Weil am Rhein Kraftakt Eröffnungsbilanz geschafft

Marco Fraune

Weli am Rhein - Schon vor gut vier Jahren wurde das Neue Kommunale Haushalts- und Rechnungswesen (NKHR) eingeführt, jetzt ist auch die Eröffnungsbilanz in trockenen Tüchern und offiziell durch den Gemeinderat festgestellt. Das Basiskapital der Stadt Weil am Rhein, das es angesichts der angestrebten Generationengerechtigkeit zu erhalten gilt, beläuft sich auf 162 Millionen Euro. Oberbürgermeister Wolfgang Dietz machte angesichts der neuen Haushaltsführung aber auch klar: „Eine Kommune ist kein Unternehmen.“

Weil am Rhein. Vom Bürgersteig bis zu den Bauten mussten zahllose bewegliche und unbewegliche Vermögensgegenstände erfasst und bilanziert werden. Denn umgestellt wurde von einem zahlungsorientierten auf ein ressourcenorientiertes Haushalts- und Rechnungswesen. Themen wie Generationengerechtigkeit, Wirtschaftlichkeit, Zweckmäßigkeit, Transparenz und Periodenabgrenzung spielen nun eine zentrale Rolle. Das doppische Rechnungswesen und der Jahresabschluss sollen die Steuerung der Kommunen unterstützen, so die Zielrichtung.

Mit der Eröffnungsbilanz wird erst einmal auf hunderten von Seiten aufgezeigt, was die Stadt alles besitzt. Zugleich müssen nun die Abschreibungen von Investitionen auch erwirtschaftet werden, um einen Werteverzehr auf Kosten künftiger Generationen zu verhindern. Hierzu finden sich in der Bilanz allein schon 2374 Seiten nur für das Infrastrukturvermögen gelistet.

Kritik an NKHR

Als großer Fan der neuen Haushaltsführung kann OB Dietz nicht bezeichnet werden. Er sei immer skeptisch gewesen, diese Form der Bewertung anzuwenden, erinnerte er im Gemeinderat und im Finanzausschuss. Denn ein Quadratmeter Gehweg sein kein Wert, sondern angesichts der Pflege auch eine Belastung. Skeptisch sei er, aus der Bilanz die großen Schlüsse zu ziehen. „Die Stadt hat das Vermögen, aber kann es nicht so verkaufen.“ Ein privatwirtschaftliches Instrumentarium sei auf den öffentlichen Sektor draufgelegt worden.

Jürgen Valley (SPD), ausgewiesener Finanzexperte im Gemeinderat, relativiert dies ein Stück weit, denn teilweise seien Grundstücke durchaus marktgängig. Was wann auf den Markt landen soll, weise aber die mittelfristige Finanzplanung aus, kommentierte Bürgermeister Rudolf Koger. Und der Wert der Grundstücke ändere sich auch, sobald eine Fläche zu Bauland wird, so Dietz.

Welchen Veränderungen eine Beteiligung der Stadt auch unterworfen ist, führte Grünen-Fraktionschef Martin Fischer mit der Laguna Badeland GmbH vor Augen, für welche die Stadt derzeit bürgt und so Finanzspritzen ermöglicht, damit sich die Freizeiteinrichtung über Wasser hält.

Die Eigenkapitalquote der Stadt von 84 Prozent sei aber sehr beachtlich. Die Grünen begrüßen das Konzept der Nachhaltigkeit, unterstrich Fischer.

Die Mammut-Aufgabe, der sich die Mitarbeiter im Rathaus mit der Eröffnungsbilanz gegenübersahen, fand Lob und Anerkennung aus dem Ratsrund und im Ausschuss. „Kompliment, klasse Arbeit“, erklärte Andreas Rühle (UFW), als Banker vertraut mit solchen aufwendigen Zahlenwerken. Nun liege die Basis für die Zukunft vor. „Ein Wert, der zu erhalten, möglichst auszubauen ist“, blickte Rühle auf den Vermögensstand. Die fundierte Erhebung der Daten sei auch wichtig für die im Laufe der Jahre folgenden Abschreibungen, wobei voraussichtlich in diesem Jahr noch die Bilanzen für 2018 und 2019 geschafft werden, die weiteren in der darauf folgenden Zeit, blickte Inge Schmieder von der Stadtkämmerei voraus.

