Weil am Rhein Unendliches am Ende der Welt

Weiler Zeitung

Fotografie: Max Galli stellt im Underground Frei Raum für Kunst aus / Rolf Frei zeigt London 1968

Von Gabriele Hauger

Weil-Haltingen. Zwei, die sich verstehen, die seit Jahrzehnten hinter der Kamera arbeiten: Mit Geduld, Begeisterung, mit sicherem Blick und Gespür. Die beiden Fotografen Rolf Frei, „Hausherr“ in der Haltinger Galerie Underground, und der Freiburger Fotograf Max Galli stellen nun gemeinsam aus, wobei der Schwerpunkt auf Gallis Arbeiten liegt. „Finis Terrae“, Ende der Welt, nennt er seine Werkpräsentation in den atmosphärischen Kellerräumen der Galerie.

Einige Jahre arbeitete er bei Rolf Frei im Fotostudio, dort lernten sich beide kennen und schätzen. Galli merkte indes bald „Werbefotografie ist nicht meine Welt.“ Er wechselte zur journalistischen Fotografie, später zu Beobachtungen in der Landschaft und Porträts, gab rund 100 Bildbände heraus. Reise- und Architekturfotografie waren sein Metier. In einer noch analogen Welt ließ er sich Zeit zur Motivsuche, verbrachte schon mal sieben Tage an einem Ort, dem Wechsel der Stimmungen, des Lichts, der Atmosphäre nachspürend. In der heutigen schnellen, digitalen Welt unvorstellbar.

Vor allem der Norden hat es Galli angetan. Das passt auch zu seiner ruhigen, nachdenklichen Art. Hier fand er viele seiner im Underground gezeigten Fotoarbeiten. Wo und was genau auf den Fotografien zu sehen ist, sei gar nicht wichtig. Es geht ihm um Ausdruck, Konzeption, Linienführung, Horizonte, Kontraste. So kreiert Galli ganz wunderbare Bilder, die zuweilen an Malerei erinnern.

Aus dem Flugzeug hat er mit seiner Kamera gewaltige Bergstrukturen festgehalten, am oberen Bildrand ist ein Stausee, eine Mauer erkennbar, das einzige Zeichen menschlicher Existenz. Schnee und Gestein bilden ein Wechselspiel, blank und funkelnd, dazu nur Himmel und der künstliche Beton.

Nordwärts unterwegs mit einem Freund war er, erzählt Galli. Auf einer Fotoarbeit führt eine schneebedeckte Straße durch dunkle Wälder in die dämmrige Unendlichkeit. Ein wenig melancholisch wirken diese Impressionen. Ebenso wie die Serie aus Spitzbergen. Galli begleitete einen Journalisten in eine verlassene Bergarbeiterstadt. Einst wurde nach Kohle gegraben, lebten hier viele Menschen. Der Fotograf richtet den Blick auf diese Vergänglichkeit: Aufnahmen durch ein verwittertes Fenster mit Blick auf Baracken; wie ein Stillleben wirkt eine aufgrund der Kälte immer noch halb gefüllte Wasserflasche, in der seit zehn Jahren wie mumifiziert eine Pflanze steht. Beim Betrachten dieser Bilder werden Assoziationen wach: Was bleibt, wenn der Mensch geht?

Faszinierend auch die Fotografie, die die Einladungskarte ziert: wieder aus der Vogelperspektive blicken wir auf die isländische Küste. Das großformatige Bild besticht durch seinen scharfen Kontrast: die weiße Brandung, die hälftig das Bild beherrscht und auf dunkles Gestein trifft. Galli packt hier nur weniges, dafür um so wirkungsvoller in seine Arbeit: Wasser, Sand, bedeckter Himmel, dunkle Erde.

Geradezu abstrakt zeigt er an anderer Stelle strukturierte Gletscherbilder oder die Detailaufnahme einer Gletscherspalte – wie groß welche Objekte sind, verschwimmt, bleibt im Unklaren. Es geht um Wirkung und Stimmung.

Ein mäanderndes riesiges Flussbett, weiße Ströme durch Lavagestein, die sich ihre Bahn suchen, ein steter Wandel, ohne begradigende Einflüsse des Menschen, gnadenlos schön. Daneben eine ausgeräumte hiesige Kulturlandschaft, die an einen schnurgeraden Kanal grenzt: eine Dualität, faszinierend und schrecklich zugleich.

Ins pralle, Hippie geprägte London geht es mit den schwarz-weiß-Aufnahmen Rolf Freis im Obergeschoss. Fotografien, die heute so nicht mehr möglich wären. Mit einem Weitwinkelobjektiv war Frei als junger Mann 1968 auf den Straßen der Stadt unterwegs. Wir sehen Demonstranten, die Schilder hochhalten, junge Mamas im Minirock, die als Frau nicht ins Pub dürfen und ihr Bier draußen trinken müssen, ein Metzger mit blutverschmierter Schürze und typisch britische Szenen mit Hund und Hyde Park Corner. 22 authentische Geschichten, Ansichten einer Zeit, in der es noch kein Dauer Handy-Geknipse gab.   Künstlergespräch: 23. April, 19.30 Uhr

Umfrage

Bargeld

Die FDP fordert Änderungen beim Bürgergeld. Unter anderem verlangt sie schärfere Sanktionen. Was halten Sie davon?

Ergebnis anzeigen
loading