Übersetzung des russischen Titels lautet, der die Grundlage für Verzweiflung, Streit, Hoffnungslosigkeit, Gewalt, Liebe und Hass, sogar für Tod und Suizid bildet. Die jungen Darsteller brachten mit authentischer Wirkung, unaufgesetzt, dynamisch und sprachlich absolut überzeugend die brutale Sozialthematik mit der Sinnlosigkeit der Tage, des allgemeinen Elends und des daraus resultierenden Zwangs zur Rücksichtslosigkeit großartig zur Begeisterung des Publikums auf die Bühne. „Absolut klasse und wirklich sehenswert“ war die nahezu einhellige Meinung der Zuschauer abschließend zum Stück und der Aufführung durch das Tempus-Fugit-Ensemble.

Weitere Aufführungen von „Nachtasyl“ finden im März im Bürgersaal in Rheinfelden statt.

Umfrage

Bettina Stark-Watzinger

Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger hat sich für Zivilschutzübungen an Schulen ausgesprochen. Damit sollen Schüler besser auf den Kriegsfall, Pandemien und Naturkatastrophen vorbereitet werden. Was halten Sie davon?

Ergebnis anzeigen
loading