Genauer Blick auf Zahlen

Im Rechnungsprüfungsamt weiß Leiterin Maike Steinbach darum, dass die Eröffnungsbilanz vom Gemeinderat herbeigesehnt wurde. Und dem Substanzerhalt kommt mit dem NKHR eine besondere Bedeutung zu. „Im Laufe der Jahre sieht man die Entwicklung des Eigenkapitals.“ Neben der Ressourcenverantwortung sei aber auch die Erreichung von Zielen ein wesentlicher Punkt der Reform. „Ein eingehaltenes Budget lässt kein Urteil zu, ob gut gewirtschaftet wurde“, hob sie auf die Verknüpfung von eingebrachten Ressourcen und der Zielerreichung ab. Ihre Kritik, dass dem RPA nur einige Tage Zeit blieben, um dieses enorm umfangreiche Zahlenwerk zu überprüfen, wollte Bürgermeister Koger nicht unkommentiert lassen und verwies auf schon frühzeitig eingereichte Unterlagen. Dass es auf der Zielgeraden zeitkritisch geworden sei, hätte er gerne vermieden, so der Kämmerer. „Den Zeitdruck zum Schluss hat nicht die Kämmerei zu verantworten.“ Auch die inhaltliche Kritik habe er nicht ganz in Ordnung gefunden.

Valley wollte dies so stehen lassen und fasste es mit dem Satz zusammen: „Was lange währt, wird endlich gut.“ Die Verwaltung habe nun einen sehr intensiven Prozess hinter sich gebracht. Das Stadt-Vermögen, also das Basiskapital von 162 Millionen Euro, freute den Sozialdemokraten. „Das ist das Ergebnis von 70 Jahren kommunalpolitischen Handelns.“ Und Thomas Harms (FDP) war froh, dass die Basis geschaffen wurde. „Damit können wir weiter arbeiten.“

Die Transparenz sei immer deutlicher geworden, lobte auch Matthias Dirrigl (SPD). „Es ist ein Instrument, mit dem man zukunftssicher arbeiten kann.“ Wichtig sei, dass es nicht zu einem Werteverzehr komme.

Doch OB Dietz mahnte angesichts der aktuellen Entwicklungen, dass Abschreibungen für Projekte auch erwirtschaftet werden müssen. Und: „Der Lärm der Gelddruckmaschinen ist lauter als die mahnenden Worte.“

Die Zahlen

Die Eröffnungsbilanz der Stadt Weil am Rhein zum 1. Januar 2017 weist auf der Aktivseite Sachvermögen in Höhe von rund 144 Millionen Euro (74 Prozent) aus. Zu den Sachvermögen zählen Grundstücke, Grünflächen, Ackerland, Wald und Forst. Auch die Infrastrukturvermögen wie Wege und Straßen zählen dazu. Hinzu kommen Finanzvermögen in Höhe von rund 49,6 Millionen Euro (25,4 Prozent) sowie Abgrenzungsposten (0,45 Prozent).

Als Passiva-Posten gelistet wurde ein Eigenkapital in Höhe von 162,7 Millionen Euro (83,6 Prozent), Sonderposten von 28,3 Millionen Euro (14,5 Prozent) sowie die Rückstellung von knapp 118 000 Euro (0,06 Prozent), Verbindlichkeiten von 1,68 Millionen (0,86 Prozent) sowie die Passive Rechnungsabgrenzung von 1,8 Millionen Euro (0,9 Prozent).

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