Weil am Rhein Spagat zwischen Richtlinie und Bedürfnis

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Die Besuchsrichtlinien in der Villa Eckert stoßen nicht bei allen auf Verständnis. Foto: Alisa Eßlinger

Lockerungen: Angehörige über Besuche in Villa Eckert / Schwär bezieht Stellung

Weil am Rhein -  Die Besuchszeiten in Krankenhäusern und Pflegeheimen werden seit dem 11. Mai schrittweise gelockert. Doch die individuellen Richtlinien stoßen nicht bei allen Besuchern auf Verständnis. So ist eine Angehörige mit den Regelungen in der Demenz-Wohngemeinschaft Villa Eckert nicht einverstanden: „Sie erschweren nicht nur den Besuch, sondern machen diesen fast unmöglich.“ Damit spricht sie gegenüber unserer Zeitung das Zeitfenster von 14 bis 16 Uhr an. „Das bedeutet, es gibt pro Tag drei Termine für genau eine halbe Stunde. Auf die Woche hochgerechnet sind das insgesamt 21 Besuchsmöglichkeiten für sieben Bewohner“, erklärt sie.

Gerade für berufstätige Menschen sei der nachmittägliche Zeitraum kaum einzurichten. Bei den Angehörigen würde es daher ein „Hauen und Stechen“ geben, um die beliebten Termine am Wochenende zu ergattern. Zudem gelte die Regel: Wer zuerst kommt, mahlt zuerst. Das empfindet die Angehörige als „Unding“: „Wenn jemand es nicht schafft, sich rechtzeitig, um einen Termin zu bemühen, hat er Pech gehabt – das kann doch nicht sein?“

Vor allem bei Menschen, die nur noch wenig Zeit zu leben haben, würden der persönliche Kontakt und die Bewegung fehlen. „Das mindert die Lebensqualität der Angehörigen sowie der Erkrankten, die jetzt schon so viele Wochen massiv beeinträchtigt wurden“, findet sie.

Allgemein verstehe die Angehörige, dass die Beschränkungen und Vorgaben einzuhalten sind – etwa das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes, das Verbot für Fremde, das Haus zu betreten und auch, dass die Spaziergänge auf eine halbe Stunde begrenzt sind. „All das ist im Rahmen der Vorsorgepflicht und der Risikominimierung verständlich und absolut nachvollziehbar“, erklärt sie. Aber: „Laut der aktuellen Landesverordnung von Baden-Württemberg steht jedem Heimbewohner pro Tag ein Besuch zu. Das würde in der Villa allein schon 49 Besuchstermine ausmachen. Angehörigen wäre schon viel geholfen, wenn mehr Termine mit Besuchsmöglichkeiten am Vormittag einzurichten wären“, sagt sie.

Mit angepasstem Konzept

Jedoch sieht der Geschäftsführer der betreuenden katholischen Sozialstation Weil am Rhein, Erich Schwär, keine Möglichkeit, einen vormittäglichen Besuch einzurichten: „Am Morgen findet die Pflege statt und bis alle Bewohner betreut sind, ist meistens bereits Mittagsessenzeit.“ Er fügt hinzu, dass die Besuchszeiten vom Ende des Mittags- bis zum Abendessen um 17 Uhr dauern.

„Wir haben ein Konzept entwickelt, das auf die Bedürfnisse von Bewohnern und auch Mitarbeitern angepasst ist“, berichtet Schwär auf Nachfrage unserer Zeitung. Die Villa Eckert sei ein besonderer Fall, denn es gelten zwei Regelungen: zum einen für den ambulanten Dienst, bei dem die Angehörigen ein Besuchsrecht haben, zum anderen gelten auch die gesetzlichen Bestimmungen der Pflegeheime. „Das ist ein Spagat der schwierig umzusetzen ist.“

Das Sozialministerium habe außerdem den Pflegeheimen eine Ermächtigung gegeben, auch individuelle Abstimmungen vorzunehmen. Dabei versuche man durch das Konzept, Besuche mit Spaziergang zu arrangieren. Außerdem verfüge die Demenz-WG über ein Tablet, das Skype-Gespräche ermöglicht. Für Sterbende gebe es zudem ohnehin Ausnahmeregelungen.

Es komme noch hinzu, dass Demenzpatienten oft die Situation nicht verstehen und die Hygienemaßnahmen nicht einhalten würden. „Unsere Patienten gehören zur Risikogruppe und daher ist mehr Vorsicht geboten“, meint Schwär. Denn es gelte dabei nicht nur, die Hygienemaßnahmen einzuhalten, sondern auch den Besuchsstundenplan zu führen. „Das ist ein erheblicher organisatorischer Aufwand. Vor allem auch, weil uns die ehrenamtlichen Helfer fehlen.“

Der Geschäftsführer verstehe, dass das eine schwierige Situation für Angehörige und Bewohner sei. Dennoch: „Wir sind auch für die Bewohner da und versuchen, den fehlenden Kontakt zu ersetzten. Natürlich gelingt uns das nicht zu 100 Prozent, aber es ist nun mal eine Ausnahmesituation, bei der alle gefordert sind.“

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