Weil am Rhein Russisches Pathos mit Virtuosität gepaart

Walter Bronner
Gefeierte Solistin im klassisch-russisch geprägten Herbstkonzert der Orchestergesellschaft Weil war Georgiana Pletea in Rachmaninows zweitem Klavierkonzert. Foto: Walter Bronner

Weiler Orchestergesellschaft und Georgiana Pletea begeisterten mit populären Bravourstücken.

Weil am Rhein - Seitdem Franck Nilly als musikalischer Impulsgeber die Orchestergesellschaft Weil am Rhein betreut, zeichnen sich deren Programme durch unkonventionelle Ausflüge an die Peripherie klassisch-romantischer Tonbezirke aus. Das am Wochenende in der Märkter Altrheinhalle zweimal vor zahlreichem Publikum aufgeführte Herbstkonzert entführte diesmal in Russlands Klangwelt des ausgehenden 19. und frühen 20. Jahrhunderts.

Und es begann sogleich mit einem Referenzstück dieses Genres, das auch jenen Musikfreunden vertraut klingt, die es noch nie im Konzertsaal hörten und auch nicht als Tonträger besitzen: Sergej Rachmaninows zweites Klavierkonzert. Schließlich verdankt das über 40 Minuten dauernde c-Moll-Werk mit den markanten acht Glockenschlag-Akkorden zum Auftakt und dem durchgängig variantenreich auftrumpfenden Sehnsuchtsthema seine anhaltende Popularität auch der häufigen Verwendung größerer Passagen als Soundtrack berühmter Hollywood-Filme, unter anderem mit Greta Garbo, Marilyn Monroe und Elisabeth Taylor.

Hier nun erfuhr es eine überzeugende Wiedergabe mit der 1993 in Bukarest geborenen Pianistin Georgiana Pletea. Mit ihr waltete eine Virtuosin am Konzertflügel, die über die für Rachmaninow notwendige Emotionstiefe ebenso souverän verfügt wie über eine traumwandlerisch sichere Fingerakrobatik, mit der sie ihre stupende Vortragskunst je nach Anforderung der Partitur lustvoll in den Vordergrund rückte oder wirkungsvoll in den Klangstrom des Orchesters einbettete.

Offenkundige Spielfreude

Unter Nillys unaufgeregt energischem und präzisem Dirigat musizierte die Orchestergesellschaft in beispielhafter Übereinstimmung mit der Solistin höchst konzentriert, mit offenkundiger Spielfreude und von innerem Feuer beseelt. Dabei setzte der Dirigent auf kräftige Klangkontraste, elegant fließende Harmonien und forsche, aber nicht verhetzte Tempi. Diese Vortragsqualität prägte auch die aparte kleinteilige Stückefolge nach der Pause, beginnend mit der elegischen „Steppenskizze aus Mittelasien“ von Alexander Borodin, die russisches Folkloremelos mit den eigentümlichen Klängen einer morgenländischen Weise kombiniert und mit allmählich in der weiten Steppe verebbendem tonmalerischen Getrappel von Pferden und Kamelen anreichert.

Dem folgte eine liebenswürdige Auslese der schönsten, teilweise mit Harfen- und Violinsoli durchwirkten Passagen aus Pjotr Iljitsch Tschaikowskys „Schwanensee“-Ballett. So die berückenden beiden „Scene“-Nummern des ersten und zweiten Akts , der kecke „Tanz der vier kleinen Schwäne“ und der rasante „Csárdás“ aus dem dritten Akt. Das Finale zelebrierten Nilly und sein Orchester mit dem emotionsbewegten Pas-de-deux-Adagio „Spartakus und Phrygie“, der wohl beliebtesten Nummer aus dem 1956 uraufgeführten voluminösen Ballett „Spartakus“ des sowjetisch-armenischen Komponisten Aram Khatschaturjan.

Als Zugaben reichte das Orchester noch die „Panorama“-Sequenz aus Tschaikowskys „Dornröschen“-Ballett und die Wiederholung einer „Schwanensee-Scene“ nach. Für die ihr zuteil gewordenen Ovationen hatte sich die gefeierte Pianistin schon vor der Pause mit einer aparten Miniatur aus Rachmaninows unerschöpflichen Stücke-Fundus für Klavier solo bedankt.

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