Weil am Rhein Beobachten und Hinterfragen

Weiler Zeitung
Christoph Màdico-Bosch in seiner aktuellen Ausstellung im Weiler Stapflehus Foto: Walter Bronner Foto: Weiler Zeitung

Ausstellung: Christoph Màdico-Bosch zeigt im Stapflehus Fotografien und Tonkugeln

Von Walter Bronner

Weil am Rhein. Eine Gerümpel-Ecke mit zwei lädierten Fußbällen und einem staubbelegten Reservekanister vor den Relikten eines kaputten Hasenstalls sind für Normalbetrachter wahrlich kein Anblick, der sich zu fotografieren lohnt. Für den geschulten Blick von Christoph Màdico-Bosch hingegen erweisen sich derlei beiseitegeschobene und unnütz gewordenen Dinge als dankbare Motive, deren Aufnahmen die Qualität von Stillleben besitzen.

Eine Auslese dieser Art Schwarzweiß-Fotokunst in nobler Reproduktionstechnik mit Silbergelatine auf hochwertigem Fotopapier oder gar auf Baryt ist jetzt in der neuen Ausstellung des Kunstvereins Weil am Rhein in der Städtischen Galerie „Stapflehus“ zu sehen. Ergänzt wird die unter dem Motto „Kegelbahn“ auf die drei Galerieräume verteilte Werkschau durch ein Arrangement von unterschiedlichen Kugeln aus gebranntem Ton. Alles in allem eine nachdrückliche Aufforderung zum betrachtsamen Verweilen mit der Möglichkeit zu vielerlei Assoziationen. Denn hier werde ein Oeuvre präsentiert, bei dem „der Akt des Beobachtens zum Weg des Hinterfragens“ führe, befand Kunstsachverständige Marisela Berenguel in ihrer auf Englisch gehaltenen Laudatio bei der Vernissage.

So etwa bei der Serie „Kreisstraße“, deren Aufnahmen oberflächlich wahrgenommen als höchst unattraktive Sujets erscheinen, genauer betrachtet jedoch als Geschichten erzählende Motive wahrnehmbar sind. Etwa die von den Spuren der Zeit, die sich nach und nach in den Asphalt eingraviert haben.

Noch beredter präsentiert sich in der ersten Etage die Serie mit den Köpfen junger Menschen hinter historischen Zaungittern mit eisernen Vertikalstäben, deren Spitzen wie bedrohliche Spieße vor den Gesichtern aufragen. Mithin Impressionen von beklemmender Atmosphäre, die Empfindungen des Gefangenseins und/oder von Ausgrenzung auslösen.

Die dazu formulierten Assoziationen von Berenguel stellten sogar Bezüge zum Zweiten Weltkrieg her, als in England solche Zäune demontiert wurden, um das Metall in Waffen umzuschmieden. Die Foto- und Objektvarianten zum Thema „Kegelbahn“ im Dachgeschoss ermöglichen ebenfalls unterschiedlichste Definitionen, deren einfachste sich auf Fundstücke des Künstlers auf der Kegelbahn des Gasthauses „Engel“ beziehen und damit sogar einen deutlichen lokalen Aspekt aufweisen. Dass diese Kegelbahn im zweiten Weltkrieg als Truppenunterkunft diente, war für Berenguel weiterer Anlass zu Querverweisen auf den Horror heutiger Kriegsereignisse, die hierzulande „in einer täglichen Bilderlawine“ die Medienkonsumenten überschütten. Ihr Vergleich mit rollenden Köpfen „auf den endlosen Kegelbahnen der Welt“ war wohl die drastischste Vision, die die Installation der Kugelgebilde zu bewirken vermag. Gleichwohl kann sie auch Gedankenspiele und Empfindungen auslösen, die frei von martialischen Horrorbildern durchaus angenehme visuelle Erlebnisse bereiten.   bis 4. November, Öffnungszeiten jeweils samstags von 15 bis 18 Uhr, sonn- und feiertags von 14 bis 18 Uhr

Umfrage

Bargeld

Die FDP fordert Änderungen beim Bürgergeld. Unter anderem verlangt sie schärfere Sanktionen. Was halten Sie davon?

Ergebnis anzeigen
loading