Weil am Rhein Bei großer Hitze bester Laune

Beatrice Ehrlich

Wo gearbeitet wird, wenn andere Urlaub machen

Bei Hitze arbeiten – für viele ist das im Sommer Alltag. Unsere Zeitung hat Menschen in Weil am Rhein befragt, wie sie mit den hohen Temperaturen der vergangenen Wochen zurechtkamen und wie sich der Sommer auf ihre Arbeit auswirkt.

Von Beatrice Ehrlich

Weil am Rhein - Das Thermometer zeigt 26 Grad und auf der Hauptstraße in Weil am Rhein sind viele Menschen unterwegs. Während die einen ihren Urlaub genießen und in Weil einen Zwischenstopp auf dem Weg in den Süden einlegen, arbeiten die anderen – an heißen Tagen, wie sie in diesem Sommer häufig sind, unter erschwerten Umständen.

Im Eiscafé

„Für uns ist es super, wenn keine Sonne scheint“, lacht Viviana Müller. Die Sonne hat sich gerade hinter ein paar Wolken versteckt, auf der Terrasse ist wenig los, und sie kann eine kleine Pause einlegen.

Ganz anders bei Hitze. Dann ist in dem italienischen Eiscafé an der Hauptstraße jeder Stuhl besetzt. Wenn es sehr heiß ist, werden die Leute manchmal ungemütlich, hat sie beobachtet: „Sie haben schlechte Laune.“ Müller kommt seit zehn Jahren als Saisonarbeitskraft nach Weil am Rhein – aus Córdoba in Argentinien. Auch ihr Chef, Giancarlo Carignani, ist in Argentinien aufgewachsen, in einer italienischen Familie. Jeden Tag stellt er das Eis in der kühlen Küche des Eiscafés selbst her. Wenn es heiß ist, mögen die Leute lieber Wassereis, hat er festgestellt, und bietet daher in den Sommermonaten besondere Geschmacksrichtungen wie Maracuja, Passionsfrucht oder Ananas an. Im Winter schlägt dann die Stunde für Sorten auf Milchbasis wie Salz-Karamell oder „Goldene Milch“ mit Curcuma und Ingwer.

"Wenn es heiß ist, werden die Leute aggresiv"

Die Eissorten kreiert er. Seine Frau Silvina und die Kinder Pier und Valentina probieren sie dann und sagen: „Ja“. Carignani lacht. Die Beobachtung seiner Mitarbeiterin, was die Café-Gäste betrifft, kann er nur bestätigen: „Wenn es sehr heiß ist, werden manche aggressiv.“

In der Imbissbude

Ob es heiß ist oder kalt, Ayten Saglam und ihre Tante Nurten Yildiz stehen rund ums Jahr hinter der Theke ihrer Imbissbude im Zentrum Weils. Im Sommer wird es hier sehr heiß, 42 Grad hat Saglam in diesem Jahr schon gemessen.

Hinter den beiden Frauen brutzeln Bratwürste und schmurgeln Pommes frites in heißem Fett. Vorne geben Kunden die Bestellungen auf: eine Bratwurst mit Pommes und Zwiebeln, eine Currywurst geschnitten zum Mitnehmen. Mit einem freundlichen Lächeln bekommt jeder das Gewünschte. „Ich denke immer positiv, egal was passiert“, erklärt Saglam.

Seit 19 Jahren ist Ayten Saglam (55) das Gesicht im City Grill, seit fünf Jahren ist die zweifache Mutter und Großmutter auch stolze Inhaberin. Der Geruch von Bratwurst und Zwiebeln ist ihr aus ihrer Jugend vertraut. Neben der Realschule verkaufte damals ein älteres Ehepaar Zwiebelbrötchen und Currywurst. Daran erinnern sich viele in Weil, auch unter Saglams Gästen. Auch zu ihr kommen viele Schüler, und wenn einer mal kein Geld dabei hat, schenkt sie ihm was. „Jeden Tag gebe ich zwei, drei gute Gaben“, sagt sie, und ergänzt: „Das sollte jeder tun.“ Das Sortiment zu ändern, daran verschwendet sie keine Gedanken. „Die Currywurst muss bleiben“, sagt sie. Weit und breit gebe es keinen Imbiss mehr, dabei sei die Nachfrage groß. Sie solle bloß nichts ändern, hätten Gäste aus Berlin ihr schon gesagt, denn ihr Imbiss sei genau so, wie eine Currywurstbude aussehen muss – „wie früher“.

"Die Currywurst muss bleiben"

Oft hätten Kunden sie schon gefragt, wie sie das aushalte, bei der Hitze. „Wenn man will, geht alles“, lautet dann ihre Antwort. Auch im Winter, wenn sie schon bei minus 18 Grad Bratwürste verkauft hat. Früher war der Winter die beste Zeit, sagt sei, heute nicht mehr, da sei im Sommer mehr los. Neben den Stammgästen kommen dann auch viele Durchreisende. Zehn Tage Urlaub gönnt Ayten Saglam sich normalerweise im Jahr, dann fliegt sie eine Woche nach Antalya. In diesem Jahr fällt der Urlaub aus familiären Gründen aus.

Im Sportgeschäft

Der Arbeitsplatz von Melissa Zinder lässt an unbeschwerte Sommerferien denken: Ein aufgeblasenes Schlauchboot und ein SUP-Board stehen startbereit vor dem Eingang zum Sportgeschäft an der Weiler Hauptstraße. An einem Ständer hängen Flip-Flops, an einem anderen Badebekleidung. Seit sieben Jahren arbeitet die 27-Jährige im Sportgeschäft, erst als Auszubildende, jetzt als Einzelhandelskauffrau. Die Hitze macht ihr an besonders heißen Tagen schon zu schaffen, sagt Zinder, sie schwitze dann stark und bekomme Kopfweh. Nicht so bei der Arbeit: Im Geschäft gibt es eine Klimaanlage, die jetzt im Sommer tagsüber für Abkühlung sorgt.

"Durch die Kunden habe ich mein Englisch verbessert"

Es gibt viel zu tun: Seit dem Ende der Corona-Krise schaffen sich die Leute wieder Sportbekleidung an, manche geben richtig viel Geld aus für eine komplette Ausrüstung oder aber auch für kostspielige Laufschuhe, auch für Kinder, die nicht nur beim Sport, sondern auch in der Freizeit getragen werden, berichtet Zinder. Sehr gefragt seien dieses Jahr Stunt-Scooter – Tretroller für Kinder und Jugendliche, mit denen man auch springen kann.

Neben den Stammkunden hat das Sportgeschäft im Sommer auch viel englischsprachige Kundschaft – oft aus der Schweiz. Durch das viele Sprechen habe sie ihr Englisch schon verbessert, freut sich die passionierte Sportschützin von der SG Todtnau, die ihrem Hobby derzeit aus Zeitgründen nicht nachgehen kann. Nach der Arbeit und im Urlaub bildet sie sich weiter zur geprüften Wirtschaftsfachwirtin.

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