Weil am Rhein Kirchen sind im Umbruch

Weiler Zeitung

Serie: Entwicklung: Mitgliederschwund, Pfarrer- und Priestermangel, Sparmaßnahmen

Von Jasmin Soltani

Mitgliederschwund, Pfarrer- und Priestermangel, hohe Unterhaltungskosten für die Liegenschaften, Sparmaßnahmen: Die evangelischen und katholischen Kirchen befinden sich im Umbruch. Das spiegelt sich auch in den Gemeinden St. Georg und St. Maria in Haltingen wider, die trotz aller Unterschiede mit ähnlichen Konzepten die Herausforderungen meistern wollen, die Ökumene stärken und sich mit Angeboten der Allgemeinheit weiter öffnen.

Weil am Rhein-Haltingen. Was die 2600 Mitglieder zählende evangelische Gemeinde St. Georg heute ausmacht, ist eine große Vielfalt jenseits der klassischen Gottesdienste, die im Durchschnitt 80 Besucher zählen, sowie der Kinder- und gelegentlichen Jugendgottesdienste. „Es gibt viele Angebote zum Andocken an die Kirchengemeinde“, bringt es Pfarrerin Renate Krüger auf den Punkt. Dazu zählen Mutter-Kind-Gruppe und Kükenstube ebenso wie der Seniorenkreis, wöchentliche Jugendtreffs und jährliche Jugendfreizeiten. Ganz wichtig sei die Kirchenmusik, was sich in den Kirchenchören mit klassischem und modernem Repertoire und eigenen Konzerten niederschlage.

Als großes Manko empfindet Krüger das Fehlen eines evangelischen Kindergartens im Ort – anders als auf katholischer Seite. Deshalb ist sie froh um die Kontakte, die der Besuchsdienstkreis des Diakonie- und Frauenvereins zu jungen und neu zugezogenen Familien knüpft, in dem er diese mit Brot und Salz willkommen heißt, oder mit Strickschuhen des Bastelkreises für die einjährigen Kinder.

Fünf Festangestellte, drei Mitarbeiter der Kükenstube und 100 Ehrenamtliche einschließlich des Kirchengemeinderats stemmen das vielfältige Angebot, das Jedermann offen steht und das viele nutzen.

„Wir fragen nie nach der Religion“, sagt Krüger. Wichtig sei gegenseitige Toleranz. Dennoch macht sie sich Sorgen. Als sie vor neun Jahren die Pfarrstelle in Haltingen übernahm, zählte die Gemeinde noch 3000 evangelische Christen. Auch Neubaugebiete und Zuzüge konnten Mitgliederschwund und Kirchenaustritte nicht wettmachen. Weil Menschen zudem immer weniger Zeit für ehrenamtliches Engagement finden, und weil das Zugehörigkeitsgefühl zur Gemeinde durch die zunehmende berufsbedingte Mobilität abnimmt, werde es schwierig sein, das bunte Gemeindeleben aufrechtzuerhalten, prognostiziert Renate Krüger.

Schon seit ihrer Entstehung als Kuratie ist die Pfarrei St. Maria schwer mit der evangelischen Gemeinde in Haltingen vergleichbar, gehörten zu ihr doch stets auch Katholiken aus Märkt, Ötlingen, Fischingen, Binzen, Rümmingen und Wittlingen. Heute sind das rund 4100 Mitglieder, sagt Pfarrer Gerd Moeller, der zwar im Haltinger Pfarrhaus wohnt, aber deshalb „nicht der Haltinger Pfarrer ist“, sondern zu je 50 Prozent Leitender Pfarrer der Katholischen Gemeinde Weil am Rhein (zu der auch St. Peter und Paul auf der Leopoldshöhe und „Guter Hirte“ in Friedlingen gehören) und Dekan im Dekanat Wiesental. Deshalb unterstützt ihn ein fünfköpfiges Seelsorgeteam samt Kooperator.

Deutlich unterschiedlich sind auch die Mitgliederstrukturen von St. Maria und St. Georg. Während die evangelische Gemeinde meist aus alteingesessenen Haltinger Familien besteht, sind die Katholiken überwiegend Zugereiste: Zunächst die Bahnmitarbeiter, später die Kriegsflüchtlinge aus Vietnam, heute vorwiegend Menschen, die der lukrative Arbeitsmarkt der Nordwestschweiz aus vieler Herren Länder anzieht und den Mitgliederschwund abmildern. Die bunte Vielfalt spiegele sich auch im 18-köpfigen Pfarrgemeinderat wieder, dem nur zwei Ehrenamtliche angehören, die in Haltingen aufgewachsen sind, sagt Moeller. „Diese Internationalität prägt die Gemeinde und führt zu einer großen Offenheit“. Sie münde in vietnamesischen Gottesdiensten, der Partnerschaft mit der Kirche in Peru oder dem südamerikanisch geprägten internationalen Chor.

Ohnehin sei die Gemeinde, zu der noch der Kirchenchor und der Singkreis gehören, sehr sangesfreudig, sagt der Pfarrer, dem ein Jugendchor noch ein Herzenswunsch ist. Alle Angebote, auch die Pfadfindergruppen und solche aus dem spirituellen Bereich, stünden „allen offen“, betont er . So bemühe sich auch die katholische Kirche gegen das Image eines hermetisch abgeschlossenen Apparats anzukämpfen, sagt Moeller, der sich ebenfalls Sorgen um den Fortbestand des ehrenamtlichen Engagements macht.

Nicht zuletzt deshalb sehen beide Pfarrer sowohl in der Ökumene als auch in der interreligiösen Öffnung eine Chance, das gesellschaftliche Miteinander zu stärken. Vor allem die Ökumene habe durch die 1250-Jahrfeiern in Haltingen, Rümmingen, Eimeldingen und Binzen neue Impulse erhalten, weil auch die Freikirchen, wie G5 und Regiogemeinde, mit dabei waren. Neben der Nacht der offenen Kirchen mit der Regio-Gemeinde ist eine weitere Zusammenarbeit geplant, etwa die Allianz-Gebetswoche im Januar. (siehe weiteren Bericht).

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