Weil am Rhein „Das kann man den Toten nicht antun“

Marco Fraune
Bestattungsstätte in der Kritik: Vor den Füßen von Rolf Ludin ist im Boden die Urne seiner Frau vergraben. Foto: Marco Fraune

Friedhof: Rolf Ludin beschreibt Zustand der „Stillen Gräber“ als „menschenunwürdig“.

Weil am Rhein - Mit traurigen Augen blickt Rolf Ludin auf den Boden, in dem seine Frau Anneliese ihre letzte Ruhestätte gefunden hat. Nicht nur ihren Tod betrauert er, sondern bedauert gleichzeitig auch den Zustand des kleinen Gräberfelds, in dem sich ihre Urne seit Februar befindet. „Es ist menschenunwürdig. Das kann man den Toten nicht antun“, kritisierte er gestern im Gespräch mit unserer Zeitung auf dem Weiler Friedhof stehend.

Konkret geht es um eine etwa fünf mal fünf Meter große Rasenfläche, die von zwei Seiten her von kleinen Gehwegen begrenzt ist. Dabei handelt es sich um eine erweiterte Fläche des Stillen Gräberfelds, das nur durch einen Pfad getrennt direkt angrenzt und hingegen gut in Schuss ist. Anders sieht es mit der Rasenfläche aus, wo schon mehr als 20 Menschen eigentlich ihre letzte Ruhestätte gefunden haben. Eigentlich, denn Rolf Ludin musste mit ansehen, wie sich Furchen im Boden befanden, die seiner Einschätzung nach von Schubkarren der Friedhofsgärtner stammten. Dies habe wohl daran gelegen, dass der kleine Rasenabschnitt gar nicht als Gräberfeld erkennbar und überhaupt nicht abgegrenzt war.

Nach einem Vorsprechen bei Oberbürgermeister Wolfgang Dietz sei zumindest ein großer Stein als Eckfeldbegrenzung gesetzt worden, womit nicht mehr direkt über das Feld gelaufen wird. Doch andere Missstände bemerkt der 85-jährige Ludin immer noch.

Trauergäste stehen auf den Urnen

So ist für ihn unverständlich, dass sich die Urne seiner Frau in der ersten Reihe befindet und danach erst weitere Urnen in der zweiten Reihe gesetzt wurden. Trauergäste hätten daher schon mit den Füßen auf den älteren kleinen Gräbern gestanden, schildert der Weiler. Eine wenige Zentimeter hohe Einfriedung würde nach Ansicht des früheren Frieseurgeschäfts-Inhabers helfen. „Man weiß doch nicht, dass hier Tote liegen.“ Ein kleines Schild könne hier Abhilfe schaffen, schlägt Ludin vor, der in Weil den Kinder- und Seniorenflohmarkt organisiert.

Doch auch die Grünfläche selbst ist aktuell nicht sonderlich ansehnlich. Unkraut durchsetzt den teils spärlich wachsenden Rasen. Eine glatte Fläche würde zudem optisch auch mehr hermachen, zeigt Ludin auf deutliche Unebenheiten im Boden. „Ich begreife es nicht, dass es nicht hergerichtet wird.“

Die Probleme hatte Ludin vor zweieinhalb Wochen OB Dietz vorgebracht. Erhofft hatte sich der Rentner, dass sich schnell Veränderungen auf der kleinen Fläche ergeben. Doch bis auf den gesetzten Stein habe sich nichts getan, kritisierte er nun gestern gegenüber unserer Zeitung.

Mit dem vorgebrachten Anliegen um Stellungnahme gebeten, heißt es von Seiten der Stadt, dass das Thema bekannt sei und sich in Bearbeitung befindet. „Ein Ergebnis kann zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht mitgeteilt werden, da die Verwaltung nach der Vorsprache auch einen zeitlichen Vorlauf benötigt, um zu reagieren“, so Stadtsprecherin Junia Folk. Rolf Ludin werde „baldmöglichst unterrichtet“.

Beim Weg vom Grab zurück nach Hause stellte der 85-Jährige gestern noch klar: Das Urnengrab auf dem Stillen Gräberfeld sei nicht wegen der geringeren Kosten gewählt worden. Vielmehr soll die Pflege des Grabes nach seinem Tod nicht auf den Schultern seiner auch schon über 50 Jahre alten Kinder lasten. Er selbst habe erleben müssen, wie viel Arbeit es gewesen sei, um das Grab der Schwiegereltern in Schuss zu halten. „Das wollte ich meinen Kindern nicht zumuten.“ Mit solch einer Grab-Umgebung hatte er hingegen nicht gerechnet.

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