Weil am Rhein „Metal Maniacs“ wagen das Abenteuer „Baden in Blut“

Marco Fraune
 Foto: zVg/Andi Siessi

Interview: Die heimischen Fans der Metal-Musik wollen am nächsten Wochenende anderen Metal-Fans endlich wieder ein Konzerterlebnis bieten / 500 und 600 Besucher pro Tag dürfen auf das Weiler Landesgartenschaugelände

Weil am Rhein - Die heimischen Fans der Metal-Musik wollen am nächsten Wochenende anderen Metal-Fans endlich wieder ein Konzerterlebnis bieten. 500 und 600 Besucher pro Tag dürfen auf das Weiler Landesgartenschaugelände.

Die Hauptveranstalter Jürgen Hamel und Arthur Hupka-Merle stellen sich den Fragen von Marco Fraune, ob nicht die Gefahr besteht, dass es ein „Superspreader-Event“ wird und auch welche Vorbereitungen zu treffen sind.

Frage: Im Gegensatz zu den meisten Konzert- und Festival-Veranstaltern in der Republik stellen Sie eine Corona-Version auf die Beine. Warum?

Hamel: Es war schon hart für uns, ein Jahr zu pausieren. Und da wir ein Festival von Fans für Fans veranstalten und uns selbst die Live-Konzerte natürlich auch fehlen, wollten wir alles daran setzen, es dieses Jahr möglich zu machen.

Unser Verein der „Metal Maniacs Markgräflerland“ besteht komplett aus Freunden, von denen sich jetzt auch einige schon länger nicht mehr gesehen haben. Wir verbinden also den Aufbau des Festivals auch mal mit einem Bier unter Freunden zwischendurch. Als Veranstalter kommt man zudem nach über einem Jahr Pause auch leider etwas aus der Übung, weshalb es für mich persönlich auch wichtig war, wieder etwas „Routine“ zu bekommen.

Hupka-Merle: Wobei man von Routine in diesem Jahr eigentlich nicht sprechen kann. Viele der Routinen der vergangenen Jahre konnten wir in diesem Jahr nicht abrufen, sondern mussten im Verein sehr viele eingespielte Dinge neu denken und neu aufgleisen. Das geht zugegebenermaßen manchmal auch an die Substanz.

Letztlich ist es so, dass diese „kleine” Variante des Festivals nun deutlich mehr organisatorischen Aufwand verursacht hat. Auch wegen der ständig wechselnden Corona-Regelungen und der unsicheren Lage, in der wir uns befinden. Unser Verein lebt allerdings davon, dieses Festival zu veranstalten.

Wir sind alle mit viel Herzblut dabei. Wir organisieren das Festival in der Freizeit und sind deshalb nicht gezwungen, bestimmte Gewinne einzufahren. So können wir uns auf dieses Abenteuer auch einlassen.

Frage: Welche besonderen Vorkehrungen haben Sie bereits treffen müssen?

Hamel: Wir haben uns dazu entschlossen, den Vorverkauf rein über unseren Webshop zu machen und wegen der obligatorischen Kontaktverfolgung nur personalisierte Tickets anzubieten.

Aufgrund der inzidenzabhängigen Öffnungsstufen sind wir bei der Anzahl der verfügbaren Tickets sehr vorsichtig gewesen, um sicherzustellen, dass das Festival durchgeführt werden kann – auch wenn sich die Lage im Landkreis wieder verschlechtern sollte.

Hupka-Merle: Das Hygienekonzept musste erstellt und wie erwähnt vieles neu durchdacht werden. Wir mussten uns in vielen Dingen auf die neue Situation einstellen. Zugegebenermaßen habe ich das anfangs auch unterschätzt.

Frage: Und was ist noch zu erledigen?

Hamel: Die meiste Vorarbeit ist erledigt, nächste Woche geht es an den Aufbau vor Ort. Aber vor dem Festival gibt es immer noch eine Menge Kleinigkeiten zu erledigen…

Hupka-Merle: Die Besucher auf dem Laufenden halten, die Webseite aktuell halten, Besucherfragen beantworten, den Vorverkauf managen, die Preislisten vorbereiten, auf das Wetter achten und Vorkehrungen treffen. In diesem Jahr regnet es sehr viel. Vielleicht müssen wir uns noch auf Überraschungen einstellen. Es gibt immer was zu tun. Und dann steht auch schon der Aufbau an.

