Weil am Rhein Die nächste Stufe der Integration

Marco Fraune
Die Unterkunft auf dem Messeplatz soll nur noch bis Mitte 2020 als Flüchtlingsunterkunft genutzt werden. Foto: Marco Fraune

Flüchtlinge: Unterbringung wird Mitte 2020 wieder akut. Weitere Migranten geraten in den Blick.

Weil am Rhein - Die Unterbringung von Flüchtlingen wird die Stadt im nächsten Jahr wieder in größerem Umfang beschäftigen, da dann die provisorische Unterkunft auf dem Messeplatz entfällt. Derweil verändert sich bei der Teilhabe und Beteiligung der Fokus der Flüchtlingsbeauftragten Anu Karjalainen.

In den städtischen Unterkünften wohnen aktuell 288 Geflüchtete. Hinzu kommen 182 Menschen, die schon in privaten Wohnungen untergekommen sind. Wie viele Flüchtlinge im nächsten Jahr vom Landkreis zugewiesen werden, steht noch nicht fest.

Der Aufenthaltsstatus der 470 Flüchtlingen reicht von einer Duldung bis zum Status als anerkannter Geflüchteter, lieferte Karjalainen im Gemeinderat jetzt einen umfassenden Überblick. Vor allem aus Syrien, aber auch aus Afghanistan und dem Iran/Irak sowie Gambia und Somalia/Eritrea kommen sie. „Die Stadt ist verpflichtet, die Menschen unterzubringen, unabhängig von ihrem Aufenthaltsstatus.“

65 Bewohner ziehen aus

Ab Herbst 2020 werde es „problematisch“. Denn dann laufe die Nutzungsdauer der Wohncontainer auf dem Messeplatz ab. Ein Abbau wurde von der Stadt den Anwohnern für diese Zeit zugesagt. Für rund 65 Bewohner muss eine neue Bleibe gefunden werden. Spätestens bis August müssen diese in andere Wohnungen umziehen.

Ein Teil der Personen werde wohl in anderen städtischen Unterkünften untergebracht, außerdem könne die Stadt im kommenden Jahr weitere Mehrfamilienhäuser zeitlich befristet anmieten, so die Flüchtlingsbeauftragte. In den Unterkünften in Alt-Weil (ehemals Getränke Walter) sowie in Haltingen (Containeranlage am Sägischopf) stünde dies später an.

Insgesamt ein siebenköpfiges Flüchtlingsteam (auch Teilzeit), darunter vor allem die vier Integrationsmanager, kümmern sich um die Teilhabe der Flüchtlinge. Die Sozialbetreuung werde unterschiedlich stark genutzt. Darüber hinaus gibt es auch Integrationsangebote, von der VHS bis zum Willkommenskreis. In letzterem sind zwar nicht mehr so viele Ehrenamtliche aktiv, doch: „Die leisten professionelle und tolle Arbeit“, lobte die Flüchtlingsbeauftragte.

Jeder Fünfte ein Ausländer

Zwar haben die Flüchtlinge auch in Weil unter den ausländischen Mitbürgern einen „Sonderstatus“, womit der Zugang zur Sozialbetreuung verbunden ist, aber dieser sei häufig nicht gewünscht, berichtete Karjalainen. „Viele Geflüchtete wohnen schon seit mehreren Jahren in der Stadt und sehen sich selbst als normale Bewohner der Stadt.“ Die Unterstützung und Beratung sei auch darauf ausgelegt, dass die geflüchteten Menschen immer eigenständiger werden und ihre Interessen selbst wahrnehmen.

Weil jeder fünfte Bürger in Weil am Rhein keine deutsche Staatsangehörigkeit hat (19,5 Prozent) und die 470 Geflüchteten einem Ausländeranteil von sieben Prozent entsprechen, sei der nächste wichtige Schritt im Bereich der Flüchtlingsarbeit in Weil zu überlegen, wie sich der Sonderstatus der Flüchtlinge normalisieren und sich generell das Thema Migration und Integration besser strukturell verankern lasse, erklärte Karjalainen. „In diesem Zusammenhang soll geprüft werden, wie sich die Teilhabe und Beteiligung nicht nur von Menschen mit Fluchterfahrung, sondern allgemein von Einwohnern mit Migrationshintergrund am gesellschaftlichen Leben und den städtischen Angeboten besser fördern lässt.“ Grundsätzlich habe die ganze Bevölkerung der Stadt ein Anrecht, am öffentlichen Leben teilzunehmen. „Um die vielen Strukturen für Zugewanderte zugänglicher zu machen, bedarf es neuer Ansätze“, blickte die Flüchtlingsbeauftragte auf die nächsten Schritte. So müsse geprüft werden, ob die wichtigsten Infos der Stadtverwaltung auch für Menschen mit geringeren Deutsch-Kenntnissen erreichbar und verständlich sind und ob sich auch Migranten von den Angeboten in der Stadt angesprochen fühlen beziehungsweise wie sie erreicht werden.

Status bleib Knackpunkt

Weiter treibt die Stadtspitze um, dass zwei Jahre nach der Ankunft eines Flüchtlings häufig immer noch nicht dessen Aufenthaltsstatus geklärt ist. Dennoch müsse die Kommune dann für die Unterbringung sorgen, erinnerte OB Wolfgang Dietz.

Zwar drängte Wolfgang Roth-Greiner (FDP) darauf, auch zu ermitteln, wie viele qualifizierte Fachkräfte nun unter den Flüchtlingen sind, eine Angabe durch die Stadt sei aus Datenschutzgründen jedoch nicht möglich. „Wir brauchen nicht nur Ärzte, sondern auch Mitarbeiter in der Gastronomie“, unterstrich Roth-Greiner. Die meisten Menschen würden arbeiten, sich qualifizieren oder hätten anderweitig zu tun, so die Flüchtlingsbeauftragte.

„Es ist eine hervorragende Hilfestellung, die die Stadt leiste“, lobte Thomas Harms (FDP). Die Jobsuche sei aber nicht Aufgabe der Stadt. „Mein Herz lacht etwas vor Freude“, blickte Andreas Rühle (UFW) auf erfolgreiche Integrationsbemühungen. Die erfolgte dezentrale Unterbringung sei gut.

Dass rechtzeitig in Weil gehandelt wurde, um den gesellschaftlichen Frieden zu wahren, erklärte Johannes Foege (SPD). Nach der erfolgreichen Integration nach dem Zweiten Weltkrieg sei auch der zweite Zustrom geschafft. „Wir mussten die Aufgabe hier vor Ort erledigen. Das haben Sie gut geschafft.“ Der OB bedankte sich auch bei den Ehrenamtlichen, die hier mit anpackten. Weiterhin eine große Herausforderung sei die Unterbringung in privaten Wohnungen. „Nicht alles ist rosarot, es ist viel Arbeit“, erinnerte Dietz.

Umfrage

Bettina Stark-Watzinger

Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger hat sich für Zivilschutzübungen an Schulen ausgesprochen. Damit sollen Schüler besser auf den Kriegsfall, Pandemien und Naturkatastrophen vorbereitet werden. Was halten Sie davon?

Ergebnis anzeigen
loading