Weil am Rhein Die finanzielle Notlage verursacht?

Marco Fraune
Der finanziell klamme Verein JWW Jugend, Weiterbildung, Wiedereingliederung hat seinen Sitz im Weiler Kesselhaus. Foto: Marco Fraune

Verein JWW kämpft darum, jeweils zum Monatsende seine Mitarbeiter bezahlen zu können.

Weil am Rhein - Der Verein JWW Jugend, Weiterbildung, Wiedereingliederung kämpft aktuell darum, jeweils zum Monatsende seine Mitarbeiter bezahlen zu können. Zu Tage geförderte Verfehlungen der früheren Geschäftsführerin seien ein zentraler Grund dafür, kritisiert die aktuelle Geschäftsführerin des gemeinnützigen Fördervereins zur Berufshilfe, Barbara Sauer. Ein Ermittlungs-verfahren wegen des Verdachts der Untreue ist vorläufig eingestellt, wobei nun voraussichtlich der zivilrechtliche Weg ansteht. Konfrontiert mit den zahlreichen Vorwürfen, bezieht die Beschuldigte gegenüber unserer Zeitung keine Stellung.

„Der Verein stünde gut da, wenn sie sich die Taschen nicht voll gemacht hätte“, klagt die neue Geschäftsführerin. Allein eigenmächtige Erhöhungen des Geschäftsführerin-Gehalts über Jahre hinweg belaufen sich laut Sauer auf mehrere zehntausend Euro. Hinzu kämen weitere Punkte wie das nicht erlaubte Betanken des Privatwagens auf Vereinskosten oder auch die Begleichung von eigentlich privaten Kfz-Rechnungen über das Vereinskonto. Summa summarum bewege man sich in Richtung sechsstelliger Schadenssumme, schätzt die seit einigen Monaten im Amt befindliche Geschäftsführerin, die zuvor über Jahre hinweg Vorsitzende des Fördervereins war.

„Menschlich sehr enttäuscht“

Erst als die Beschuldigte für eine begrenzte Zeit aussetzen musste, seien die später angezeigten Vergehen aufgefallen, rekapituliert Sauer. „Auf so eine Idee bin ich überhaupt nicht gekommen, der Laden lief ja.“

Grundsätzlich habe sie ja einen guten Job gemacht. Doch nun fehle das von der Beschuldigten angeblich veruntreute Geld. Es gebe keine Rücklagen mehr. „Ich bin sauer auf sie und menschlich sehr enttäuscht.“ Über den Klageweg hofft Sauer, dass zumindest ein Teil des reklamierten Schadensbetrages noch zurück an den Verein fließt.

Kündigung wird weiter angestrebt

Doch zugleich versucht die Geschäftsführerin ihre Vorgängerin noch einmal zu kündigen, da dies bislang trotz einer im Vorjahr ausgesprochenen fristlosen Kündigung noch nicht abschließend erfolgen konnte, erklärt Sauer. Vorgeworfen wurde der damaligen Geschäftsführerin Untreue, da sie sich unter anderem angeblich ohne Erlaubnis das Gehalt deutlich erhöht haben soll. Sauer selbst ist seit der Mitgliederversammlung des Vereins am 12. September nicht mehr Vorsitzende, sondern Geschäftsführerin. Der Vertrag ist zunächst bis August dieses Jahres befristet.

Gegenwärtig keine Stellungnahme

Der Verein wollte nach Aufklärung des Sachverhalts mit der Strafanzeige ein klares Zeichen an den Kommunalverband für Jugend und Soziales (KVJS) Baden-Württemberg geben, reinen Tisch zu machen. Vorgeworfen werden der Beschuldigten mehrere angebliche Verfehlungen, von denen einige Eingang in das Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Untreue gefunden haben, die bei der Staatsanwaltschaft in Lörrach anhängig ist. Diese hat von der öffentlichen Klage bis zu einem definierten Zeitpunkt abgesehen, so sollen erst speziell die arbeitsrechtlichen Gegebenheiten geklärt werden.

„Wir geben gegenwärtig keine Stellungnahme in der Sache ab“, erklärt die frühere Geschäftsführerin gegenüber unserer Zeitung über ihren Anwalt. Die Vorwürfe habe sie mit verschiedenen Erklärungen gegenüber Vereinsmitgliedern bestritten, schildert Geschäftsführerin Sauer im Gespräch.

