Weil am Rhein Ein Jahr zwischen Hoffnung und Leid

Ingmar Lorenz
Mit dem Laster werden die Güter so weit transportiert wie möglich. Anschließend geht es mit kleineren Fahrzeugen weiter. Foto: /Saskia Scherer

Vor fast genau einem Jahr erfolgte der russische Überfall auf die Ukraine. Seit ebenso langer Zeit setzt sich Thomas Harms verstärkt dafür ein, den Menschen in dem vom Krieg gezeichneten Land zu helfen.

Nach anhaltenden Kämpfen im Donbass beginnt Russland im April 2021 Truppen an der Grenzen zur Ukraine zusammenzuziehen. Laut russischen Angaben bereiten sich die gut 90 000 Soldaten auf eine Übung vor. Die Nato-Staaten sehen hingegen einen Hinweis auf eine bevorstehende Invasion der Ukraine. Im November beordert der Kreml weitere Truppen an die ukrainische Grenze. Im Februar 2022 sind schätzungsweise 130 000 russische Soldaten in unmittelbarer Nähe zur Ukraine stationiert.

Thomas Harms, der seit vielen Jahrzehnten Kontakte in die Ukraine pflegt, erkennt ebenso wie seine Freunde und Bekannten im Land am Schwarzen Meer, dass sich etwas Schlimmes zusammenbraut. „Wir haben die Gefahr gespürt“, sagt Harms rückblickend. Schon allein aufgrund der großen Anzahl der Truppen, die Putin für seine sogenannte Übung zusammengezogen hat. Spätestens seit der Annexion der Krim im Jahr 2014 sei zudem klar, dass dem russischen Machthaber ein Überfall auf die Ukraine auf jeden Fall zuzutrauen ist.

Täglich in telefonischem Kontakt

Als der Angriff dann am 24. Februar 2022 erfolgt, herrscht Angst und Schrecken, erinnert sich Harms. Für den Weiler Stadtrat und Apotheker, der seit Jahrzehnten dem Verein „Kinderhilfe Kiew“ (KiHev) vorsteht, ist sofort klar, dass er die Bekannten und Freunde in der Ukraine unterstützen muss. Seit dem ersten Tag, so sagt Harms, sammelt er Geld und Sachspenden. Auch organisiert er den Transport der Hilfsgüter in das vom Krieg gezeichnete Land.

Täglich telefoniert Harms mit seinen ukrainischen Freunden. Dabei kommt es auch ein Jahr nach dem Beginn des Krieges immer wieder dazu, dass er Tränen in den Augen hat. Denn die Schrecken sind vielfältig und der Kriegszustand zehrt an den Menschen. Die Warnungen vor möglicherweise bevorstehenden Angriffen und die immer wieder zusammenbrechende Stromversorgung verschlimmern die Situation noch.

Gerade in dieser Lage zeige sich aber auch, wie wichtig das Miteinander und Füreinander ist. „Alle halten zusammen“, beschreibt Harms. „Mehr als man es sich am Anfang hätte vorstellen können.“ In diesem Zusammenhang lobt er den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj. Er habe mit der Art und Weise, wie er auch die Bevölkerung zugeht, diesen Zusammenhalt vorgelebt. „Das macht Mut.“

Spendenbereitschaft ist groß

Kraft und Hoffnung schöpft Harms zudem aus der Spendenbereitschaft der Weiler Bürger, die gerade am Anfang enorm gewesen sei. Bereits rund eine Woche nach Kriegsbeginn hatten Harms und seine Unterstützer einen Lagerraum in Märkt organisiert, der innerhalb von kürzester Zeit voll war. „Wir haben alles mögliche gesammelt“, blickt Harms zurück. Schnell stellte sich jedoch heraus, dass die große Herausforderung weniger in Beschaffung der Güter, als vielmehr in der Organisation der Logistik liegen würde. Denn die Gegenstände müssen vor ihrem Transport sortiert werden, damit den Menschen vor Ort gezielt, schnell und unbürokratisch geholfen werden kann. In der Praxis funktioniert das so, dass die Kisten mit einem großen Laster so weit transportiert werden, wie es möglich ist. Anschließend werden die Güter in kleinere Fahrzeuge verladen und dann teils bis an die Front gebracht. Und eben das muss schnell und reibungslos funktionieren, weil der Bedarf in vielen Fällen akut ist.

Wie Harms schildert, gilt es auf ganz unterschiedliche Situationen zu reagieren: Als etwa die ukrainische Bevölkerung gezwungen war, in U-Bahn- Stationen Schutz vor den russischen Angriffen zu suchen, war es nötig, Windeln in die betroffenen Gebiete zu schicken, da es in den Schutzräumen kaum Toiletten gab. Immer wieder schickten Harms und die Helfer, mit denen er zusammenarbeitet, zudem Lebensmittel Richtung Osten. Von enorm großer Bedeutung sind darüber hinaus die Geldspenden. Denn dort, wo die entsprechende Infrastruktur noch gegeben ist, sei es wichtig, den Menschen die Möglichkeit zu bieten, sich selbst zu versorgen. Dazu gehöre auch, dass sie einkaufen gehen können, betont Harms. Andererseits seien beispielsweise auch gut funktionierende Fahrräder gesucht, weil in manchen Gebieten die Straßen mit Autos nicht mehr befahren werden können. Dort, wo das noch möglich ist, fehlt es häufig an Fahrzeugen. Harms und seine Mitstreiter wollen daher so schnell wie möglich unter anderem noch einen alten Krankenwagen organisieren.

Vielfältige Kontakte durch „KiHev“

Bei der Organisation der Hilfen für die Ukraine kommen Harms die vielfältigen Kontakte zugute, die er durch seine langjährige Arbeit im Verein „KiHev“ geknüpft hat. Weiterhin ist es ihm eine Herzensangelegenheit, das Krankenhaus zu unterstützen, in dem vor allem durch die Tschernobyl-Katastrophe strahlengeschädigte Kinder behandelt werden. Durch den Krieg stehe indes bezüglich der notwendigen Unterstützung inzwischen das gesamte Land im Fokus. Und trotzdem bleiben es einzelne Personen, um die sich Harms ganz besonders sorgt. „Sie sind wie meine Familie“, sagt er. „Wir fühlen zusammen.“

Spendenkonten:

Sparkasse Markgräflerland:

IBAN: DE 22 683 518 65 000 81 31112; BIC: SOLADES1MGL

Volksbank Lörrach:

IBAN: 79 683 900 00 0000 380 555; BIC: VOLODE66XXX

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