Wie der Name besagt: Touristen. Man hält Gottesdienste, lädt zum Kirchenkaffee sowie zu Gesprächen und Veranstaltungen ein und ist Ansprechpartner in allen seelsorgerischen Fragen.
Frage: Hatten Sie den Wechsel nach Weil am Rhein einmal bereut?
Nein, überhaupt nicht. Das war die richtige Entscheidung. Im siebten Jahr meiner Tätigkeit auf den Kanaren hatte ich mich schon um eine frei werdende Stelle zwischen Basel und Freiburg bemüht. Ich wollte wieder in meine alte Heimat zurück, denn ich bin bekanntlich in Rheinweiler aufgewachsen, dort steht mein Elternhaus. Ich hatte mir ein paar Stellen angesehen, die in Weil am Rhein hat gepasst.
Frage: Was hat Sie am Pfarrerberuf gereizt?
Die Seelsorge im Zusammenhang mit den Kasualien Taufe, Trauungen und Beerdigungen sowie die Begegnung mit den Menschen standen bei mir immer im Mittelpunkt. Schon während meines Theologiestudiums rückte die Seelsorge in den Mittelpunkt. Darüber hinaus hatte ich die Möglichkeit, in Heidelberg noch drei Semester Sozialarbeit zu studieren und später eine berufsbegleitende Grundausbildung in Themenzentrierter Interaktion (TZI) zu machen.
Frage: Was ist darunter zu verstehen?
Die Themenzentrierte Interaktion ist ein Konzept zur Arbeit in Gruppen. Ziel sind soziales Lernen und persönliche Entwicklung. Man beobachtet, wie Einflüsse von außen auf Menschen wirken. Es werden auch Gruppen therapeutisch geführt, ohne dass jemand etwas davon merkt. Das ist eine außerordentlich spannende Geschichte. Bei meiner ersten Pfarrstelle in Weinheim war ich zu einem Drittel auch in einem Kreispflegeheim tätig. Zugute kam mir während meiner beruflichen Arbeit auch mein fünf Semester dauerndes Masterstudium in Supervision an der evangelischen Hochschule in Freiburg, das ich vor zweieinhalb Jahren abschloss.
Frage: Erklären Sie doch bitte mal kurz den Begriff Supervision.
Das ist ein spezifisches Beratungsformat. Es geht um Beratung von Menschen und Gruppen, die Probleme haben und Konflikte lösen müssen. Da kann man Hilfestellung leisten.
Frage: Fast zehn Jahre waren Sie in der Johannesgemeinde tätig. Was bleibt, was nehmen Sie mit?
Was mir vor allem gut getan hat in den zurückliegenden Jahren war die hervorragende Zusammenarbeit mit Pfarrer Michael Hoffmann und mit dem super guten Pfarrbüro-Team. Davon habe ich profitiert, das hat viel Spaß gemacht.
Frage: Die Umstrukturierung der evangelischen Kirchengemeinde mit dem zentralen Pfarramtsbüro in Alt-Weil hat sich also bewährt.
In jedem Fall. Das hat auch dazu beigetragen, dass ich jetzt in den Ruhestand gehen kann, ohne eine Riesenlücke zu hinterlassen. Und die Johanneskirche wird mit jungen Leuten besetzt. Die evangelische Kirchengemeinde Weil erlebt nun neue Facetten und hat eine große Chance.
Frage: Von wem ging der Impuls zu dieser jungen Kirche aus? Hat die Landeskirche darauf gedrungen?
Überhaupt nicht, das war unsere eigene Entscheidung. Bei einer Visitation vor etwa zweieinhalb Jahren war uns klar geworden, dass es unsinnig ist, drei Kirchen im Abstand von zwei, drei Kilometern Luftlinie zu haben, die alle dasselbe Programm anbieten. Und keine dieser Kirchen bot ein gezieltes Programm für die Jugend. Deshalb beschloss der Ältestenkreis der Johannesgemeinde, dass das neue Gemeindehaus mit Johanneskirche ein besonderes Profil haben muss, das auf die Jugend und junge Familien zugeschnitten ist.
Frage: Die Gesellschaft verändert sich. Wie kann und muss ein Pfarrer darauf reagieren?
