Weil am Rhein Die Weiler VHS ist auch nach 70 Jahren eine Einrichtung mit Zukunft

Saskia Scherer

Bildung: Festakt zum runden Geburtstag / Grußworte und Vortrag

70 Jahre VHS Weil am Rhein sind am Freitagabend mit einem Festakt im Haus der Volksbildung gefeiert worden. Ein Vortrag schlug den Bogen zur Gründungszeit, in den Grußworten wurde zum Teil in die Zukunft geblickt. Einig waren sich die Redner, dass die VHS auch weiterhin eine wichtige Rolle spielen werde.

Von Saskia Scherer

Weil am Rhein. Zur „Wetterlage“ – also der gegenwärtigen Situation – sprach Leiter Tom Leischner (wir berichteten bereits im Vorfeld). Er kam zu dem Schluss: „Die Sonne scheint heute.“ Und das verdanke die Einrichtung der Kommune als Träger, den vielen Kooperationspartnern, dem Team, den rund 160 Kursleitern als „Quelle der Bildungsarbeit“ sowie den Teilnehmern mit ihrer Wissbegierde. „Ohne sie wäre die VHS nichts.“

Tonio Paßlick hat als ehemaliger Kulturamtsleiter die Weiler VHS rund 35 Jahre lang begleitet und ließ beim Festakt ihre Geschichte Revue passieren (wir berichteten). Zu Beginn kostete die Teilnahme an Vorträgen 30 Pfennig, an Kursen 50 Pfennig, so eine der Anekdoten. Paßlick schloss mit der „Gratulation an die alte Dame VHS, die sich ihre jugendliche Frische bewahrt hat“.

Die Volkshochschule habe viele Jahre seiner Kindheit und Jugend geprägt, blickte Oberbürgermeister Wolfgang Dietz zurück. Schließlich gehörte sein Vater Edgar zu den Gründungsvätern und auch seine Mutter Erna war von Anfang an mit im Boot. Dietz erinnerte sich etwa daran, wie er mit seinem Bruder als Jugendlicher Anmeldungen telefonisch zu Hause entgegennahm.

Den Gedanken der VHS brachte sein Vater aus den USA mit. In Deutschland habe nach dem Zweiten Weltkrieg ein großes Bedürfnis nach kulturellem Leben, nach Information ohne Ideologie, nach Bildung geherrscht. „Die deutsche Gesellschaft dürstete nach Wissen.“ Die Programme des Volksbildungswerks – wie die VHS damals noch hieß – der ersten Jahre spiegelten dieses Bedürfnis wider.

Wissen zu Bildung formen

Heute sei das Programm der VHS ein buntes Kaleidoskop von traditioneller Sprachvermittlung über berufsrelevante Themen, von der sprachlichen und kulturellen Integration bis hinein in die Bereiche Gesundheit, Freizeit, Politik oder Philosophie. Einer so ausgerichteten Volkshochschule würden die Themen nicht ausgehen. „Der Bildungsauftrag wird nichts von seiner Aktualität verlieren, denn der Auftrag geht über die reine Wissensvermittlung hinaus“, zeigte sich Dietz überzeugt.

Zwar sei es heute dank des Internets viel einfacher, an Informationen zu gelangen als im Gründungsjahr. Aber Wissen sei nicht mit Bildung gleichzusetzen. Dafür müsse nach seinem Verständnis das Wissen eingeordnet, in einen Kontext gestellt, in seinen Zusammenhängen verstanden und hinterfragt werden können. „Hier liegen aus meiner Sicht die fortgesetzte Chance und der fortgesetzte Auftrag der Volkshochschulen: Wissen zu Bildung zu formen.“

Für die musikalische Umrahmung des Abends sorgte die Bond’s Big Band unter der Leitung von Christian Leitherer.

Weil am Rhein (sas). Der Verbandsdirektor des Volkshochschulverbands Baden-Württemberg, Tobias Diemer, betonte, wie wichtig und gut es sei, sich ins Bewusstsein zu rufen, „was die Gründung der VHS für eine enorme Leistung war“. Für fast 90 Prozent der Bevölkerung sei die Schule nach der achten Klasse beendet gewesen, die Abitur-Quote habe bei drei Prozent gelegen. „Die VHS war die einzige Möglichkeit für weiterführende Bildung.“

Und an der grundlegenden Bestimmung habe sich auch nichts geändert. Ansonsten schon: Das Bildungsniveau sei höher, der Bedarf aber immer gewachsen. Diemer bezeichnete die VHS als „historisches Erfolgsmodell“. Dabei handele es sich aber nicht um einen Automatismus: „Es ist ihr gelungen, relevant zu bleiben und sich immer wieder neu aufzustellen.“ Er zeigte sich überzeugt, dass die VHS in Zukunft sogar noch mehr gebraucht werde. Sie sei ein wichtiger Ort der gesellschaftlichen Verständigung.

Und mit Blick auf die Weiler Einrichtung meinte Diemer: „Der Geist der Gründer lebt hier.“

Weil am Rhein (sas). Das erste VHS-Programm im Jahr 1951 umfasste verschiedene Vorträge – und so hielt Professor Klaus Leisinger am Freitagabend einen Festvortrag. Der Präsident der Stiftung Globale Werte Allianz sprach über „Die Ambivalenz der Technologie als Herausforderung für einen neuen Wertediskurs“.

Die Bedeutung der VHS werde oft unterschätzt, meinte er. Seit 1951 sei viel passiert. Für Hubert Schardin als ersten Vorsitzenden seien andere Dinge wichtig gewesen als für den heutigen Leiter Tom Leischner. Das lebenslange Lernen sei eine wesentliche Voraussetzung für die Sicherung produktiver Arbeitsplätze. Und für die Gestaltung einer menschenfreundlichen Zukunft sei auch technischer Fortschritt nötig. „Auf neue Probleme müssen neue Antworten gegeben werden.“

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