Weil am Rhein Grande Dame der Kunstvermittlung

Weiler Zeitung
Foto: Gundula Weissenrieder Foto: Weiler Zeitung

Porträt: Ria Stahlberger: Mit klarer Linie und unverfälschter Passion für die Anliegen der Kunst einstehen

Ihr Name bürgt in Kunstzirkeln für Qualität und Innovation: Ria Stahlberger, Weiler Galeristin und weit über die Grenzen hinaus geschätzte Grande Dame ausgesuchter Kunstvermittlung.

Von Gundula Weissenrieder

Weil am Rhein. Der Blick auf ihr 35-jähriges Bestandsbestehen eröffnet eine Revue, gespickt voll glanzvoller Ausstellungsorte wie Künstlernamen – von Biennale Venedig, documenta Kassel bis Karlsruhe; von Beuys, Oppenheim, Sonderborg, Tàpies bis Walther und Vertretern der etablierten wie aufstrebenden Szene

So grazil-elegant wie zuvorkommend empfängt Ria Stahlberger in ihrer Galerie an der Pfädlistraße. Noch nehmen die Werkkompositionen der Künstlerin Madeleine Dietz die Räume ein. Vortrefflich arrangiert, bieten sie der Hausherrin den perfekten Rahmen, um echte Begeisterung selbst in solch kurz angerissener Schau aufblitzen zu lassen und Besucher durch die gediegene Souveränität ihres geschliffenen Kunstverständnisses mitzureißen.

Wie die, seit zwei Jahren in ihrer Künstlerriege vertretene, Landsmännin Dietz stammt auch Ria Stahlberger aus der Pfalz: „Aus Edenkoben, Nähe Hambacher Schloss – der Wiege der Revolution“, bekennt sie sich verschmitzt zum Aufbruchsgeist. Solcher leitete sie aus der Großfamilie mit vielen Geschwistern nach Freiburg. Zuerst in die Waldorfschule, in der sie ihrem Faible für Musik gewahr wurde, und „die mich mehr interessierte als bildende Kunst, bei der ich den Eindruck hatte, sie mir nicht erarbeiten zu müssen.“ So widmete sie sich dem Geigenspiel – das sie, nach Unterbrechenungen, nun als langjährig-etabliertes Mitglied der Orchestergesellschaft Weil fortführt.

Beruflich folgte der Werdegang zur Kinderkrankenschwester, ein Französischjahr im Schweizer Légiere, ehe Ria Stahlberger im Jahr 1961 am Sonnenhof im Schweizer Arlesheim eine Ausbildung der Heilpädagogik absolvierte. „Es hat sich alles gefügt, da mein künftiger Mann Hanspeter, den ich in Freiburg kennengelernt hatte, in seine Heimatstadt Weil zurückkehrte, um bei Roche Basel als Grafiker am Immunologischen Institut zu arbeiten. So folgte mit der Heirat 1963 unser Einzug ins Nebenhaus des schwiegerelterlichen Anwesens, wo nun unser Sohn wohnt“, lacht sie. Überhaupt lacht Ria Stahlberger gerne; besonders, wenn sie über das Leben mit ihren zwei Kindern – erwachsen heute, der Sohn Informatiker, die Tochter Cellistin in Zürich – reflektiert: „Ich war für sie da. Es war eine gute Zeit, ich wollte es nie anders machen.“

„Nie im Leben“ an Galerie-Betrieb gedacht

Durch Übernahme des Elternhauses und damit Nutzungsüberlegungen für die eingegliederten Zahnarzträume öffnete sich eine neue Tür: Aus der Ausstellungsanfrage Mirek Pazderas wurde für das kunstaffine Paar ein Erlebnis. „Es wurde schon davor oft gemutmaßt: ,Ihr macht sicher einmal eine Galerie auf!’“ verwehrten sich Stahlbergers der einstigen Absurdität: „Nie im Leben!“ Und das, obwohl sie sich privat leidenschaftlich mit lyrischer, konzeptueller, informeller Kunst und der Zeichnung als prägendem Element, auseinandersetzten. „Mireks Vernissage boomte, obwohl kein einziges Werk verkauft wurde – was heute genau gleich läuft“, wie sie bekennt. „Wir fanden enorm Gefallen daran: Und gründeten 1983, im Anschlussjahr, die Galerie.“

Das Power-Duo unterhielt beste Verbindungen auf wichtigen Messen und Events und startete rasch mit Hochkarätigem durch: „Hatten wir uns einmal entschlossen, jemanden auszustellen, fanden wir auch Wege und Kontakte. Etwa zu Antoni Tàpies und Meret Oppenheim – wie sie um ’86, logierten dann immer wieder Künstler hier in Weil. Auch Joseph Beuys, der Übervater der Galerie: Reservierte er sich Zeit und rief aus Düsseldorf an, setzten wir uns in Zug oder Auto. Einmal signierte er unseren Kofferraumdeckel: War das nun ein Aufsehen, wenn wir damit herumfuhren – was wir eine ganze Weile taten!“, schätzt sie noch heute die exquisite Freundschaftsbezeugung.

Handkehrum erlebte das Paar den „ersten Reinfall in Sachen Leihgabe: Etwa um 1988 fragte ein Schweizer Galerist um den Wagen an. Doch ging er in Konkurs – und das Ding blieb verschwunden!“ Herb flackert da Enttäuschung auf. Dennoch: Bis auf drei gestohlene Bilder an der Art  Straßburg in den 90er Jahren besticht die Professionalität aktueller Kunstmessen.

Als ihr Mann vor 14 Jahren starb, rang Ria Stahlberger schwer: „Obwohl wir nie darüber sprachen, habe ich gespürt, wie sehr Hanspeter die Galerie und ihr Weiterbestand am Herzen lag.“ Den Ansporn gab Jürgen Brodwolfs Ansinnen, seinen 15-teiligen Zyklus „Theresienstadt“ zu Ehren des geschätzten Patrons in der Galerie zu präsentieren. „Brodwolfs Vertrauen in mich hat mir den Mut gegeben, weiter zu machen“. dreht sie das Zeitenrad von nun an alleine kontinuierlich auf Erfolgskurs.

Ihr Geheimnis? „Ich arbeite mit Herzblut und finde dies nach wie vor mein wichtiges Anliegen: Für Kunst muss etwas getan werden.“ Konkret: „Das braucht Jahre an Übung, ein gutes Auge und genaue Prüfung, auch um Beständigkeit – denn es ist mir wichtig, dass ich hinter dem stehen kann, was mein Name vertritt.“

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