Frage: Mir persönlich fehlt die Vorstellungskraft: Wie lässt sich ein Metal-Festival unter der Prämisse „Abstand halten“ überhaupt an den beiden Tagen verwirklichen?

Hamel: Beim Erstellen unseres Hygienekonzeptes hatten wir die Wahl zwischen Abstand halten und die 3Gs nicht zu prüfen oder 3Gs zu prüfen und auf Abstand zu verzichten.

Wir haben uns für letztere Variante entschieden, da das mit dem Abstand in den vorderen Reihen vor der Bühne tatsächlich schlecht umzusetzen sein wird. Die Leute möchten sich ja schließlich zur Musik auch etwas bewegen. Und die Maskenpflicht gilt ja weiterhin, zumindest wenn man nicht an den Biergarnituren im Biergarten sitzt.

Hupka-Merle: Das Gelände ist für diese Anzahl an Besuchern sehr groß ausgelegt. Unter diesen Bedingungen wird Abstand halten vor der Bühne leicht möglich sein. Zudem werden wir zusätzlich Biergarnituren im hinteren Teil des Bühnenbereiches aufstellen. So können die Leute bei einem kühlen Bier und mit Abstand Livemusik genießen.

Sicherlich wird es etwas „anders” als wir es normalerweise von Festivals kennen. Es kann eine entspannte Atmosphäre bei harter Musik entstehen. Ich bin jedenfalls sehr gespannt, was die Besucher aus der Situation machen werden und bin sehr optimistisch, dass es nach der langen Zeit einfach ein tolles Erlebnis sein wird, wieder Livemusik zu hören. Ich denke, das werden unsere Besucher auch zu schätzen wissen.

Frage: Sie sind angesichts der Realisierung des Festivals von Optimismus geprägt: Haben Sie keine Sorgen, dass es ein „Superspreader-Event“ wird?

Hamel: Alle Besucher sind getestet, geimpft oder genesen. Es gilt überall im Besucherbereich Maskenpflicht und die Besucher sind angehalten, Abstand zu halten, wo es möglich ist. Wir haben ein Gelände, das locker Platz für 3000 Besucher bietet, und wir lassen gerade mal einen Teil⅙ dieser Menge auf den Platz.

Außerdem stellen wir für die Besucher ausreichend Händewasch- und -Desinfektionsmittel bereit. Zudem ist unsere Veranstaltung in diesem Jahr mit 500 und 600 Besuchern pro Tag keine Großveranstaltung in dem Sinne. So halten sich die Risiken in Grenzen.

Hupka-Merle: Mit dieser Angst könnten wir vermutlich in nächster Zeit keine Kulturveranstaltung mehr durchführen. Wir leben nun schon das zweite Jahr mit der Corona-Situation. Langsam, aber sicher müssen wir wieder einen Weg in die Normalität finden.

An der Veranstaltungsbranche hängen so viele weitere Branchen und Existenzen, die schon den zweiten Sommer keine Umsätze verbuchen können. Auch für diese ist es extrem wichtig, dass wir langsam wieder starten. Wir haben das Hygienekonzept erstellt, aktuell herrschen niedrige Inzidenzen, die Impfquote steigt.

Diese Dinge in Verbindung mit der Testpflicht stimmen mich optimistisch, dass Veranstaltungen wieder ohne große Sorge möglich sein müssen. Zudem sinkt die Hospitalisierungsrate durch den Anteil an Geimpften deutlich. Deshalb ist es richtig, dass langsam eine Diskussion darüber entsteht, dass die Sieben-Tage-Inzidenz nicht mehr das Maß aller Dinge sein sollte.

Frage: Viele Bands haben in den zurückliegenden Monaten nicht gemeinsam geprobt, da dies nicht erlaubt war. Wie konnten Sie die Gruppen denn überzeugen, im Dreiländergarten auf der Bühne zu stehen?