Bei Blick auf Konto aufgefallen

Bei der Analyse der Kontoauszüge fielen Sauer und einer mit Lohnabrechnungen vertrauten Mitstreiterin zu hohe Überweisungen an die Beschuldigte auf. „Das hat den Stein ins Rollen gebracht.“ Der schon vor Jahren geschlossene Arbeitsvertrag habe besagt, dass Ergänzungen der Schriftform bedürfen, also auch bei Lohnerhöhungen. Mehrfach sei das Gehalt laut Sauer aber ohne Zustimmung von der Beschuldigten angehoben worden.

Die Beschuldigte habe nach einer Aussprache Mitte vergangenen Jahres behauptet, dies sei abgesprochen beziehungsweise Gegenstand von Mitgliederversammlungen gewesen. Sauer hält dagegen, dass sich nichts dergleichen in dem Protokoll findet.

Kassenprüfer entdeckt Tank-Vorgänge

Auf eine weitere mögliche Verfehlung der Beschuldigten stießen die Vereinsverantwortlichen im Rahmen der für Mitte September vergangenen Jahres einberufenen Mitgliederversammlung, wo auch die Geschäftsführer-Nachfolge geklärt und ein neuer Vorstand gewählt wurde. Bei der Prüfung der Kasse für die zurückliegenden beiden Jahre fiel dem Kassenprüfer auf, dass offenbar bei der Bezahlung des Tankens nicht alles mit rechten Dingen zuging, also die Beschuldigte den Privatwagen auf Kosten des Vereins immer mal wieder mit Sprit gefüllt haben soll. Die Beschuldigte habe gesagt, dies sei so abgesprochen gewesen. „Doch dafür gibt es keinen Aktenvermerk“, so Sauer. Auch hier sei dem Verein ein nennenswerter finanzieller Schaden entstanden.

Weitere mögliche Vergehen

Auto-Rechnungen stoßen den Vereinsverantwortlichen ebenso auf. Am Privatwagen erfolgte Arbeit soll unerlaubterweise über das Vereinskonto beglichen worden sein. Ein weiterer Vorwurf lautet, dass die Beschuldigte Grillaktions-Erlöse nicht ordnungsgemäß verbucht und Geld für sich behalten haben soll. Nicht berechtigt sei sie außerdem bei der Anstellung einer geringfügig beschäftigten Reinigungskraft gewesen. Mindestens zwei Privateinkäufe der damaligen Geschäftsführerin sollen außerdem angeblich auch über den Verein erfolgt sein, um unterm Strich die Umsatzsteuer zu sparen. Erst bei der Kassenprüfung 2018 sei angesichts der höheren Lohnsumme der Kassenprüfer alarmiert gewesen, genau hinzusehen, erklärt Sauer. Zuvor sei nichts aufgefallen.

Verein hofft auf Stadt-Zuschuss

Um den Fortbestand des Vereinswirkens zu sichern, hofft Sauer nun auch auf einen Zuschuss der Stadt, um die Liquidität zu erhöhen. „Jeden Monat ist es eine Gratwanderung, die Mitarbeiter am Monatsende bezahlen zu können.“ So setzt sie aktuell vor allem darauf, über den Gerichtsweg Geld von der Beschuldigten zu erhalten. Und die ausgesprochene Kündigung gehe wohl auch noch ihren gerichtlichen Weg.

INFO:

Volle Auftragsbücher, leere Kasse: Mit dem vor einem Jahr neu gewählten Vorstand soll es in Kürze eine Mitgliederversammlung geben. Thomas König als Vorsitzender, Sabine Nurnus-Stucki als Stellvertreterin und Madita Pichol als dritte Vorsitzende sowie Barbara Sauer als Geschäftsführerin wollen dann trotz des laufenden Verfahrens auch das Signal senden, dass auf den Verein Verlass ist. Schließlich kann der Verein nicht mehr auf solche finanziellen Zuwendungen aus Arbeitsmarkt-Fördertöpfen rechnen wie noch zu Zeiten als die Arbeitslosigkeit hoch war. Es werden aktuell zu rund 30 Prozent Dienstleistungen bei der Berufshilfe im Bereich Malerei erbracht, 70 Prozent unter Anleitung bei der Grünpflege. Die Auftragsbücher sind voll, wobei es aktuell sechs Mitarbeiter gibt, davon ein Azubi, eine 450-Euro-Kraft plus die neue Geschäftsführerin Sauer.

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