Weil am Rhein „Verdrängungswettbewerb nimmt zu“

Weiler Zeitung
Centermanager Günther Merz Foto: Siegfried Feuchter Foto: Weiler Zeitung

Interview: Centermanager Merz zur sich verändernden Handelslandschaft / Weniger Einkaufstouristen

Der Erfolg des Rhein-Centers ist auch eng mit dem Centermanager Günther Merz verbunden, der seit fast 20 Jahren das Einkaufszentrum leitet. Die Besucher kommen zu 50 Prozent aus der Schweiz sowie zu je 25 Prozent aus Deutschland und Frankreich.

Von Siegfried Feuchter

Weil am Rhein. Das Rhein-Center boomt zwar nach wie vor und lockt an starken Tagen bis zu 30 000 Kunden an, doch die Zahl der Schweizer Einkaufstouristen ist leicht rückläufig. Unsere Zeitung sprach mit Centermanager Günther Merz über die Entwicklung, die bevorstehende Konkurrenz durch neue Center und die sich verändernde Handelslandschaft.

Frage: Das Rhein-Center lebt zu einem wesentlichen Teil vom Einkaufstourismus. Nun sind aber seit einiger Zeit die sogenannten grünen Zettel, also die Ausfuhrbescheinigungen, rückläufig. Kommen tatsächlich weniger Schweizer zum Einkaufen?

Ja, man spürt es schon. Der Schweizer Handel hat seine Preise für Konsumenten gesenkt. Große Konzerne wie Nestle und Unilever bieten dem Lebensmittelhandel bessere Konditionen an, weshalb sich die Schweizer Preise immer stärker den deutschen annähern.

Frage: Wie groß sind die Umsatzrückgänge im Rhein-Center?

Zwischen fünf und zehn Prozent. Da ich dem Handelsausschuss der IHK Hochrhein-Bodensee angehöre, weiß ich, dass fast alle Geschäfte zwischen Weil am Rhein und Konstanz Einbußen im Einkaufstourismus hinnehmen müssen.

Frage: Gilt das nur für die Lebensmittelbranche?

Nein. Die Umsatzrückgänge in der Textilbranche beispielsweise sind teilweise noch höher, was vor allem auf den Online-Handel zurückzuführen ist. Hinzu kommt eine Übersättigung der Konsumenten und ein Wertewandel im Textilbereich.

Frage: Was meinen Sie damit?

War bis vor noch nicht so langer Zeit im Business dunkler Anzug und Krawatte an der Tagesordnung, so ist heute eine zeitgemäße Lockerheit in der Wirtschaft und Politik beim Dresscode zu beobachten. Die Folge ist eine sinkende Nachfrage – nicht nur nach Krawatten und Anzügen. Gleichzeitig entstehen aber mehr Handelsflächen. Logischerweise kommt es dadurch zu Umsatzrückgängen. Ich denke, dass sich diese Entwicklung noch verstärken wird.

Frage: Das Rhein-Center boomt bislang, wie auch der jüngste Shoppingcenter Performance Report zeigt. Beim bundesweiten Vergleich liegt das Weiler Center im südwestlichsten Zipfel Deutschlands an elfter Stelle.

Wir lagen in den zurückliegenden Jahren noch weiter vorne. Das schwankt immer etwas. Mit der Note 1,88 sind wir aber sehr zufrieden. Diese basiert auf einer Umfrage der im Center ansässigen Filialisten, wie sie mit der Wirtschaftlichkeit zufrieden sind. Im Übrigen rangieren alle neu in Deutschland entstandenen Center hinter uns. Grundsätzlich ist die Vermietung von Flächen in neuen Centern schwierig geworden.

Frage: Das sind ja keine verheißungsvollen Aussichten für die an der Hangkante geplante Dreiländergalerie.

Diese kommt sechs Jahre zu spät. Der Boom mit Centern ist vorbei. Das gilt auch für das Dreiländereck. Der Schweizer Handel musste nach den starken Umsatzverlusten reagieren, es ging ums Überleben. Deshalb sind, wie schon gesagt, die Preise bei vergleichbaren Produkten teilweise in der Schweiz mittlerweile auf ähnlichem Niveau, oder aber die Qualität und die Beratung sind so top, dass die Leute bereit sind, mehr zu bezahlen. Noch haben wir aber auf deutscher Seite durch die Mehrwertsteuerrückerstattung Vorteile.

Frage: Ist Ihnen bange um die Zukunft des Rhein-Centers?