Hamel: Wir haben bei unseren Anfragen seit Anfang Juni tatsächlich einige Absagen erhalten mit der Begründung, dass die Bands zu wenig proben konnten oder sie lieber keine Konzerte vor sitzendem Publikum geben möchten. Dass die Leute auch stehen können, war zu dem Zeitpunkt noch nicht klar.

Zu viel Auswahl hatten wir dieses Jahr also nicht, aber wir haben dann kurzerhand entschieden, die beiden Tage etwas thematisch zu unterscheiden; der Freitag eher modern, der Samstag eher traditionell. So konnten wir letztendlich für jeden Tag ein stimmiges Gesamtkonzept aufstellen.

Frage: Kostenlos treten die Bands natürlich nicht auf, auch ist – wie Sie ja eben geschildert haben – viel Aufwand mit der Organisation verbunden: Unterm Strich steht ein doppelt so hoher Eintrittspreis. Wie reagiert die „Baden in Blut“-Fangemeinde bislang darauf?

Hamel: Den doppelten Preis haben wir eigentlich nur am Festival-Freitag angesetzt, der 2019 als „Warmup-Show“ mit vier Bands eingeführt wurde und 20 Euro kostete. Dieses Jahr ist der Freitag ein vollwertiger Tag mit sieben recht modernen Metal-Bands.

Unter diesem Aspekt sind die Kosten von 50 Euro pro Ticket in diesen Zeiten gerechtfertigt. Negative Stimmen haben wir diesbezüglich nicht vernehmen können.

Das Samstagticket ist dieses Jahr, bei der gewohnten Anzahl an Bands, sogar günstiger. Allerdings sind es keine so bekannten und internationalen Bands wie gewöhnlich.

Hupka-Merle: Fangemeinde trifft es auf den Punkt: Wir haben das Glück, dass die Metal-Fans vermutlich die loyalsten und dankbarsten Besucher sind. Viele wissen es zu schätzen, dass wir das Festival ehrenamtlich organisieren, und kennen es schon seit vielen Jahren.

In diesem Jahr dürfte für fast alle klar sein, dass die Infrastrukturkosten weiterhin Bestand haben, wir aber nur einen Bruchteil der Tickets verkaufen können.

Frage: Für den Freitag sind aber noch reichlich Karten zu haben. Worauf führen Sie das zurück?

Hamel: Aktuell sind für den Freitag etwa 350 Karten verkauft und noch 150 vorhanden. Freitags müssen viele Leute noch arbeiten, wenn das Festival schon losgeht und müssten dann extra frei nehmen. Deshalb gab es erst einmal einen Ansturm auf die Samstagtickets.

Generell hatten wir leider auch wenig Zeit für den Vorverkauf, der am 19. Juni startete, und für Werbung. Erfahrungsgemäß warten aber auch viele Leute mit der Ticketbestellung, bis sie sehen, in welche Richtung das Wetter tendiert und entschließen sich eher kurzfristig, noch ein Ticket zu kaufen.

Frage: Bei all den Neuerungen und Schwierigkeiten: Im Vordergrund steht ja der gemeinsame Festival-Besuch und das Live-Musik-Erlebnis. Worauf freuen Sie sich am meisten?

Hamel: Auf die glücklichen Gesichter der Leute, wenn sie endlich wieder „Open-Air- Feeling“ verspüren, auf die Live-Atmosphäre und feierndes Publikum. Ich freue mich auch darauf, nach vielen Monaten der Isolation wieder viele bekannte Gesichter zu sehen, auch außerhalb des Vereins.

Hupka-Merle: Für mich ist die Woche des Festivals der Höhepunkt des Jahres. Letztlich arbeiten wir das ganze Jahr über darauf hin. Es ist großartig, wie seit den Anfangstagen des Festivals viele freiwillige Helfer reisen und vier Tage über wirklich hart anpacken, um mit uns etwas Großartiges auf die Beine zu stellen. Einfach aus der Motivation heraus, ein tolles Event zu schaffen.

Bei diesem Gedanken bekomme ich immer Gänsehaut. Auf diese Momente und darauf, wenn die erste Band auf der Bühne steht und das Festival anläuft. Darauf freue ich mich besonders. Und meinem zwei Jahre jungen Sohnemann das Festival zu zeigen.

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