Weil am Rhein Guter Wein trotz hartem Jahr

Weiler Zeitung

Das Herbsten ist bei den Haltinger Winzern in vollem Gang

Kälte, Nässe, Pilzbefall und Schädlinge: Für die Winzer war 2021 ein schwieriges Jahr. Mengenmäßig wird man hinter den Erwartungen zurückbleiben, prognostiziert Michael Heintz. Die Qualität des Weins wird aber stimmen, so der Geschäftsführer der Genossenschaft Haltinger Winzer.

Von Ingmar Lorenz

Weil am Rhein-Haltingen. Die Haltinger Winzer bringen das nötige Know-how mit, um auch in schwierigen Jahren gute Weine zu produzieren, sagt Heintz. Allerdings sei das mit entsprechend viel Arbeit verbunden.

Der Blick aufs zurückliegende Jahr zeigt, dass es immer wieder galt, neue Herausforderungen zu meistern. Dabei habe es zu Beginn des Jahres zunächst noch so ausgesehen, als ob man mit einem blauen Auge davonkommen würde. Denn vom späten Frost seien die Haltinger Winzer kaum betroffen gewesen. Anders verhielt es sich mit den niedrigen Temperaturen und der anhaltenden Feuchtigkeit, die den Sommer maßgeblich bestimmt haben. „Das hat den Pilzdruck enorm erhöht“, legt Heintz dar. Auch das Thema Schädlingsbefall rückte wieder verstärkt in den Fokus, nachdem die Kirschessigfliege in den vergangenen Jahren aufgrund der hohen Temperaturen und der Trockenheit nur eine untergeordnete Rolle gespielt hatte.

Von den Reben in den Keller

Die Lese und Anlieferung ist bei der Genossenschaft derzeit in vollem Gang. Die Arbeitstage beginnen früh und enden meist erst am späten Abend. Nur sporadisch gibt es an einigen Tagen Zeit zum Durchatmen – wie etwa am Freitag. „Heute sind keine Anlieferungen geplant“, erklärt Heintz bei einer kleinen Führung durch den Betrieb. Von Untätigkeit kann indes keine Rede sein: Die Zeit wird unter anderem für umfassende Reinigungsarbeiten genutzt, erklärt der Geschäftsführer, während er auf die blitzsauber geputzte Presse im Anlieferungsbereich zeigt.

Diese ist eine zentrale Station bei der Verwandlung der Trauben zu Wein. Von hier, so erklärt Heintz, läuft der ausgepresste Traubensaft über Schläuche in den Keller. In diesem prägen meterhohe Stahltanks, aber auch viele Holzfässer das Bild. Zahlreiche Kisten mit Literflaschen und Schaumwein, die hier noch lagern, sind stumme Zeugen der vielen aufgrund der Pandemie ausgefallenen Veranstaltungen, bei denen sie eigentlich hätten über den Tresen gehen sollen.

Die Stahltanks im Keller sind nicht zuletzt für die Kühlung von großer Bedeutung. Dafür ist in heißen Jahren einiges an Energie notwendig, wenn sich die Trauben schon im Zuge der Anlieferung stark aufheizen. „Diesbezüglich sieht es dieses Jahr sehr gut aus“, freut sich Heintz über die kühlen Temperaturen, die zusammen mit dem trockenen Wetter zuletzt für ideale Bedingungen bei der Lese und Anlieferung gesorgt haben.

Technischer Fortschritt ist für Winzer wichtig

Gerade bei der Kühlung zeige sich, wie wichtig auch im Weinbau der technische Fortschritt ist. „Früher wurden die Tanks gekühlt, indem man Wasser über sie fließen ließ“, erklärt Heintz. Dies habe für die Winzer einen enormen Wasserverbrauch bedeutet. Inzwischen ist die Kühlung ausgeklügelter, technisiert und lässt sich aufs Grad genau steuern.

Unmittelbar nachdem der Saft in den Tanks angekommen ist, beginnen die vielen Arbeitsschritte, in deren Verlauf mit Geduld und durch chemische Prozesse allmählich die Verwandlung zum Wein vollzogen wird. Ein erster Schritt ist die sogenannte Flotation, ein Verfahren zur Klärung, bei dem ein Erbsenprotein zum Einsatz kommt. Später schlägt dann die große Stunde der Hefe. Ganz genau wird der Prozess der Vergärung von Kellermeister Ingo Ehret überwacht, immer wieder wird der sich entwickelnde Wein probiert, bevor Gutedel, Spätburgunder & Co. schließlich abgefüllt werden und der Jahrgang 2021 in den Handel kommt.

Weil am Rhein-Haltingen (ilz). Fehlende Weinproben und Veranstaltungen, gerade auch private Feste wie Weihnachtsfeiern oder Firmenjubiläen, haben sich negativ auf den Absatz bei der Haltinger Genossenschaft ausgewirkt, berichtet Geschäftsführer Michael Heintz. Die Corona-Krise habe zudem zu einer anhaltenden Unsicherheit bei den Kunden geführt, deren Rückkehr in die Geschäfte Heintz herbeisehnt. Denn im persönlichen Gespräch und direkten Kontakt liege eine der großen Stärken der Haltinger Winzergenossenschaft.

Während der Verkauf im Laden durch Corona gelitten hat, gab es zugleich starke Wachstumsraten beim Online-Handel. Das ist laut Heintz jedoch ein zweischneidiges Schwert. Auf der einen Seite lassen sich die coronabedingten Verluste durch den gesteigerten Online-Absatz kurzfristig auffangen, im Allgemeinen steht Heintz dem Online-Geschäft aber kritisch gegenüber. „Das führt langfristig zu Problemen für die Innenstädte.“ Immer mehr Waren werden online über die großen Händler bestellt und vor die Haustür geliefert, während gleichzeitig immer weniger in Geschäften vor Ort eingekauft werde. Für viele kleine und mittelständische Unternehmen sei ein eigener Internet-Versandhandel nicht umsetzbar, ganz abgesehen von der Frage, ob dieser von der Online-Kundschaft angenommen werden würde. Die einzige Möglichkeit bestehe darin, über die Portale der großen, globalen Händler zu verkaufen, wofür diese aber wiederum eine stolze Provision von den Mittelständlern kassieren. Heintz appelliert daher: „Kaufen Sie regional und stationär.“

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