Weil am Rhein Ins Guinness-Buch katapultiert

Saskia Scherer

Rekord: Forschungsprojekt des Weiler Ehepaars Hartmeyer über eine Sonnentauart trägt besondere Früchte.

Weil am Rhein - Das Weiler Ehepaar Siegfried und Irmgard Hartmeyer freut sich, dass es „ihre“ Diva – die Sonnentauart Drosera glanduligera – als schnellste räuberische Landpflanze ins Guinness-Buch der Rekorde 2021 geschafft hat. Sie ist so schnell, dass der Beutefang mit dem bloßen Auge nicht zu verfolgen ist.

Tritt eine Fruchtfliege auf einen Tentakel der Drosera glanduligera – auch Katapult-Leimfalle genannt – wird diese direkt in den klebrigen Leim der Pflanze katapultiert. Die Leimtentakel transportieren sie dann wie ein Förderband in die Verdauungsmulde, erklärt Siegfried Hartmeyer im Gespräch mit unserer Zeitung. „Das klappt aber nur mit flügellosen Fruchtfliegen, die anderen fliegen direkt in den Leim“, präzisiert er.

Seit Jahrzehnten beschäftigen sich die Hartmeyers mit Fleischfressenden Pflanzen. Das Hobby begann Ende der 1970er-Jahre mit Arten wie der Venusfliegenfalle. „So, wie die meisten anfangen“, schmunzelt Hartmeyer. Das Paar investierte auch in eine Filmausrüstung und begab sich auf Reisen, um vor Ort forschen zu können. Insgesamt sieben Monate verbrachten die beiden in Australien, wo sie im Jahr 1995 sogar eine unbekannte Sonnentauart entdeckten, die dann nach ihnen benannt wurde: Drosera hartmeyerorum.

Die Hartmeyers wohnen seit 35 Jahren in Weil am Rhein, knüpften Beziehungen zu den Botanischen Gärten in Basel und haben vier Mal an einer Sonderschau zu Fleischfressenden Pflanzen auf der Regio-Messe mitgewirkt. Auch in einigen Fernsehsendungen waren sie bereits zu sehen – etwa bei Stefan Raab in „TV Total“ oder auch „Welt der Wunder“.

Wie die Katapult-Leimfalle funktioniert, hat Richard Davion aus Adelaide in Australien bereits als Neunjähriger entdeckt, erzählt Hartmeyer. „Aber keiner hat das geglaubt.“ Der Sonnentau gelte sonst eher als „behäbig“. Auch die beiden Weiler waren skeptisch, als Davion ihnen Jahre später Samen zukommen ließ – das war 2003. „Aber dann haben wir das Phänomen in einem Video von ihm gesehen und wollten es selbst versuchen.“

Gemeinsames Forschungsprojekt

Das Problem: Die Drosera glanduligera galt als unkultivierbar, daher auch der Spitzname „Diva“. „Drei Jahre haben wir gebraucht, haben Versuche im Warm- und Kalthaus gemacht bis es klappte.“ Die spektakulären Ergebnisse, nämlich dass die „Katapulte“ sich mindestens so schnell bewegen wie die Venusfliegenfalle zuklappt, veröffentlichen die Hartmeyers unter anderem in einer Zeitschrift der Gesellschaft für Fleischfressende Pflanzen, in der Hartmeyer seit Jahrzehnten Mitglied ist, und in den USA.

Daraufhin wurden Bioniker der Universität Freiburg auf sie aufmerksam und Simon Poppinga, Gruppenleiter in der „Plant Biomechanics Group“, lud sie zu einem gemeinsamen Forschungsprojekt ein. „Wir mussten 16 Geheimhaltungserklärungen unterschreiben“, erinnert sich Hartmeyer. In den Versuchen wurde mit Hilfe von Hochgeschwindigkeitskameras herausgefunden, dass die Katapult-Leimfalle ihre Beute in 75 Millisekunden in den Leim schleudert. „Das ist sogar schneller als die Venusfliegenfalle.“

Ende September 2012 wurde als Resultat der Zusammenarbeit auf der Internet-Plattform der Public Library of Science (Plos One) eine Dokumentation über die Pflanze veröffentlicht, die auf sehr großes Interesse stieß. 2014 stellten die Hartmeyers die Katapult-Leimfalle erstmals öffentlich im Rahmen der Sonderschau auf der Regio-Messe vor. Ein Kollege reichte nun die „Diva“ als rekordverdächtig für das Guinness-Buch der Rekorde ein.

  • Weitere Informationen: Auf der Webseite von Siegfried und Irmgard Hartmeyer unter www.hartmeyer.de finden sich zahlreiche Videos und weitere Infos.

Umfrage

Bargeld

Die FDP fordert Änderungen beim Bürgergeld. Unter anderem verlangt sie schärfere Sanktionen. Was halten Sie davon?

Ergebnis anzeigen
loading