Weil am Rhein „Olympia wäre der Hammer“

Zoë Schäuble
Als nächstes wird Fabian Döring in Elzach an den Start gehen. Dort findet am Wochenende der Worldcup statt. Foto: zVg

Interview: Der Paracycler Fabian Döring aus Weil verarbeitete Schicksalsschläge mit dem Radsport 

Wenn ihm der Wind um die Nase bläst, kann er abschalten und fühlt sich so richtig frei, erzählt Fabian Döring. Der 36-jährige Weiler hat erst im vergangenen Sommer in Lenzing in Österreich bei den Para-Cycling-Europameisterschaften im Zeitfahren der C5-Klasse die Silbermedaille gewonnen. Mit dem Radsport verbindet Döring allerdings noch weitaus mehr, wie er im Interview mit unserer Zeitung berichtet.

Von Zoë Schäuble

Weil am Rhein. Das Radfahren bedeutet für ihn mehr als bloße sportliche Betätigung. Unter anderem habe es ihm geholfen, Schicksalsschläge, die seine Familie innerhalb kurzer Zeit ereilten, zu verarbeiten.

Frage: Wie sind Sie denn zum Radfahren gekommen, Herr Döring?

Eigentlich sind meine beiden Brüder der Grund dafür. Zuerst haben wir gemeinsam Fußball im Verein gespielt. Wegen einer Knieverletzung und weil meine Brüder schon Rad gefahren sind, habe ich das Rennradfahren später dann auch für mich entdeckt. Ich bin dann zwar auch ein paar Rennen gefahren – das hat sich allerdings dann aber wieder etwas verlaufen. Wie das eben so ist in jungen Jahren.

Frage: Also waren Sie gar nicht von Beginn an Para-Radsportler?

Richtig. Im Jahr 2009 habe ich die Diagnose Knochenkrebs erhalten. Ein Jahr hat die Behandlung, inklusive Chemotherapie und großer Operation, gedauert. Mein rechter Fuß ist seitdem versteift – nur die Zehenspitzen kann ich noch bewegen.

Danach war natürlich alles anders.

Frage: Inwiefern hat sich dadurch denn Ihr Leben und auch Ihre Beziehung zum Sport verändert?

Wenn man jung ist, strotzt man vor Energie und es fühlt sich an, als könnte einem nichts und niemand etwas anhaben. Das hat sich verändert. Besonders getroffen hat mich aber nicht nur die psychische Belastung der Krebserkrankung und die damit einhergehende leichte körperliche Einschränkung, sondern der Verlust meines Bruders Florian, der vor mir an Krebs erkrankte und 2010 verstarb. Das hat mir sehr zugesetzt, weswegen ich sehr lange gebraucht habe, um meine Erkrankung aufzuarbeiten.

Frage: Am Radfahren haben Sie trotz Einschränkung und Schicksalsschlägen also immer festgehalten?

Absolut. Der Sport gibt mir sehr viel Kraft. Er lässt mich abschalten, nachdenken und ich kann mich so richtig auspowern und an meine Grenzen bringen. Er ist für mich Therapie und ich bin gewissermaßen süchtig danach.

Frage: Ihre Passion verfolgen Sie auch im Verein. Beim RVC Reute sind Sie der Ansprechpartner für den Para-Radsport -Bereich?

Das stimmt. Leider bin ich mittlerweile allerdings der einzige Paracycling-Fahrer beim RVC. Der ehemalige Bundestrainer des Para-Radsports, Adelbert Kromer, stammt aus Reute, deshalb gab es früher deutlich mehr Para-Radsportler beim RVC. Inzwischen sind allerdings viele der Sportler zu Vereinen in andere Bundesländer gewechselt, weil sie dort besser gefördert werden. Beim Verein sind grundsätzlich alle willkommen und jeder, auch mit Einschränkung, kann zu den normalen Trainingsausfahrten mitkommen. Ein besonderes Augenmerk legen wir auf die Jugendförderung.

Frage: Und seit wann engagieren Sie sich beim RVC Reute?

Seit diesem Jahr engagiere ich mich beim Verein und leite die Abteilung Paracycling, die es seit März 2022 gibt. Sportler mit einer körperlichen Einschränkung, die sich fürs Radfahren interessieren, sind eingeladen, sich mit mir in Verbindung zu setzen.

Frage: Wie kann man sich denn einen klassischen Wettkampf beim Para-Radsport vorstellen?

Zunächst einmal unterscheidet man beim Paracycling zwischen Wettkämpfen auf der Bahn – also in der Halle – und auf der Straße. Die Straßenrennen untergliedern sich wiederum in Einzelfahren, Straßenrennen und Team Relay.

Ich fahre hauptsächlich auf der Straße, da sind es Zeitfahrrennen und Rundkursrennen im Parabereich. Gelegentlich nehmen ich aber auch an Amateurrennen in der Region teil. Eher selten fahre ich auf der Bahn in der Halle – das liegt aber auch daran, dass es in unmittelbarer Nähe keine gibt. In der Halle gibt es 1000-Meter- sowie 4000-Meter-Rennen, die man einzeln bestreitet. In Zukunft möchte ich definitiv auch wieder mehr auf der Bahn fahren.

Frage: Welche Fahrradtypen gibt es denn und wie wird da unterschieden?

Beim Paracycling gibt es Tandems, Dreiräder und Liegeräder für die Handbiker. Ich fahre ein normales Rennrad ohne eine spezielle Veränderung, da ich nur eine Orthese am Bein habe und ich damit normal fahren kann.

Je nach der körperlicher Einschränkung werden die Sportler in unterschiedliche Leistungsklassen und Disziplinen eingegliedert.

Frage: Was waren Ihre letzten Erfolge?

Im vergangenen Sommer bin ich Zweiter bei der Europameisterschaft im Zeitfahren in der Klasse C5 geworden. Außerdem habe ich den zweiten Platz bei einem Europacup-Rennen gemacht und bin deutscher Vize-Meister auf der Straße.

Frage: Welches sind denn Ihre nächsten Ziele?

Mein nächstes Ziel habe ich mir schon für das bevorstehende Wochenende gesteckt. Dort findet der Worldcup in Elzach statt, bei dem ich unter den ersten Dreien landen will. Und im Juni ist die deutsche Meisterschaft in Köln, die ich gewinnen will. Durch die Erfolge möchte ich mir eine Teilnahme bei der Straßen-Weltmeisterschaft in Kanada sichern, die im August stattfindet. Weitere Ziele sind natürlich Olympia – das wäre der Hammer.

...leitet sich vom Kunstwort Paralympics ab und wird – seitdem der Weltradsportverband „Union Cycliste Internationale“ 2006 unter seiner Ägide die ersten UCI-Paracycling-Bahnweltmeisterschaften und UCI-Paracycling-Straßenweltmeisterschaften durchführte – zunehmend als Begriff für den Para-Radsport verwendet. Aufgrund der unterschiedlichen Fahrradtypen haben Menschen mit fast allen Beeinträchtigungen die Möglichkeit zur Sportausübung. Es gibt Zwei- und Dreiräder, Handbikes sowie Tandems und die einzige Voraussetzung besteht darin, dass die Sportler entweder die oberen oder unteren Extremitäten aktiv bewegen können. Die 14 Leistungsklassen wiederum werden nach Disziplin unterschieden, wobei die höchste Beeinträchtigung mit der niedrigsten Ziffer bezeichnet wird.

Fabian Döring startet in der Klasse C5, wobei das C für Cycling und damit für das Rennrad steht.

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