Weil am Rhein Eingebung kommt in der Toskana

Saskia Scherer
Der Künstler Martin Cleis, der seit 2016 in Weil am Rhein lebt, mit einigen seiner Werke Foto: zVg

Portrait: Künstler Martin Cleis hat in Weil eine neue Heimat gefunden / Initiator des Atelierhauses

Schon als Dreijähriger wusste Martin Cleis, dass er entweder Kunstmaler oder Grafiker werden will. Und er fand seinen ganz eigenen Weg. Im Jahr 2016 hat sich der Schweizer – auf den Spuren seiner Markgräfler Vorfahren wandelnd – ein neues Atelier in Weil am Rhein eingerichtet.

Weil am Rhein. Kunstmaler und Grafiker – diese Berufe übten seine beiden Lieblingsonkel aus. „Ich war damals kaum aus den Ateliers herauszubekommen“, erinnert sich Cleis, der 1946 in Basel geboren wurde und in Sissach aufgewachsen ist. Als er mit 16 mit der Schule fertig war, stand sein Berufswunsch nach wie vor fest. „Es gab aber damals in der Schweiz keine entsprechende Ausbildung oder Akademie. Ich war etwas ratlos“, schmunzelt der Künstler im Gespräch mit unserer Zeitung. Schließlich besuchte er mit einem Schulfreund das Lehrerseminar Aarau. „Das waren vier tolle Jahre.“

Aber bereits im Abschlussjahr war ihm klar, dass er sich anschließend an der Basler Kunstgewerbeschule anmelden wollte. Es folgte eine weitere vierjährige Ausbildung, die er mit dem Diplom als Kunsterzieher abschloss. Danach stellte sich erneut die Frage: Und jetzt? Cleis verlegte sich aufs Unterrichten, nach einem Jahr wurde er ans Lehrerseminar vermittelt. „Ich bin quasi zurückgekehrt.“ Die Arbeit mit den motivierten Studenten habe ihm Spaß gemacht, gleichzeitig fehlte es ihm aber, selbst künstlerisch tätig zu sein. „In der Freizeit hatte ich dafür keine Energie.“

Warten auf die Inspiration

Und so hängte er die Stelle an den Nagel und wagte den Sprung. Es folgte jedoch die Ernüchterung: „Ich saß jeden Tag in meinem kleinen Atelier und wartete auf die Inspiration. Aber sie kam einfach nicht, ein halbes Jahr lang. Da hatte ich dann schon Zweifel.“ Im Tagebuch von Paul Klee stieß er schließlich auf die lateinischen Worte des römischen Gelehrten Plinius „nulla dies sine linea“, was „kein Tag ohne Linie“ bedeutet. „So habe ich dann jeden Tag etwas Kleines gemacht. Und mit dem Tun kam auch die Inspiration.“

Anschließend ging Cleis für mehrere Monate nach New York und streckte seine Fühler aus, fand Anschluss an eine Künstler-Kolonie. „Das hat mich sehr beeindruckt als junger Künstler.“ Nach seiner Rückkehr orientierte er sich neu und zog ins Gundeldinger Quartier in Basel – in ein Haus, das abgerissen werden sollte, weshalb er mietfrei wohnen durfte. „Das hat mir den Start ins freie Künstlerleben ermöglicht“, sagt der 74-Jährige rückblickend. Er lebte schlussendlich 15 Jahre dort. „Ich habe viel unternommen und bin viel gereist. Aber ich hatte auch eine Krise.“

Dieser stellte er sich in der Toskana. „Die Landschaft hat mich sehr berührt.“ Dort hatte er auch eine Eingebung: „Ich dachte an mein Patenkind, das irgendetwas in eine Ecke eines Blatts malen kann und wenn es sagt, das ist ein Traktor, dann ist das so.“ Plötzlich füllte der Künstler Blatt um Blatt. „Ich habe alles aus der Ausbildung abgelegt und war auf meinem Weg. Ich wusste, das bin ich. Ich habe das wie ein Geschenk empfunden.“

30 Jahre in Arlesheim

Mit dieser Wende kam auch der Erfolg. Es folgten unzählige Ausstellungen, Aufträge und Siege bei Wettbewerben. Im Jahr 1988 ließ er mit Gleichgesinnten das Atelierhaus Arlesheim bauen, wo Wohnen und Arbeiten an einem Ort in acht Studios möglich wurde. Cleis bezog ein 325 Quadratmeter großes Atelier-Loft in dem Haus und blieb fast 30 Jahre dort. „Ich habe mein Leben lang mit Kunst Geld verdient“, freut er sich. Neben der Malerei verschrieb er sich auch den Sparten Fotografie, Druckgrafik, Installationen und Video. Die Kunst am Bau zählt ebenfalls dazu. Ein zwölf Meter hohes Wandgemälde von ihm ziert ein Gebäude in der Aeschenvorstadt in Basel.

Als sich der Künstler als Rentner etwas Kleineres suchen wollte, führte ihn sein Weg nach Weil am Rhein, wo er nun eine Atelier-Wohnung bewohnt. „Hier wurde mir dann auch bewusst, wie viel von der Gegend in mir steckt“, meint er. Sein Urgroßvater stammte aus Schopfheim, kam als Kupferschmiedgeselle auf der Walz nach Sissach und blieb dort. „Ich habe ihn zwar nie kennengelernt, aber er war ja der Großvater meines Vaters, der uns Kindern immer Hebelgedichte vorgelesen hat.“ So sei er zurückgekehrt zu seinen Wurzeln.

In Weil verstehe er sich gut mit den Leuten, sagt Cleis. Er ist auch dem Weiler Kunstverein beigetreten, zudem dem in Lörrach. „Ich wollte dazugehören.“ Im Frühjahr wird er 75 Jahre alt, was er nicht vorüberziehen lassen will. Seit zwei Jahren plant er gemeinsam mit Ulrich Wössner eine Ausstellung im Stapflehus (Bericht folgt).

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