Die Idee war, eine Übersicht meines Schaffens aus den vergangenen 13 Jahren zu präsentieren. Die Räumlichkeiten in Müllheim sind dafür bestens geeignet. Ich habe die Ausstellung chronologisch aufgebaut – mit rund 40 Werken, quasi von heute aus kommend bis zu meinen künstlerischen Anfängen des Siebdrucks. Jeder Raum ist ein Auszug aus Arbeiten einer von fünf Schaffensphasen.
Frage: Sie fotografieren und bearbeiten Bilder von Industriebrachen, verlassenen Orten. Was fasziniert Sie an dieser Vergänglichkeit?
Es ist die Stimmung, die Geschichte, die dahinter steht. Die spezielle Atmosphäre, die Leere der alten Industriehallen, in denen man die Vergangenheit quasi riechen kann, und die Historie, wenn man sich vorstellt, wie darin einst gearbeitet wurde, wie belebt diese verlassenen Orte waren. Spannend ist aber auch, wie sich manche Orte ändern, wie sie neu genutzt werden. Da sieht man Spuren von Sprayern oder von illegaler Müllentsorgung, alles Mögliche. Und es geht mir auch um Bewahrung und Dokumentation.
Die Fotografie und Bearbeitung ist wie eine Art Tagebuchschreiben für mich. Das hat auch mit meiner persönlichen Vergangenheit zu tun und mit dem Jetzt. Meine erste Ausbildung war bei der Deutschen Bundesbahn als Industriemechaniker. Da ist die Assoziation zu Zügen, Gleisen, Werken vorhanden. Das taucht in meinen Bildern ebenso auf wie mein Bezug zum Graffiti. Viele Arbeiten sind vom Dreiland, wo der Rhein, die Grenzsituation thematisiert werden.
Das spiegelt auch meine persönliche Geschichte wider. Schließlich habe ich hier meine Kindheit verbracht. Ich bin als Kind oft bei meinen Großeltern gewesen. Mein Opa arbeitete auf der Fähre von Friedlingen nach Frankreich. Das Hafengebiet, die Gebäude der Textilindustrie – das sind für mich Spuren der Vergangenheit, die ich immer wieder künstlerisch aufnehme, die ich dokumentiere. Es gibt aber auch Arbeiten von Reisen außerhalb der Regio.
Frage: Wie ist Ihre Herangehensweise an ein Werk: überlegt oder eher spontan?
Ein emotionaler Moment findet natürlich an dem Ort statt, an dem ich fotografiere. Im Anschluss wird das Bild im Atelier druckfertig bearbeitet. Das ist die konzentrierte, handwerkliche Ebene. Ich füge Elemente ein oder retuschiere sie, und dann entsteht aus einem Bild eine Geschichte, die wiederum von Gefühlen, Stimmungen inspiriert wird. Ich nehme beispielsweise ein Foto von meinen Kindern, von einem alten Graffiti oder einem Bagger und montiere es in eine Bildsituation hinein. Eine Art Manipulation, die vom Betrachter aber meist nicht wahrgenommen wird. Der sieht das so entstandene Bild als Wirklichkeit an. Ich spiele also mit Wahrnehmungen. Dann folgt die Belichtung, die zeitaufwendige Vorbereitung der Siebe und das Drucken – alles wieder sehr technisch. Anschließend folgt der kreative Endprozess mit Übermalung oder dem Einsatz von Wasser.
Frage: Wie sehen Sie die Zukunft der Bildenden Kunst ?
Ich befürchte, dass Kunstschaffende aus allen Bereichen es in den nächsten Monaten oder gar Jahren deutlich schwerer haben werden. Museen und Städte streichen Gelder, auch das Sponsoring vieler Firmen wird sicher zurückgefahren – gerade in der Bildenden Kunst. Ich denke, der gesamte Kulturapparat wird in den nächsten Jahren zu kämpfen haben.
Info: Ausstellung „Zeitwerke“ im Markgräfler Museum Müllheim: bis 4. Oktober