Weil am Rhein „Unsichere Lage geht an die Nieren“

Siegfried Feuchter
Thomas Harms, Vorsitzender der Kinderhilfe KiHeV (vorne), steht wöchentlich in Kontakt mit der Klinik. Archivfoto: zVg Quelle: Unbekannt

Interview: Apotheker Thomas Harms engagiert sich seit 30 Jahren mit viel Einsatz für die Kinderhilfe KiHeV

Seit 30 Jahren engagiert sich Thomas Harms als Vorsitzender der Kinderhilfe Kiew (KiHeV) für eine Klinik in der Ukraine. In dieser werden Menschen und vor allem viele Kinder behandelt, die als Folge der Tschernobyl-Katastrophe Strahlenschäden erlitten haben und bis heute darunter leiden. Der Weiler Apotheker, der wöchentlich in Kontakt mit der Klinik steht und die Angst der Menschen vor einem Konflikt mit Russland mitbekommt, hofft wie alle, dass der drohende Krieg noch verhindert werden kann.

Von Siegfried Feuchter

Weil am Rhein. Über den Weiler Verein sammelt der Inhaber der Apotheke am Rathaus und langjährige Stadtrat seit drei Jahrzehnten dringend benötigte Hilfsgüter für das Strahlenforschungszentrum, vor allem medizinische Geräte, Medikamente und Diagnostika, Reagenzien, Computer, Laptops und Untersuchungsmaterialien, sowie Geld für deren Anschaffung.

Dabei steuert Harms selbst einiges bei und besucht in der Regel zwei- bis dreimal im Jahr auf eigene Kosten die Klinik, die die Hilfe aus Weil sehr zu schätzen weiß. Der KiHeV-Vorsitzende sorgt auch dafür, dass die Spenden direkt ankommen und sinnvoll eingesetzt werden.

Wie angespannt gerade in diesen Tagen die Lage in der Ukraine ist, in der die Angst vor einer russischen Invasion zunehmend wächst, schildert Harms im Gespräch mit unserer Zeitung. Dabei verdeutlicht er auch, wie dringend notwendig weitere Hilfe für die Klinik ist.

Frage: Der Ukraine-Konflikt hält die Welt in Atem. Stehen Sie derzeit in Kontakt mit der Klinik und dem Forschungszentrum in Kiew?

Natürlich, ich telefoniere wöchentlich mit der Klinikleitung. Mich interessiert, was aktuell passiert, wie die Lage ist und welche Hilfe die Klinik benötigt, in der jährlich mehr als 700 Kinder aus der gesamten Ukraine behandelt werden, die an den Folgen der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl leiden. Ich war im vergangenen Herbst zum letzten Mal in Kiew. Wegen Corona traue ich mich derzeit nicht, in die Ukraine zu reisen. Ich hoffe jedoch wie alle jetzt, dass es keinen Krieg gibt. Das wäre schlimm.

Frage: Wie angespannt ist die Situation der Menschen dort wegen der akuten Kriegsgefahr?

Die unsichere Lage und die Kriegsgefahr gehen an die Nieren und beschäftigen die Menschen natürlich sehr. Trotz allem, so habe ich aus meinen Gesprächen den Eindruck, sind die Menschen noch relativ ruhig. Sie warten und hoffen halt, dass es letztlich nicht zum befürchteten Krieg kommt. Aber Anspannung und seelische Belastung sind schon groß. Der Klinik machen auch die Corona-Pandemie und die klammen Finanzen zu schaffen.

Frage: Also ist die Hilfe aus Weil am Rhein nach wie vor notwendig?

In jedem Fall. Dringender denn je ist die medizinische Versorgung für die Menschen, die sich nicht selbst helfen können. Und staatliche Unterstützungsleistungen für die Klinik sind weggebrochen. Weil nämlich an der Klinik neben der medizinischen Versorgung der Strahlenopfer außerdem zu den Auswirkungen der Radioaktivität geforscht wird, gibt es groteskerweise weniger Geld.

Frage: Wie kommen medizinische Hilfsgüter aus Weil am Rhein nach Kiew, wenn Sie derzeit nicht selbst dorthin reisen können?

Ich arbeite mit der Freiburger Hilfsorganisation „S’Einlädeli“ zusammen, die sich auch für Hilfsprojekte in der Ukraine engagiert. Wenn ich wieder Hilfsgüter beisammen habe, nimmt „S’Einlädeli“ diese mit und bringt sie direkt zur Klinik. Das funktioniert gut. Ich hoffe aber, dass ich bald wieder selbst nach Kiew fliegen kann.

Frage: Sie engagieren sich als Vorsitzender der Kinderhilfe KiHev seit drei Jahrzehnten außerordentlich und spenden selbst jährlich einiges an Geld für die gute Sache. Ist die Not in den vergangenen Jahren größer geworden?

Sie ist gleichbleibend groß. Es fehlt einfach an vielem. Beispielsweise müssen auch Computer und medizinische Geräte, die wir im Laufe der Jahre gespendet haben, altersbedingt durch neue ersetzt werden. Hilfe ist also immer notwendig.

Frage: Und wie steht es mit der Hilfsbereitschaft für KiHeV?

Die ist stets um die Weihnachtszeit gut. Denn da kommen alle, die schon immer KiHeV unterstützt haben, und spenden. Und wenn Berichte über KiHeV in der Presse stehen, erinnern sich wieder manche Leute an unseren Verein und unterstützen unsere Arbeit. Dafür bin ich immer dankbar. Beachtlich war, als wir im vergangenen Sommer der Klinik 30 000 Euro für die Anschaffung notwendiger Utensilien übergeben konnten. Einen größeren Teil der Spendensumme habe ich selbst beigesteuert.

Frage: Sie werden dieses Jahr 76 Jahre alt und stellen sich mit vorbildlichem sozialen Einsatz seit 30 Jahren in den Dienst der Strahlenklinik. Wie lange machen Sie noch weiter?

So lange es meine Gesundheit erlaubt. Ich bin jedenfalls nach wie vor motiviert, überhaupt nicht müde und engagiere mich weiter, zumal die Verbindungen zu den Verantwortlichen der Klinik und den Ärzten in all den Jahren eng geworden sind. Man kennt und schätzt sich. Ein Ende der Unterstützung ist nicht in Sicht. Und ich hoffe, dass meine Tochter, ebenfalls Apothekerin, in meine Fußstapfen tritt und mein Lebenswerk, Apotheke und KiHeV, fortführen wird.

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