Die soziale Balance in Stadt und Region ist ausgesprochen wichtig, lässt sich aber nicht von oben verordnen. Die Sicherheitsinitiative hat bei den zuständigen Stellen von Land und Bund fruchtbare Wirkung gezeigt. Die Sondersituation unserer Grenzlage wird inzwischen klar verstanden. Die Sicherheitsinitiative hat die polizeiliche Präsenz deutlich verbessert. Die Zusammenarbeit der einbezogenen Stellen funktioniert gut. Wir sind im Landesprogramm „Soziale Stadt“ berücksichtigt. Auf diesen Initiativen bauen wir weiter auf und werden nicht locker lassen.
Frage: Eine städtebauliche Aufwertung, Stichwort Sanierung, sowie eine Neugestaltung des Rheinparks und des Rheinufers strebt die Stadt an. Welche Ziele verbinden Sie damit?
Der Rheinpark wird sich in der Fläche verdoppeln; gefühlt sogar verdreifachen, denn wir wollen ihm ein neues Gesicht geben. Weil am Rhein bekommt eine nennenswerte Rheinuferlinie und eine attraktive Naherholungsfläche für den Stadtteil Friedlingen mit Verknüpfungen ins Elsass über die Dreiländerbrücke und in Richtung Basel. Ziel des Sanierungsgebiets ist es unter anderem, den Eigentümern des Wohnungsbestandes in Friedlingen Sanierungsmittel zugänglich zu machen. Die Veränderung von Quartieren erfolgt nie über Nacht. Das braucht einen langen Atem. Mit der realisierten Tramlinie und der Umgestaltung der Hauptstraße, der Rücknahme des Hafenareals, dem beabsichtigten Bau einer neuen, großen Kindertagesstätte und eines neuen Jugendzentrums sind wenige von vielen Punkten genannt. In keinen anderen Stadtteil außer Haltingen sind in den vergangenen zehn Jahren derart viele Investitionen geflossen oder wurden dort ermöglicht.
Frage: Friedlingen soll näher an den Rhein rücken. Am Ufer auf französischer Seite wird sich in den nächsten Jahren auch einiges tun. Rücken die beiden Partnerstädte noch enger zusammen? Wird die Dreiländerbrücke als wichtiges Scharnier noch bedeutender?
Auch hier gilt ein uneingeschränktes Ja. Unsere gemeinsame Planung im Rahmen des Projektes „3Land“ nimmt den Rhein in die Mitte. Er wird zunehmend zum verbindenden Element. Das Interreg-Programm hat gerade entschieden, die Uferentwicklung auf beiden Rheinseiten zu unterstützen. Niemand kann sich heute die Dreiländerbrücke wegdenken. Sie ist prägend geworden für das Leben am Rhein.
Frage: Um das Projekt Dreiländergalerie an der Hangkante ist es ruhig geworden. Wann erteilt die Stadt die Baugenehmigung?
Der Bauantrag des Investors Cemagg befindet sich nach unserer Wahrnehmung auf einem guten Weg. Bauen in Deutschland ist inzwischen durch sehr umfangreiche Beteiligungen der allgemeinen Öffentlichkeit, der Nachbarschaften, der Sonderbehörden und eine beispiellose inhaltliche Regulatorik ein langgezogener Hürdenlauf. Das gilt für gewerbliches Bauen genauso wie für den Wohnungsbau. Die Gesetzgeber von Bund und Land ziehen hier die Schrauben ständig an, und der Unwille der Betroffenen geht dann auf den örtlichen Behörden nieder, die die Gesetze anwenden müssen.
Frage: Ein großes Problem ist der Wohnungsmangel. Vor allem preisgünstige und erschwingliche Wohnungen fehlen in der teuren Grenzecke. Was kann die Stadt dagegen tun?
