Weil am Rhein Stimmung ist sehr unterschiedlich

Weiler Zeitung
Aus den Auszählungen ging die SPD in Weil am Rhein als Wahlgewinner hervor. Foto: Fotos: Marco Fraune/zVg

Bundestagswahl: SPD setzt auf „Ampel“ / CDU und FDP für „Jamaika“ / Grünen-Chef hadert mit Partei

Weil am Rhein ist wieder Rot: Jubelstimmung bei den Sozialdemokraten, Ernüchterung bei den Christdemokraten, Grüne sowie FDP wissen um die schwierige Koalitionsbildung. Eine Umfrage unserer Zeitung unter den Weiler Parteivertretern liefert ein Stimmungsbild am Tag nach der Wahl.

Von Marco Fraune.

Weil am Rhein. Doch nach dem Urnengang ist vor den Koalitionsgesprächen, wird direkt deutlich.

Sozialdemokraten feiern

Stolz und glücklich über das Wahlergebnis seiner SPD ist der Weiler Ortsvereinsvorsitzende Markus Langhans. Gefeiert werden konnte am Sonntagabend im „Badischen Hof“, dass die Partei sowohl bei den Erst- als auch bei den Zweitstimmen vor der CDU landete. „Absolute Jubelstimmung“ habe geherrscht. „Wir sind begeistert.“

Der SPD-Ortsverein Weil am Rhein und Haltingen hat laut dem Vorsitzenden im Wahlkampf große Präsenz gezeigt und sei nah am Bürger gewesen. An den Wahlständen habe auch eine „wahnsinnig positive Stimmung“ geherrscht. „Der Ortsverein ist richtig stolz darauf.“

Für die Weiler Sozialdemokraten erhofft sich Langhans, dass nun das Tal der Tränen durchschritten ist. Gleichzeitig weiß er um die starke Personalisierung im Wahlkampf und um Olaf Scholz, mit dem gepunktet wurde. Zugleich freut den Weiler, dass der eigene Direktkandidat es auch noch in den Bundestag geschafft hat.

Langhans sieht als einzige Koalitionsoption in Berlin die Ampel mit SPD, Grünen und FDP. „Eine Große Koalition brauchen wir nicht mehr.“ Da die SPD die stärkste Partei im Bundestag geworden sei, gebiete es auch der Respekt vor den Wählern, dies so umzusetzen. Es gebe aber interessante Koalitionsgespräche vor allem mit der FDP. „Nun ist die Detailarbeit von der Politik in Berlin gefragt.“ Die Sozialdemokraten dürften aber nicht zu große Abstriche machen und den Liberalen zu sehr entgegenkommen. Als Beispiel verweist Langhans auf die Finanzpolitik, bei der man nicht zu stark einknicken soll. Hohe Gewinne von Spitzenverdienern müssten an den Staat und die Solidargemeinschaft weitergegeben werden. „Die Blase sollte fairer verteilt werden“, und dafür stehe Olaf Scholz.

CDU hofft noch

Hoffnung, dass die CDU mit Armin Laschet doch noch den Kanzler stellt, hegt der heimische Ortsverbands-Vorsitzende Günter Dußmann. In Weil setzt man auf eine Jamaika-Koalition mit CDU, Grüne und FDP. „Es ist immer besser, wenn man mitregiert, als wenn man versucht, aus der Opposition heraus mitzusteuern.“ Man sei den CDU-Wählern verpflichtet und liege auch fast gleichauf mit der SPD.

Keinen Hehl hatte Dußmann aber schon in der Vergangenheit daraus gemacht, dass er lieber Friedrich Merz als Kanzlerkandidaten gesehen hätte. „Aber es ist so entschieden worden“ – und Laschet sei der Kandidat. „Es gibt auch viele gute Köpfe um ihn herum.“

Als Kraftakt erwies sich in Weil am Rhein, Diana Stöcker als Nachfolgerin des vorherigen Direktmandats-Trägers Armin Schuster kurzfristig bekannt zu machen. „Es war fast nicht zu schaffen, aber wir haben es geschafft“, spricht er von einer „stolzen Nummer“.