Die Kirche verliert leider an Relevanz. Wie wir als Pfarrer damit umgehen können, ist keine einfache Aufgabe. Mit unserem neuen Konzept der jungen Kirche in der Johannesgemeinde reagieren wir zum Beispiel angemessen auf den gesellschaftlichen Wandel.
Frage: Immer mehr Leute kehren der Kirche den Rücken und treten aus. Woran liegt’s?
So viele Leute sind es gar nicht, die bei der evangelischen Kirche in Weil austreten. Wir haben Austritte, aber auch Eintritte – sogar von früheren Katholiken. Weil am Rhein hat den Vorteil, dass die Stadt Zuzugsgemeinde ist, weshalb wir als Kirchengemeinde nicht so viele Mitglieder verlieren wie andere.
Frage: Wie kann der Entwicklung entgegengewirkt werden?
Wir müssen verstärkt auf junge Menschen zugehen. Nur jammern, dass sich zu wenig junge Leute in und für die Kirche engagieren, hilft nicht weiter. Deshalb ist unser eingeschlagener Weg mit dem neuen Konzept und der Kooperation mit dem CVJM genau der richtige. Wir müssen junge Leute begeistern.
Frage: Was kann die Kirche leisten und den Menschen geben?
Begleitung in außerordentlichen Lebenssituationen ist besonders wichtig. Ebenso muss die junge Generation Heimat in der Kirche finden können.
Frage: In Kürze beginnt der neue Lebensabschnitt für Sie. Sind Sie darauf vorbereitet?
Ja. Mit dem Masterstudium Supervision habe ich den Weg dazu geebnet. Wenn ich als Pensionär etwas mache, dann soll es etwas anderes sein als Pfarrertätigkeit. Ich will also keinen Vertretungsdienst übernehmen, vielmehr mache ich einen Schnitt.
Wenn ich mich dem Thema Supervision widme, dann ist das losgelöst von der Kirche. Coaching in Konfliktsituationen und Hilfe bei der beruflichen Lebensplanung lassen sich in vielen anderen Bereichen anwenden.
Frage: Also wird man Sie künftig nicht vertretungsweise auf einer Kanzel in einer Markgräfler Kirche erleben?
Nein. Am 10. März halte ich meinen letzten Gottesdienst, und bereits einen Tag später fliege ich mit meiner Frau nach Kalifornien zu unserer Tochter. Sie lebt dort. Im Garten ihres Hauses habe ich sie und ihren Mann getraut. Zwei Monate werden wir dort zubringen. Auch werde ich künftig zusammen mit meiner Frau verstärkt meiner Leidenschaft fürs Radfahren frönen. Wir haben uns extra Räder für lange Touren zugelegt – keine E-Bikes. Aber als erstes werden wir am Nordseelauf gegen Gewalt teilnehmen, den die EKD und der Bremer Tourismusverband veranstalten. Auch der Jakobsweg reizt mich.
Frage: Sie machen einen fitten, sportlichen Eindruck.
Ich tue auch etwas dafür. Ein- bis zweimal in der Woche jogge ich den Hüninger Kanal entlang. Das sind jedes Mal zwölf Kilometer. Und dann fahre ich, wann immer es geht, mit dem Fahrrad. Mein Traum ist es, einmal mit dem Velo nach Taizé zu fahren.
Frage: Bleiben Sie in Friedlingen wohnen?
Ja, wir fühlen uns wohl hier. Wir haben eine super Nachbarschaft, auch die Atmosphäre in Friedlingen finde ich gut. Die Nähe zum Rhein, wo man an der Rheinpromenade die französische Lebensart genießen kann, und zu Basel sowie die Tram vor der Tür sind Pluspunkte. Man ist schnell im Theater und im Musical.
Frage: Was wünschen Sie der Kirchengemeinde Weil und der Johannesgemeinde im Besonderen?
Dass die drei Kirchtürme noch mehr zusammenrücken. Sie haben, wie schon gesagt, durch das neue Konzept eine große Chance und positive Perspektiven. Deshalb kann ich beruhigt und gelassen in den Ruhestand gehen.