Weil am Rhein Geschichte endet mit dem Abriss

Marco Fraune

Bahn: Haltinger Bahnhofsgebäude muss dem Ausbau der Rheintalbahn weichen / Bagger im Einsatz

Weil am Rhein-Haltingen - Das historische Bahnhofsgebäude wird in den nächsten Tagen komplett abgerissen. Mit einem ersten Baggerbiss am Dienstagmorgen erfolgte der Startschuss für die Abbrucharbeiten.

Im Gegensatz zum Samstag, als etwa 200 Schaulustige den Aushub der historischen Fächerbrücke in Haltingen verfolgten, waren gestern Morgen um kurz nach 8 Uhr lediglich zwei an der Bahn-Historie Interessierte vor Ort. Sie sahen in gedämpfter Stimmung zu, wie unweit des neuen Rewe-Markts die Baggerzange in den alten Dachstuhl getrieben wurde.

Im Zuge des viergleisigen Ausbaus der Rheintalbahn muss auch das Bahnhofsgebäude in Haltingen verschwinden. Damit schließt sich in gewisser Weise ein Kreis. Das Gebäude entstand mit dem Rheintalbahn-Bau und muss nun den neuen Erfordernissen auf der Strecke auch wieder weichen.

Am 22. Januar 1851 erfolgte die Einweihung des Gebäudes. Schon in den Jahren 1888/89 stand ein erster Umbau an. Dieser war durch den erhöhten Zugverkehr notwendig geworden, der durch den Bau der Kandertalbahn entstand. Nachdem diese am 1. Mai 1895 in Betrieb ging, fiel dem Haltinger Bahnhof eine wichtige Rolle zu, da über diesen das Kandertal an den Rheintalverkehr angeschlossen wurde, heißt es in einer in kleiner Buchform veröffentlichten Schrift, die von der Bahn über den Haltinger Bahnhof frisch publiziert wurde.

Rund zwei Jahrzehnte später folgte die zweite Gebäude-Erweiterung. „Ursprünglich war an das Bahnhofsgebäude eine Sommerhalle angegliedert; diese wurde 1910 abgerissen, um einen Wartesaal und einen Erfrischungsraum anzubauen“, heißt es.

Seitdem ist das Bahnhofsgebäude laut Bahn nahezu unverändert geblieben. Die Bedeutung veränderte sich aber enorm. So wurde in den 1950er-Jahren der elektrische Betrieb für die Strecke Basel-Efringen-Kirchen aufgenommen, wobei in diesem Zuge die Bahnsteigüberführung in Haltingen zurückgebaut und durch eine Unterführung ersetzt wurde.

Laut der historischen Aufarbeitung stieg der Bahnbetrieb bis 1965 auf 52 Personenzüge, 71 Schnell- und Eilzüge und 74 Güterzüge pro Werktag. Durchschnittlich wurden pro Monat 10 000 bis 12 000 Fahrkarten verkauft.

Von zentraler Bedeutung war das Jahr 1985, da seinerzeit das Stellwerk in Weil in Betrieb genommen wurde und damit die Fernsteuerung des Haltinger Bahnhofs möglich war. Auch in dem gleichen Jahr wurde die Festhallenbrücke durch ein neues Brückenbauwerk ersetzt. 1988 wurden die Gleisanlagen umgebaut, die Güterhallengleise zurückgebaut und das Einfahrtgleis der Kandertalbahn umgestaltet. „Ende der 1980er-Jahre wurde schließlich der Fahrkartenverkauf auf Automaten umgestellt und die Gepäckabfertigung, wie man sie heute noch aus dem Flugverkehr kennt, am Bahnhof eingestellt“, heißt es im Büchlein.

Mittlerweile rund ein Jahrzehnt, konkret seit 2009, ist das Haltinger Empfangsgebäude zu. Nun wird das Kapitel Bahnhofsgebäude komplett geschlossen. Zwar stand das Gebäude auch unter Denkmalschutz, doch der viergleisige Ausbau der Rheintalbahn als zentrale Infrastrukturmaßnahme der Bahn hatte hier deutlich höheres Gewicht.

In der jüngsten Ortschaftsratssitzung schlug Axel Schiffmann aber vor, dass auf der vom Rewe-Parkplatz zu betrachtende Lärmschutzwand ein historisches Foto an den alten Bahnhof erinnern sollte.

Außerdem gibt es zwei Hobby-Modellbauer aus Lörrach und Rheinfelden, die sich vor dem Abriss die Mühe gemacht haben, das Gebäude exakt auszumessen, um es als Modell in Kleinform zu errichten. Bis es soweit ist, sei es aber noch viel Arbeit, so die Auskunft.

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