Schwierig sei wegen der Pandemie auch gewesen, in direkten Kontakt mit den Bürgern zu kommen. „Wir hätten uns ein besseres Ergebnis gewünscht“, weiß Dußmann darum, dass die SPD in Weil sowohl bei den Erst- als auch den Zweitstimmen die Nase vorn hatte. Doch schon vor vier Jahren seien weniger Prozente herausgekommen. „Den Negativtrend haben wird aber offenbar gestoppt“, blickt Dußmann auf zwischenzeitlich noch schlechtere Wahlprognosen.

Für die Zukunft gelte es, auch vor Ort unter anderem deutlich zu machen, dass auch die CDU nicht nur grüne Aspekte im Programm stehen habe, sondern bereits grün handele. „Ich als Schwarzer bin grüner als einige Grüne“, blickt er auf die Nutzung von regenerativer Energie. Schon vor einem Jahr habe er eine E- oder Wasserstoff-Tankstelle als Projekt für Weil am Rhein ins Gespräch gebracht.

Grüner kritisiert Grüne

Neben der CDU hätten die Grünen die schlechteste Performance im Wahlkampf abgeliefert, geht Grünen-Ortsverbands-Chef Thomas Bayer mit der eigenen Partei hart ins Gericht. Spitzenkandidatin Annalena Baerbock habe jeden Bock geschossen, den es zu schießen gebe. Bundespolitisch habe man sich drei bis vier Prozent mehr erhofft.

„Die Grünen schaffen es aber immer, kurz vor der Wahl die alten Schinken herauszuholen“, versteht Bayer die Thematisierung von teurerem Flugbenzin und Mehrkosten für Autofahrer nicht. Damit könne man nicht punkten.

An den Weiler Wahlständen sei zudem die Sorge vor Rot-Grün-Rot deutlich geworden. „Die SPD hatte einen jungen, dynamischen Mann, der unglaublich gut ankam“, und der eine gute Performance hingelegt habe, bemerkt der Grünen-Chef auch hier Gegenwind. Der eigene Kandidat, Gerhard Zickenheiner, habe unter anderem mit einer Fahrradtour oder auch mit einer Baum-Aktion zu punkten versucht. Doch der deutliche Altersunterschied zum SPD-Kandidaten habe sich bei Jungwählern dann offenbar negativ für die Grünen ausgewirkt.

Auf Bundesebene werden laut Bayers Erwartung die Grünen aber ein ganz großes Wort bei der Regierungsbildung mitreden. „Wir müssen mit der FDP gucken, wo überhaupt Schnittmengen sind.“ Er selbst favorisiere eine Jamaika-Koalition ohne Laschet, daher müsse es wohl die Ampel werden.

Liberale vollauf zufrieden

FDP-Gemeinderat Wolfgang Roth-Greiner erkennt für die Liberalen durchweg Zufriedenheit und Freude angesichts eines guten Ergebnisses. Dieses sei vor allem dem Parteichef Christian Lindner zuzuschreiben, der ein überzeugendes Wahlprogramm zu verantworten habe. Obwohl sich die öffentliche Darstellung auf die drei Kanzlerkandidaten-Parteien konzentriert hätten, habe die FDP punkten können. In Weil am Rhein sei passend plakatiert worden und mit fünf Wahl-Ständen auch große Präsenz gezeigt worden.

Der FDP-Bundestagsabgeordnete Christoph Hoffmann habe sich in Berlin in seinem Fachgebiet auch stark eingesetzt und werde nun weiter ein guter Vertreter der Region dort sein. „Er war überall präsent und hat sich verdient gemacht.“

Nun gelte es bei den Koalitionsgesprächen so viele Programmpunkte wie möglich zu realisieren, wobei auch Kompromisse gemacht werden müssten. „Die Vernunft muss walten.“ Die Wunschkoalition von Roth-Greiner ist Jamaika.

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