Aggressives Verhalten von Patienten gegenüber Rettungskräften könne eine psychische beziehungsweise eine neurologische Erkrankung, eine psychische Ausnahmesituation, der Entzug oder die Unverträglichkeit von psychotropen Drogen, oft in Verbindung mit Alkohol, als Ursache haben, weiß der Notfallarzt. „Hier hilft nur ein behutsamer Umgang mit dem Patienten und der Versuch, einen Zugang zu ihm zu bekommen.“ Das gelinge nicht immer, womit wiederum alarmierte Polizisten gefragt sind.
Ein aggressives und ablehnendes Grundverhalten von Patienten sieht Volkmer als andere Ursache bei der Gewalt gegen Einsatzkräfte. Auch hier seien oft Alkohol und/oder Drogen im Spiel. So erinnert sich der Weiler Notarzt an einen Mann mittleren Alters, der früher dem Rettungsdienst immer wieder auffiel. Meistens reichten beruhigende Worte, doch einmal demolierte der Mann den Rettungswagen. „In nüchternem Zustand war er ein hilfsbereiter und gutmütiger Zeitgenosse.“
Gegen Aggressivität hilft nur sehr einfühlsames Handeln
In den zurückliegenden Jahrzehnten hat Volkmer viele Erfahrungen gesammelt. „Generell hilft gegen Aggressivität nur sehr einfühlsames Handeln der Einsatzkräfte, sonst eskaliert die Situation meistens.“ In vielen Fällen gehe es schließlich um „Imponiergehabe einer schwachen Persönlichkeit“.
Der erfahrene Weiler Notarzt bemerkt gesamtgesellschaftlich seit zwei Jahrzehnten eine negative Entwicklung. „Die Leute sind egoistischer geworden, denken nur noch an sich und ihren persönlichen Vorteil.“ Durch das Internet sei der Reiz nach schnellem und vermeintlichem Ruhm in den Vordergrund getreten. „Den Leuten geht es einfach zu gut. Nachbarschaftshilfe, gesellschaftlicher Zusammenhalt und gegenseitige Rücksichtnahme und Achtung sind für viele Bürger ein Fremdwort geworden.“ Stattdessen erschöpfe sich deren Kommunikation in SMS, MMS und Videoposts. Unterm Strich stehe eine höhere Aggressivität.
Nur einschneidende Ereignisse könnten die Menschen wohl wieder auf den Boden der Tatsachen bringen, wartet Volker die Corona-Folgewirkungen nun ab.
Zur Person: Dr. Hans-Peter Volkmer (71) ist seit mehr als 20 Jahren leitender Notarzt und seit über vier Jahrzehnten Notarzt im Landkreis Lörrach. Der Mediziner aus Weil am Rhein war Kreisverbandsarzt des DRK Lörrach und langjähriger Taucherarzt des DLRG Weil am Rhein. „Ich kenne praktisch alle Vertreter der Hilfsorganisationen im Landkreis bis zur Bergwacht“, erklärt Volkmer. Dies sei in der Hinsicht positiv, dass man so auf ein großes, eingespieltes Team zurückgreifen könne, wenn es um die Hilfe für Bürger in Not geht. Seine Tätigkeit als Kreisrat ergänzt das gute Netzwerk.