Weil am Rhein Ortspolizisten müssen sich einiges anhören

Marco Fraune
Auf die Kontrolle des ruhenden Verkehrs entfällt 70 Prozent der Arbeit des Gemeindevollzugsdienstes. Foto: Marco Fraune

Gemeindevollzugsdienst: Bürger weniger respektvoll. Verkehrserziehung statt Abkassieren.

Weil am Rhein - Die Arbeit der sechs Weiler Ortspolizisten gefällt nicht jedem Zeitgenossen. Einige Bürger und auch Besucher aus der Schweiz und Frankreich treten äußerst unfreundlich auf, sogar das Wort „Nazis“ fällt. Die Uniformierten werden immer respektloser behandelt, bemängeln sie. Die städtischen Mitarbeiter bekommen damit den gesellschaftlichen Trend bei ihrer Arbeit auf der Straße hautnah zu spüren.

Eigentlich ist Hubert Strohmeier ein netter Typ. 42 Jahre lang hat er ehrenamtlich und aufopferungsvoll seinen Feuerwehrdienst geleistet, doch auch er muss sich das Gemeckere von Menschen anhören, weil sie ein Knöllchen von ihm erhalten haben. „Zwei Wochen vor bis zwei Wochen nach Vollmond spinnen die mehr“, bemerkt er dann noch einmal ein aggressiveres und aufbrausenderes Verhalten, das an den Tag gelegt wird. „Man muss in solchen Fällen ein dickes Fell haben.“

Beleidigungen kosten

Anzeigen wegen Beleidigung sind keine Seltenheit. Bis zu 1400 Euro kann es kosten, erklärt Christine Krauth, Abteilungsleiterin der Polizeiabteilung im Rathaus. Zwar gebe es in der jüngeren Vergangenheit ähnlich viele Nörgler im Vergleich zu früheren Jahren, doch der Ton werde rauer, respektloser gegenüber den Uniformierten des Gemeindevollzugsdienstes (GVD). „Üble Beschimpfungen“ gebe es. Relativ schnell werde das höfliche Sie zum du. „Hey du, was soll das“, heißt es dann zu Beginn, um später verbal kräftig mit Beschimpfungen nachzulegen.

Ein Minus unterm Strich

In weiten Teilen der Bevölkerung ist die Meinung verbreitet, dass die Stadt ihre Bürger abkassieren will. Unterm Strich steht aber ein Minus. Im vergangenen Jahr wurden angesichts von 20 667 Verstöße rund 281 000 Euro an Bußgeldern für Verstöße im ruhenden Verkehr eingenommen, für Geschwindigkeitsübertretungen kamen 62 000 Euro an Bußgeldern beim GVD zusammen (3283 Verstöße) und 5000 Euro entfielen auf Bußgelder für sonstige Fälle im Straßenverkehr. Dem gegenüber stehen Ausgaben von 430 000 Euro für Personal oder auch für die Geschwindigkeitsmessungen durch einen externen Dienstleister. Das eigentliche Ziel sei also die Verkehrserziehung und eben nicht das Füllen der Stadtkasse, hält die Verwaltung fest.

Vergleichsweise günstig

Angesichts der Höhe der Gebühren werden die Strafzettel aber auch gleichgültig oder sogar mit Humor angenommen, bemerken die Ortspolizisten. Zehn Euro für eine abgelaufene Parkscheibe sind schließlich nur ein Viertel des Schweizer Tarifs. Wer ohne Berechtigung auf einem Behindertenparkplatz seinen Wagen abgestellt hat, muss nur 35 Euro im Vergleich zu 140 Franken plus X auf Schweizer Grenzseite berappen. Das Zustellen der Feuerwehrzufahrt bei Marktkauf wird von den Einkaufstouristen in Einzelfällen daher mit den Minderausgaben angesichts der Mehrwertsteuerrückerstattung wieder verrechnet. „Einige Autofahrer meinen, den Platz für die Feuerwehrzufahrt einschätzen zu können“, weiß Krauth um verbale Gegenwehr der Falschparker.

Bis zu vier Fotos

In ein klein bedrucktes und 164 Seiten dickes Handbuch mit Codenummern für bestimmte Delikte können die Ortspolizisten Horst Hunzinger und Rainer Rebmann ebenso blicken wie auf ihr Handy, das eine spezielle App enthält, in der die Fälle einfließen. Bis zu vier Fotos schießen sie, um auf der sicheren Seite zu sein. Schließlich gab es auch schon einen Widerspruch eines Falschparkers, der zuvor den Wagen fast komplett im Parkverbot stehen hatte, ihn aber so umparkte, dass nur ein Drittel des Fahrzeugs darin stand – um dann ein „Beweisfoto“ für den Widerspruch zu schießen.

