Weil am Rhein „Gefahrenabwehr statt Schikane“

Weiler Zeitung
Der Kieswerk-Künstler Volker Scheuer durfte auch während des Kino-Open-Airs keine Führungen anbieten. Foto: Marco Fraune Foto: Weiler Zeitung

Rechtsstreit: Stadt bezieht nach WZ-Interview Stellung / Scheurer soll Standsicherheitsnachweis vorlegen

Das Interview unserer Zeitung mit dem Kieswerk-Künstler Volker Scheurer schlägt im Weiler Rathaus hohe Wellen. Grundsätzlich beziehe die Stadt in der Öffentlichkeit keine Stellung zu laufenden Verwaltungs- und Rechtsverfahren, heißt es in einer gestern verbreiteten Mitteilung. Im Fall des Kieswerks weiche man aber von dieser Grundhaltung aufgrund der Aussagen von Scheuer ab. „Diese bedürfen in zentralen Punkten einer Richtigstellung, welche wiederum nur auf demselben Informationsweg möglich ist.“

Weil am Rhein (wz/mcf). Stadtsprecherin Annette Huber unterstreicht: „Bei der Vorgehensweise der Stadt handelt es sich nicht um Schikane gegenüber Herrn Scheurer, sondern vielmehr um Maßnahmen der behördlichen Gefahrenabwehr. Diese sind notwendig, da Gefahren für Leib und Leben im Raum stehen, worauf seitens der Baurechtsbehörde reagiert werden muss.“

Ohne Genehmigung

Ausgangspunkt für die Vorgehensweise der Stadt waren laut der Stellungnahme zahlreiche Veränderungen, die im Laufe der Zeit durch Scheurer ohne baurechtliche Genehmigung am Kieswerk vorgenommen worden waren. Hierbei handelte es sich vor allem um Umbauten und zuletzt um einen Anbau an der Giebelseite des Kieswerks, heißt es.

Dadurch hatte die Stadt als Grundstückseigentümerin Zweifel an der Verkehrssicherheit des Gebäudes. „Sollte ein Dritter durch die fehlende Verkehrssicherheit des Objekts zu Schaden kommen, müsste auch die Stadt damit rechnen, in die Haftung genommen zu werden. Aus diesem Grund hat die Stadt ein Gutachten des Tüv Süd beauftragt, welches auch von ihr bezahlt wurde“, erklärt die Stadtsprecherin weiter.

Rückbau der Anlage

Der Gutachter kam infolge von zwei Ortsbegehungen im April und Oktober 2018 zu dem Ergebnis, dass ein konkreter Handlungsbedarf besteht. Es seien an vielen Stellen „Sachverhalte vorhanden“, die eine Gefährdung der Verkehrssicherheit darstellen. Zahlreiche Bauteile seien durch Alterung oder durch eine grundsätzlich unzureichende Herstellung nicht ausreichend standsicher im Sinne der geltenden Vorschriften. Außerdem hätten viele Bauteile nur noch eine kurze Gebrauchstauglichkeit. Huber: „Der Gutachter kam sogar zu dem Ergebnis, dass die erforderlichen Maßnahmen zur Ertüchtigung des Objekts so umfangreich seien, dass diese aus technisch-wirtschaftlicher Sicht keinen Sinn machen und dass aus Sicht des Tüv Süd ein baldiger Rückbau der Anlage angezeigt sei. Aufgrund der vorhandenen Unfallgefahr sollte die Zugänglichkeit für die Öffentlichkeit unterbunden werden.“

Nutzung untersagt

Nachdem die Baurechtsabteilung von dem Tüv-Gutachten Kenntnis erlangt hat, erließ sie mit Bescheid vom 19. Dezember 2018 eine Nutzungsuntersagung gegenüber dem Kieswerk-Künstler Scheurer. In dieser wurde ihm ausdrücklich untersagt, dass das Gebäude durch Dritte betreten werden darf. „Gegen diese Verfügung wurde weder form- noch fristgerecht Widerspruch eingelegt. Sie ist damit bestandskräftig und vollstreckbar geworden“, heißt es von Seiten der Stadt.

Erst mit der Zwangsgeldfestsetzung, die bereits im Bescheid vom 19. Dezember 2018 für den Fall der Zuwiderhandlung angedroht wurde, erfolgte laut Huber mit dem verspätet eingelegten Widerspruch am 3. Mai 2019 eine Reaktion von Scheurer, vertreten durch Rechtsanwalt Walter Schneider.

Standsicherheitsnachweis

In dem Bescheid vom 19. Dezember 2018 wurde Scheurer unter anderem auch aufgegeben, ein Brandschutzkonzept erstellen zu lassen und vorzulegen, ebenso einen Standsicherheitsnachweis. „Der Standsicherheitsnachweis liegt bis zum heutigen Tag nicht vor. Insofern muss die Stadt Weil am Rhein fortgesetzt auf der Basis des Tüv-Gutachtens davon ausgehen, dass die Anlage, zumindest jedoch wesentliche Teile, nicht standsicher ist“, führt die Verwaltung weiter aus.

Aus diesem Grund könne und dürfe ein Betreten der Anlage durch Dritte nicht erlaubt werden. Diesen seien der eventuell nicht verkehrssichere Zustand nicht bekannt. Für Scheurer und seine Partnerin treffe dies nicht zu, da er Empfänger der Verfügung und letztendlich auch ursächlich Verantwortlicher sei.

Der Brandschutz

„Es ist eindeutig Aufgabe von Herrn Scheurer, den Standsicherheitsnachweis vorzulegen“, betont die Stadtverwaltung. Das ebenfalls geforderte Brandschutzkonzept liege der Baurechtsbehörde zwar inzwischen vor, jedoch seien danach weitere Erhebungen erforderlich. So heißt es bei den Brandschutzanforderungen, dass von einem Elektrofachunternehmen die Elek-troversorgung im Gebäude zu prüfen und die fachgerechte Installation schriftlich zu bestätigen ist. „Dies ist noch nicht erfolgt.“

Reaktion auf Ankündigung

Auch auf die Kritik von Scheurer, dass erst kurz vor dem Kieswerk-Open-Air eine weitere Untersagung des öffentlichen Zugangs zum Kieswerk erfolgt sei, geht die Stadt ein. Das Schreiben der Stadt vom 22. Juli an Rechtsanwalt Schneider in dieser Sache war nichts anderes als die nochmalige Bestätigung des Inhalts der Verfügung der Stadt vom 19. Dezember 2018, so Huber. „Es handelte sich hierbei um die aus Sicht der Stadt gebotene Reaktion auf die öffentliche Ankündigung von Herrn Scheurer, während des Open-Air-Kinos Führungen im Kieswerk zu machen.“ Insofern sieht die Stadt kein Versäumnis und keine Verzögerung auf ihrer Seite. „Es ist eindeutig, dass seit Ende 2018 Herr Scheurer in der Verpflichtung ist, die entsprechenden Nachweise und Gutachten zu beschaffen, und er auf diese Verfügung erstmals am 3. Mai über seinen Rechtsanwalt eine Reaktion gezeigt hat.“

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