Das nicht. Unser Vorteil ist der sehr gute Branchenmix, zudem haben wir mit dem Marktkauf von Edeka einen starken Ankermieter. Grundsätzlich ist das klassische SB-Warenhaus ein Auslaufmodell, doch hier inmitten des Dreiländerecks haben wir eine besondere Konstellation, bei der es noch bestens funktioniert. Zielgruppengerecht können wir die Bedürfnisse der Menschen aus allen drei Ländern bedienen. Und Marktkauf investiert derzeit kräftig in ein neues Ladendesign, wie das schon die meisten Mieter in den vergangenen Jahren gemacht haben. Weitere Vorteile: Wir haben ein großes Parkhaus, wobei wir keine Parkgebühren verlangen, und wir liegen verkehrsgünstig mit einer optimalen Anbindung ans öffentliche Verkehrsnetz, wenn ich nur an die Tram denke. Einziger Schwachpunkt ist die Stauproblematik vor dem Zoll.

Frage: Diese wird sich auch künftig kaum vermeiden lassen.

Doch. Mit Einführung der Automatisierung des Verfahrens für die umsatzsteuerlichen Ausfuhr- und Abnehmerbescheinigungen. Dann müssen die Schweizer Einkaufstouristen nicht mehr zum Zoll und sich die grünen Zettel abstempeln lassen. Die problematische Parkplatzsuche vor dem Zoll mit den daraus resultierenden Rückstaus entfällt dann, ebenso hinterher das rückwärts Einfädeln in den fließenden Verkehr in Richtung Schweiz.

Frage: Wie sind Ihre Umsatzerwartungen fürs RheinCenter in den kommenden Jahren?

Wenn wir die gegenwärtigen Umsätze in den nächsten Jahren halten können, sind wir froh. Denn es kommen und kamen laufend neue Handelsflächen dazu, nicht nur an der Hangkante in Weil und in Lörrach auf dem Postareal, sondern auch in Umlandgemeinden wie Efringen-Kirchen oder Bad Bellingen, um nur zwei Beispiele zu nennen. Es gibt scheinbar einen ungebremsten Flächenzuwachs, der nicht ohne Folgen bleibt.

Frage: Welche?

Die Konkurrenzlage verschärft sich, der Verdrängungswettbewerb nimmt zu. Ein Problem sind auch die derzeit hohen Benzinpreise. Wenn jemand weiter weg wohnt, dann überlegt er sich schon, ob er aus der Innerschweiz zum Einkaufen nach Weil am Rhein fahren soll.

Frage: Kommen überhaupt noch Einkaufstouristen aus der Innerschweiz wie Luzern oder Bern ins Rhein-Center?

Ja, sie kommen noch, aber nicht mehr so oft. Wenn Einkaufstouristen von weiter her kommen, dann wollen sie mindestens einen Preisvorteil von 20 bis 30 Prozent haben.

Frage: Muss sich das Rhein-Center mit Blick auf die neu entstehenden Einkaufscentern an der Hangkante und auch im Elsass Sorgen machen?

Als die „Einkaufs-Insel“ vor Jahren kam, wurden uns auch Umsatzrückgänge vorausgesagt. Das Gegenteil war jedoch der Fall, wir legten kontinuierlich zu. Zwischenzeitlich haben sich die Zeiten aber geändert. Ich glaube nicht, dass es dem Investor an der Hangkante gelingen wird, höherwertige Geschäfte, als bislang vorhanden, anzusiedeln und dauerhaft zu etablieren.

Frage: Das müssen Sie schon aus eigenem Interesse sagen.

Nein, dies ist der veränderten Situation geschuldet. Die Vermietung von Ladenflächen ist schwieriger geworden, das wird auch der Investor der Dreiländergalerie zu spüren bekommen – trotz der tollen Architektur. Am Ende dürften die üblichen Filialisten einziehen, wenn sich höherwertige Geschäfte nicht finden lassen. Wünschenswert wäre es für uns, wenn sich das Angebot der Dreiländergalerie von dem unsrigen abheben würde.

Frage: Und was ist mit dem geplanten 40 000 Quadratmeter großen Einkaufscenter in Frankreich?

Das ist die größere Gefahr für uns, denn Unibail als Investor weiß, wie man Shoppingcenter baut und betreibt. Der Anteil der französischen Kunden liegt im Rhein-Center bei rund 25 Prozent, der der Schweizer bei 50 Prozent. Das wird einen Verdrängungswettbewerb geben.

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