Unsere Instrumente sind begrenzt. Die wirtschaftliche Sondersituation an der Schweizer Grenze, der Bevölkerungszustrom, die wachsenden Ansprüche an den persönlichen Wohnraum, die demografische Entwicklung trifft alle Kommunen unserer Region. Speziell für Weil am Rhein gilt: wir haben 2017 die Erschließung für das größte zusammenhängende Baugebiet ins Werk gesetzt: die Hohe Straße. Die wenigen im städtischen Eigentum befindlichen Grundstücke werden nach sozialen Aspekten vergeben. Die Stadt hat der Städtischen Wohnungsbaugesellschaft ein Grundstück südlich der Vitra in Erbpacht zur Verfügung gestellt. Dort wird das größte Wohnbauprojekt in der Geschichte der WoGe realisiert. Der größte Teil der Grundstücke steht aber im Privateigentum. Die Stadt kann auf dem Wohnungsmarkt nicht alles regeln. In Ötlingen bleiben beispielsweise seit Jahren baureife Grundstücke leider in Privathand unbebaut und werden auch nicht an Bauwillige veräußert.
Frage: Sie haben unlängst eine Wohnungsbauinitiative angekündigt.
Wir haben jetzt innerhalb der Stadtverwaltung auf meine Bitte hin nochmals die gesamte Gemarkung danach durchgekämmt, wo wir in vertretbarem Zeitrahmen und mit vertretbarem administrativem Aufwand Bereiche im öffentlichen Eigentum zur Bebauung darstellen können. Dem Gemeinderat werden wir im Rahmen dieser Wohnungsbauinitiative im ersten Quartal 2018 konkrete Vorschläge unterbreiten.
Frage: Mit der Ersteigerung und dem Kauf des Lofo-Areals bekommt die Stadt wieder Flächen für die Gewerbeansiedlung. Was ist vorgesehen?
Für das Areal ist ein Bebauungsplan aufzustellen. Ziel ist es, dass sich kleine und mittlere Betriebe entwickeln können. Wir haben in der Stadt zum Teil Gemengelagen von Betrieben und Wohnungsbau, die sich zwar in der Vergangenheit gut vertragen haben, die aber heute nur noch mühsam akzeptiert werden. Hier soll ein Ausweg geboten werden. Möglicherweise können wir einen Teil der vorhandenen, teilweise sehr prägenden Gebäude weiter verwenden. Die Stadt hat mit der Kommunalentwicklung Baden-Württemberg einen erfahrenen Partner für die Flächenentwicklung ins Boot geholt. Unsere Wirtschaftsförderung ist bereits im intensiven Kontakt mit Interessenten.
Frage: Werfen Sie doch bitte mal einen Blick voraus! Wo sehen Sie für die nächsten zwei, drei Jahre die größten Herausforderungen für die Stadt?
Der Strauß ist bunt und groß. Im Vordergrund stehen fortgesetzt die Themen Wohnungsbau, Kleinkinderbetreuung, Schulstruktur, Attraktivierung der Innenstadt, Verkehr, Integration neuer Einwohnerinnen und Einwohner, Umsetzung des Sportkonzepts. Auch die Auswirkungen von Baumaßnahmen wie der Bau der Dreiländergalerie, der Umbau der Insel, die Konsequenzen aus dem Bahnausbau werden in den kommenden Jahren täglich zu spüren sein.
Frage: Weil am Rhein hat sich ein ordentliches Finanzpolster in den zurückliegenden Jahren zugelegt, trotzdem Schulden abgebaut und investiert. Weckt die gute Finanzlage Begehrlichkeiten?
Das ist oberflächlich betrachtet richtig. Wer aber den Blick auf die Projekte der nächsten Dekade wirft, sieht, wie weit Wünsche und finanzielle Möglichkeiten noch immer auseinanderklaffen. Mit dem neuen kommunalen Haushaltsrecht ist es zudem zwingend, künftig die Abschreibungen für die Investitionen zu erwirtschaften. Das ist ein richtiger, auf finanzielle Nachhaltigkeit bedachter Ansatz. Denn bei jedem neuen Projekt muss dessen künftige Belastung für den Steuerzahler von heute und die nächste Generation mitbedacht werden. Im Übrigen müssen wir bei allen Wünschen und Vorschlägen die personellen und administrativen Grenzen unserer Verwaltung im Auge behalten.