In den Gemeindevollzugsdienst-Bereich fallen Bußgelder in Höhe von zehn bis 55 Euro. Wer die Strafe bezahlt, akzeptiert sie. Wer nicht zahlt, wird zwei Wochen später zur schriftlichen Anhörung aufgefordert. Dann gibt es auch die bekannten Ausreden, dass beispielsweise ein Notfall vorlag. Nur in Ausnahmen ist dies der Fall und der Falschparker muss nicht zahlen. Insgesamt fünf Schreiben, das letzte mit Einschreiben, gehen raus, bis das letzte Mittel greifen kann, die Parkkralle.

Zu zweit unterwegs

Seit November 2015 sind es statt früher einmal zwei insgesamt sechs Mitarbeiter im Gemeindevollzugsdienst, die in der Stadt unterwegs sind – damals alleine, heute nur zu zweit. Eigenschutz und für eine zusätzliche Zeugenaussage sind zwei Gründe. Ein anderer: „Die Leute treten dann ganz anders auf“, bemerkt Hunzinger.

Unterschiede nach Stadtteilen können die Ortspolizisten im Gegensatz zu den Polizeibeamten von Land und Bund nicht feststellen. Friedlingen fällt ihnen nicht negativ auf.

Anders sieht es mit den „Reichsbürgern“ aus, die die Bundesrepublik und ihre Behörden-Vertreter nicht anerkennen. Nur auf „Aussagen zur Sache“ lässt sich der Gemeindevollzugsdienst mit diesen Störern ein.

Bettler im Blick

70 Prozent der Arbeit des Gemeindevollzugsdienstes entfällt auf die Kontrolle des ruhenden Verkehrs, doch die sechs Mitarbeiter haben einen deutlich abwechslungsreicheren Job. Nicht nur Temposünder geraten dabei in den Fokus (Info-Kasten). Verstärkt im Blick sind beispielsweise die Bettler, vor allem die organisierten Banden aus der Gegend um Mulhouse, die Leiden oder Altersgebrechen vortäuschen. Diese werden weggeschickt und gegebenenfalls angezeigt. Im Rahmen der Taschenpfändung wird auch mit Unterstützung der Polizei Geld eingetrieben. Krauth: „Das Bettler-Problem hat sich gebessert, weil wir kontrollieren.“

Vielfältige Aufgaben

Zu den Aufgaben gehört aber auch zu prüfen, ob Veranstaltungsplakate nicht zu lange hängen, gelbe Säcke nicht zu früh vor die Haustür gestellt werden oder wem womöglich illegal abgestellte und abgemeldete Fahrzeuge gehören. Immer häufiger gehen die GVD-Mitarbeiter auch zu Bürgern, deren Post als nicht zustellbar zurückkommt.

Trotz des raueren Tons erledigen die Ortspolizisten ihre Aufgaben noch gerne, versichern sie. „Das Positive ist mehr als das Negative“, erklärt Strohmeier, der stets nach dem Motto verfährt: Wie man in den Wald hinein ruft, so schallt es heraus. Aber leider nicht in allen Fällen, so der Tenor der städtischen Mitarbeiter.

Die wesentlichen Aufgaben des Gemeindevollzugsdienstes in Weil am Rhein sind:

  •  Überwachung des ruhenden Verkehrs
  •  Geschwindigkeitsmessungen
  •  Ermittlungstätigkeiten für die Fachabteilungen der Stadtverwaltung, wie Ermittlungen melderechtlicher Art
  •  Unterstützung bei der Kontrolle von Waffenaufbewahrungen und Gaststätten
  •  Unterstützung der Stadtkasse bei Vollstreckungen (insbesondere mittels Anbringen von Parkkrallen)
  •  Überwachung der Einhaltung der Polizeilichen Umweltschutz-Verordnung, der Sondernutzungen nach dem Straßengesetz, Vorgaben des Gaststättenrechts und des Abfallrechts (zum Beispiel unerlaubte Abfallentsorgung, Bestuhlung im Außenbereich von Gastwirtschaften prüfen)

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