Weil am Rhein „Man muss Deutschland gegen Anschläge verteidigen“

Weiler Zeitung
Die Moschee in Friedlingen, auf die ein Brandanschlag verübt wurde. Foto: Marco Fraune Foto: Weiler Zeitung

Gericht: Anschlag in Weil an Rhein: Staatsanwalt fordert Haftstrafen für die fünf mutmaßlichen Moschee-Brandstifter

Von Ekart Kinkel

Weil am Rhein/Karlsruhe. Politische Kundgebungen oder Proteste blieben während der bisherigen fünf Verhandlungstage wegen des Brandanschlags auf eine Moschee in Weil am Rhein bislang zwar aus, und die Bundespolizisten an der Eingangsschleuse des Landgerichts Karlsruhe waren wegen der Leere auf den Zuschauerrängen des Schwurgerichtssaals auch gestern einmal mehr zur Untätigkeit verdammt.

„Dieser Anschlag wurde durch den PKK-Kader in Auftrag gegeben“, stellte Staatsanwalt Manuel Graulich bei seinem Plädoyer allerdings klar, und deshalb forderte er für die fünf zwischen 20 und 33 Jahre alten Männer auf der Anklagebank wegen versuchter schwerer Brandstiftung sowie der Unterstützung einer verbotenen Vereinigung Haftstrafen zwischen dreieinhalb und sechs Jahren. „Man muss Deutschland gegen Anschläge verteidigen“, begründete Graulich seine Forderung, und deshalb dürften Anschläge der PKK hierzulande auch nicht hingenommen werden. Die längste Freiheitsstrafe forderte der Staatsanwalt für den 32-jährigen mutmaßlichen Ideengeber, die kürzeste für den einzigen Angeklagten ohne kurdische Wurzeln.

Der Ende Februar in der Anklageschrift vorgetragene Sachverhalt hat sich nach Graulichs Ansicht während der fünftägigen Beweisaufnahme vollumfänglich bestätigt. Demnach haben sich die fünf Männer in der Nacht zum 28. April gegen 1.45 Uhr gezielt in Richtung des Vereinsgebäudes des türkisch-islamischen Kulturvereins in Weil am Rhein begeben. Während der 31-jährige Angeklagte das Vereinsgelände nicht betrat und das Geschehen von der anderen Straßenseite aus filmte, warfen seine vier Gefährten fünf Molotow-Cocktails auf das von der türkischen Religionsgemeinschaft Ditib als Moschee genutzten Gebäudes in Friedlingen. Weil die Brandsätze an der Außenfassade zerschellten, entstand kein nennenswerter Schaden. „Das Ziel des Anschlags war aber die Entfachung eines Feuers, das auf das gesamte Gebäude übergreifen sollte“, betonte Graulich. Außerdem hätten die Angeklagten die Ausbreitung des Brands auf die Wohnung eines Imans billigend in Kauf genommen.

An der politischen Motivation des Anschlags besteht aus Sicht des Staatsanwalts ebenfalls kein Zweifel. Das Video vom Brandanschlag wurde nach Graulichs Einschätzung vor allem „als Nachweis der gewaltsamen Unterstützung der PKK“ bereits einen Tag später auf die Internetseite der kurdischen Jugendorganisation Roja Ciwan gestellt. „Die PKK versucht immer wieder, durch gewalttätige Aktionen Zeichen zu setzen“, sagte Graulich, und alleine seit Anfang des Jahres habe es bereits 28 Brandanschläge auf Ditib-Moscheen in Deutschland gegeben.

Außerdem hätten sich die kurdisch-stämmigen Angeklagten bereits bei mehreren Demonstrationen als PKK-Sympathisanten geoutet und wenige Wochen vor der Tat ein Video mit der Forderung nach der Freilassung des inhaftierten PKK-Führers Abdullah Öcalan ins Internet gestellt. Und selbst der 33-jährige deutsche Angeklagte war der kurdischen Sache nach Graulichs Einschätzung „sehr wohl verbunden“.

Die schriftliche Einlassungen und Teilgeständnisse der Angeklagten machten laut Graulich bei näherem Hinsehen dagegen den Eindruck, als ob bereits im Vorfeld verschiedene Tatmerkmale ausgeschlossen werden sollten. Auch sonst nahm der Staatsanwalt den Angeklagten ihre während der Hauptverhandlung vorgebrachte Unkenntnis gewisser Zusammenhänge nicht ab.

„Wer sich länger in einem Stadtteil wie Friedlingen aufhält, kennt sich dort auch aus. Und die Kurden wissen ganz genau, wo die Türken wohnen.“ Als strafmildernd wertete Graulich den offensichtlichen Drogenkonsum der Angeklagten in den Stunden vor der Tat sowie den geringen Sachschaden, als strafverschärfend die vielen verschiedenen Vorstrafen sowie die politische Motivation.

Die medizinische Sachverständige attestierte den meisten Angeklagten einen Hang zum Konsum von Betäubungsmitteln und dem 32-Jährigen noch eine Persönlichkeitsstörung. Allerdings sei ein Brandanschlag, zudem noch ein mutmaßlich politisch motivierter, keine sogenannte Symptom-Tat eines Drogensüchtigen. „Typische Straftaten, die unter dem Einfluss von Drogen verübt werden, sind Diebstahl zur Finanzierung der Sucht sowie Aggressionstaten oder sexuelle Übergriffe“, betonte die Sachverständige.

Am Mittwoch wird der Prozess ab 9 Uhr mit den Plädoyers der Verteidiger fortgesetzt. Am Nachmittag will der Vorsitzende Richter Fernando Sanchez-Hermosilla das Urteil verkünden.

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