Weil am Rhein Die Dinge auf einen Nenner bringen

Beatrice Ehrlich
Elke Gründler-Lindow auf ihrer Terrasse über der Buchhandlung in Alt-Weil. Die bemalten Kacheln hat der Weiler Künstler Erwin Bowien eigens für die Familie angefertigt. Foto: Beatrice Ehrlich

Für die Weiler Buchhändlerin Elke Gründler-Lindow von den Unabhängigen Freien Wählern geht nach 20 Jahren im Gemeinderat eine spannende Zeit zu Ende. Sie will Platz machen für Jüngere.

Montag und Mittwoch nachmittags ist die Buchhandlung Lindow in Alt-Weil geschlossen. So findet die Buchhändlerin Elke Gründler-Lindow Zeit, unserer Zeitung Rede und Antwort zu stehen über ihre Zeit im Weiler Stadtrat, die mit den Wahlen am kommenden Sonntag nach 20 Jahren zu Ende geht.

Können Sie sich noch an Ihre erste Ratssitzung erinnern? Was war Ihr erster Eindruck?

Ich war sehr aufgeregt, habe erst einmal zugehört, zugehört, zugehört. Als ich anfing, war ich völlig unbedarft und habe alles neu gelernt. Aber das fand ich gerade das Spannende: immer bereit zu sein, etwas dazuzulernen.

Was hat Sie bewegt, sich politisch zu engagieren?

Das kam so: Heinz Kasper, damals Fraktionsvorsitzender der Freien Wähler in Weil am Rhein, war bei mir im Geschäft und hat gefragt, ob ich nicht Lust hätte, auf deren Liste zu kandidieren. Nach einigem Zögern, und da bei den Freien Wählern kein Fraktionszwang vorlag, habe ich zugesagt mit der Bitte, mich weit hinten zu listen, quasi als Art Lückenfüller, was er mir zusagte. Welche Überraschung war es, als meine Tante Helga Gempp nach der Wahl zu mir kam, um mir zu gratulieren: „Du bist gewählt“ sagte sie auf mein verblüfftes Gesicht hin. „Oh Gott, was kommt da auf mich zu“, dachte ich. Ich war die einzige Frau unter gestandenen Männern.

Welche Anliegen hatten Sie damals?

Die ersten zehn Jahre war ich im Kultur- und Verwaltungsausschuss, da mir das Thema Bildung besonders wichtig war. Denn bevor ich 1989 die Buchhandlung von meinem Vater übernommen habe – was ich eigentlich nie wollte – habe ich als Lehrerin für geistig und lernbehinderte Kinder in Weil am Rhein und Schopfheim gearbeitet. So galt den Schulen immer mein besonderes Augenmerk. Ein großes Anliegen von mir war damals auch, Kurse einzurichten für Eltern, die ein Kind erwarten. Leider wurde mein Vorschlag damals abgelehnt, heute bietet das Familienzentrum „Wunderfitz“ so etwas an. Ich fühle mich ihm eng verbunden.

…und welche heute ?

Auch heute beschäftigt mich, was im Bildungsbereich passiert. Ich finde, die Stadt Weil am Rhein ist da gut aufgestellt. Es wird sehr viel geleistet. Dass wir für die Gemeinschaftsschule einmal einen Anbau brauchen, hätte zu Anfang niemand gedacht. Ich finde es wegweisend, dass wir das realisieren können. Mit Sorge sehe ich die heutigen Herausforderungen im Bildungsbereich, die völlig andere sind als früher: der Klassenteiler liegt höher, das heißt, die Klassen sind größer. Gleichzeitig sind sie schwieriger zu unterrichten. Früher gab es einen guten Respekt und Umgang von Kindern und Jugendlichen mit anderen Kindern und Lehrern. Das ist ein Stück weit verloren gegangen. Es fehlen Lehrer und Erzieher! Auch die Belastung der jungen Leute durch die Coronazeit macht mir Sorgen. Es ist heute schwieriger, an sie heranzukommen, auch wegen Social-Media. Auch hier finde ich, dass unsere Stadt mit Angeboten für die Jugend – etwa den Jugendzentren, den Sportplätzen oder dem Rheinpark – viel erreicht hat.

Wie haben Sie Ihre Tätigkeit als Stadträtin mit Ihrem Beruf vereint?

Ich habe mich erst dann entschlossen, mich politisch zu engagieren, als ich Zeit hatte, mich diesem neuen Tätigkeitsfeld auch voll zu widmen. Als Buchhändlerin konnte ich meine freie Zeit gut einteilen. Als ich in den Stadtrat gewählt wurde, waren meine beiden Söhne schon aus dem Haus.

Wie hat sich der Stadtrat in Ihrer Zeit verändert?

Der Stadtrat ist eine tolle Gemeinschaft, die versucht, Dinge auf einen Nenner zu bringen. Klar, es gibt verschiedene Meinungen, und das ist gut so. Ich gehörte beispielsweise ursprünglich nicht zu den Befürwortern der Tram 8. Heute wird sie extrem gut genutzt, allerdings ist die Situation in Friedlingen dadurch verkehrstechnisch nicht optimal gelöst.

Was schade war: Als der frühere Hauptamtsleiter Dieter Walk in den Ruhestand ging wurde seine Mappe, in der er immer die „Nachsitzungen“ geplant hatte, leider nicht weitergeführt. Diese Nachsitzungen waren zusätzlich sehr informativ.

Warum haben Sie sich entschlossen, nicht erneut zu kandidieren?

Ich glaube, es ist sehr wichtig, dass junge Leute neu dazu kommen. Alles hat seine Zeit! Es ist sehr wertvoll, dass wir für die Freien Wähler jüngere Leute gewinnen konnten, die sich engagiert einbringen möchten. In meinem Geschäft werde ich weiterhin von Montag bis Samstag anzutreffen sein.

Elke Gründler-Lindow

Die 70-Jährige ist Weilerin durch und durch. Sie hat die Grundschule und das Kant-Progymnasium abgeschlossen. Sie verließ das Hans-Thoma-Gymnasium in Lörrach vor dem Abitur, wurde Physiotherapeutin und absolvierte ein Lehramtsstudium auf dem zweiten Bildungsweg.
Seit 1989 führt sie die Buchhandlung Lindow in Alt-Weil. Der Sport spielt eine wichtige Rolle in ihrem Leben. Von Kindesbeinen an war sie Schwimmerin in der SSG Weil am Rhein, deren Vorsitzender ihr Vater viele Jahre lang war. Wie ihr Mann und ihre beiden erwachsenen Söhne spielte sie leidenschaftlich gern Tennis. Gründler-Lindow ist außerdem Oma eines Enkelkinds, das mit der Familie ihres Sohnes in Frankfurt wohnt.

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