Weil am Rhein Starker Einsatz für die Obstbauern

Siegfried Feuchter
Obstbaumeister Max Hagin aus Haltingen, unter anderem Vorsitzender der Obstregion Süd und des Kreisobst- und Gartenverbands, setzt sich auf mehreren Ebenen für die Interessen der Obstbauern ein. Foto: Siegfried Feuchter

Max Hagin, Vorsitzender der Obstregion Süd und des Kreisobst- und Gartenbauverbands Lörrach, zieht Bilanz.

Mit der Erdbeerernte fängt die Obstsaison im Mai an, mit der Apfelernte im Oktober endet sie. Arbeit gibt es jedoch für die Obstbauern das ganze Jahr über wie Bäume schneiden, kranke roden, neue anpflanzen und einiges mehr. Max Hagin vom gleichnamigen Haltinger Obst- und Kürbishof, der 23 Hektar bewirtschaftet, davon 15 Hektar Sonderkulturen (Obst, Wein, Gemüse), gehört auch dem Vorstand des Landesverbands Erwerbsobstbau (LVEO) in Stuttgart an. Seine ehrenamtlichen Aufgaben als kompetenter und engagierter Interessensvertreter der Obstbauern machen ihm Spaß, wenngleich, wie er sagt, man mitunter gegenüber der Politik dicke Bretter bohren müsse und immer wieder durch neue Ideen und Vorgaben, vor allem in den Bereichen Pflanzenschutz und Mindestlohn, überrascht werde. Doch der 34-Jährige ist keiner, der schnell aufgibt, sondern beharrlich an den drängenden Problemen dran ist und dazu beitragen will, sie über Verein und Landesverband lösungsorientiert und gemeinschaftlich abzuarbeiten.

Differenzierte Erntebilanz

Unterschiedlich, doch unterm Strich zufriedenstellend fällt die Erntebilanz aus. „Bei den Erdbeeren gab es zwar einen guten Mengenertrag, doch die Nachfrage war gegenüber dem Vorjahr schwächer“. sagt der Obstbaufachmann und führt die Kaufzurückhaltung vor allem auf die hohe Inflation zurück. Die Kirschenernte im Markgräflerland bezeichnet Hagin als zufriedenstellend, während die der Johannisbeeren durchschnittlich ausgefallen sei. Zwetschgen und Birnen dagegen seien in Qualität und Quantität gut gewesen.

Die noch in der Endphase sich befindliche Apfelernte wird hinter den Erwartungen zurückbleiben. Mit 40 Prozent weniger Menge rechnet der Vorsitzende. Frost während der Blüte bei Äpfeln sowie regionale Hagel- und Unwetterschäden sind Gründe dafür. Zudem hätten lang anhaltende Trockenheit und Hitze den Äpfeln zugesetzt. Auch hat sich laut Hagin die alte Regel bestätigt: „Auf ein starkes Jahr folgt ein schwaches.“ Und 2022 war ein „sehr gutes Apfeljahr“.

Die Haltinger Obstbauern setzen auf Direktvermarktung. „Wir sind noch die einzigen am Ort, die ihr Tafelobst an den Obstgroßmarkt abliefern“, sagt Max Hagin mit dem Hinweis, dass sich der Betrieb habe zertifizieren lassen müssen, weil die die Preise diktierenden großen Handelsunternehmen dies fordern.

Streuobstwiesen, so wie sie auch am Tüllinger Berg anzutreffen sind, werden landauf, landab immer weniger. Der Obstfachmann bedauert diese Entwicklung zwar auch, doch stellt er fest: „Wenn eine wirtschaftliche Nutzung der Flächen nicht mehr möglich ist, dann ist verständlicherweise kein Interesse am Bewirtschaften von Streuobstwiesen vorhanden.“ Hinzu komme, dass viele Streuobstbäume überaltert seien. Die Förderung zur Intensivierung von Streuobst reiche bei weitem nicht aus, um die Kosten zu decken.

Explodierende Kosten

Auch im Obstanbau macht sich der Klimawandel bemerkbar. Vermehrte Frühjahrsfröste und Trockenheit wirken sich nicht positiv aus.

Als größte Herausforderung für den Obstbau bezeichnet Max Hagin aber „die explodierenden Kosten“, vor allem verursacht durch gestiegene Mindestlöhne. Und diese Kosten könne man nicht in dem Maß weitergeben, wie es erforderlich wäre. Einschließlich aller Lohnnebenkosten, so rechnet der 34-Jährige vor, müsse ein Betrieb nämlich 18 Euro pro Stunde für einen Mitarbeiter aufwenden. Hinzu komme, dass es für die Landwirtschaftsbetriebe immer schwieriger werde, gute Saisonarbeiter aus Rumänien, Bulgarien oder Polen zu bekommen. Denn viele bleiben nach mehrjähriger Saisontätigkeit in ihrer Heimat und bauen sich dort einen eigenen Betrieb auf. Hagin, der auch etwas Rumänisch spricht, hat während der Hochsaison von Kirschen und Erdbeeren sechs rumänische Arbeiter beschäftigt.

„Ohne Pflanzenschutz geht es nicht“

„Die politischen Rahmenbedingungen sind für die Landwirtschaft schwieriger geworden“, stellt der Haltinger Obstbaumeister fest. Das Volksbegehren „Rettet die Biene“ frustriere viele Landwirte, die sich grundsätzlich für den Erhalt der Artenvielfalt und der einmaligen Kulturlandschaft sowie die Produktion von regionalem Obst einsetzen würden. Während die Bundesregierung zum Beispiel das Pflanzenschutzmittel Glyphosat ab 2024 verbieten will, will die EU-Kommission den Wirkstoff für weitere zehn Jahre genehmigen. Hagin hofft, dass „das beste Pflanzenschutzmittel“ erhalten bleibt. Alternativen seien arbeits- und kostenintensiv und zudem der Biodiversität nicht zuträglich.

„Pflanzenschutz ist ein sehr komplexes Thema und noch eine riesige Baustelle. Ohne Pflanzenschutz, ob konventionell oder biologisch, funktioniert der Obstbau nicht. Das Überleben der Betriebe hängt davon ab. Denn ohne Spritzmittel könnten sich Pilze, Krankheiten und schädliche Insekten ausbreiten“, betont der Vorsitzende der Obstregion Süd, die für rund 2900 Hektar Obstbau im Dreiländereck, Markgräflerland, Kaiserstuhl, Oberrheingebiet und bis ins Baselbiet hinein steht. Für den nach vorne blickenden Obstbaumeister ist es selbstverständlich, sich weiterhin über die Verbandsschiene für tragbare Lösungen im Interesse von Landwirtschaft, Umwelt und Natur sowie Nachhaltigkeit stark zu machen.

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