Weil am Rhein Vom Klima und seinen Folgen

Beatrice Ehrlich

Sabine Hübner spricht beim Wirtschaftstreffen über Roms Untergang

Trotz des ernsten Themas ist die Stimmung bestens beim Weiler Wirtschaftstreffen im Rathaus am Mittwoch: „Nach Davos habe ich es noch nicht geschafft“, entgegnet Sabine Hübner mit einem fröhlichen Lachen auf die Frage aus den Reihen der Zuhörer, wie und wo sie denn ihre Erkenntnisse den Entscheidungsträgern in Wirtschaft und Politik näher bringe. Was Oberbürgermeister Wolfgang Dietz Anlass gibt zu der mit einem Augenzwinkern formulierten Frage, was denn schon das Wirtschaftstreffen in Davos sei im Vergleich zu dem in Weil am Rhein?

Man spürt, dass ein guter Draht da ist zwischen dem Oberhaupt der 3-Länder-Stadt und seit rund 20 Jahren Gastgeber des Weiler Wirtschaftstreffens und der weit gereisten Professorin aus Basel, die mit ihrem Mann und den vier Kindern im benachbarten Frankreich lebt.

Das Problem unserer Zeit

Was Dietz zu Beginn in seiner Rede als zentrales Problem unserer Zeit benannt hat, den Klimawandel und wie ihm „mit Haltung und Taten“ zu begegnen sei, hat Hübner zu ihrem Forschungsgegenstand gemacht. Aus der Sicht einer Historikerin mit dem Schwerpunkt Alte Geschichte wagt sie in ihrem aktuellen Projekt den Blick auf’s große Ganze: den Einfluss klimatischer Veränderungen auf die Gesellschaft, Wirtschaft und Politik. Sie leitet ein fächerübergreifenden Team von Wissenschaftlern, das der Frage nachgeht, inwieweit Klimaveränderungen in der Antike sich auf die Blüte und den Verfall des römischen Reiches ausgewirkt haben. Zu ihrem Team gehören auch Naturwissenschaftler, die etwa aus der Dicke von Baumringen oder anhand aus hunderten Meter Tiefe entnommenen Eisbohrkernen auf weit zurückliegende Wetterereignisse schließen können.

Klimaflüchtlinge damals und heute

Dass diese Auswirkungen ganz erheblich gewesen sein müssen – ihre These – , führt Hübner in ihrem spannenden und gut verständlichen Vortrag vor Augen. Darin spannt sie einen sehr großen Bogen: von den Methoden, um Klimaschwankungen in der Vergangenheit festzustellen über zentrale Ereignisse in der Geschichte des Römischen Reiches bis hin zur abschließenden Frage, wie sich eine Gesellschaft gegen die Herausforderungen des Klimawandels wappnen kann. Schon früher hätten Menschen, etwa wegen Nahrungsmittelknappheit, ihren angestammten Lebensraum verlassen. Im Gegensatz zu damals hätten die Menschen es heute in der Hand, sich vorzubereiten auf die rund eine Milliarde Menschen, die einer aktuellen Prognose zufolge im Jahr 2050 wegen der Klimaveränderungen weltweit auf der Flucht sein würden, schließt sie ihren Vortrag optimistisch.

Kritische Nachfragen im Anschluss

Dass sich ihre Forschung im Wesentlichen auf die Römerzeit bezieht, ist im Anschluss Gegenstand von Nachfragen, die zum Teil auch kritisch die „europäisch“ geprägte Sichtweise in den Fokus rücken. Dass sich das Römische Reich aufgrund der vielen schriftlichen Quellen, die aus dieser Epoche vorliegen, als Forschungsgegenstand anbietet, wird in Hübners Vortrag immer wieder deutlich. Nicht zuletzt gibt es in Staatsorganisation und Gesellschaftsaufbau Parallelen zum Hier und Heute. Erhaltene Dokumente, etwa zu Todesfällen an verschiedenen Orten des Reiches, lassen auf einen effektiven Verwaltungsapparat schließen, der übrigens – schon damals – auf gut ausgebildete Fachkräfte angewiesen war.

Ein Thema, das bewegt

„Vielleicht kann ich ja jemanden überzeugen, bei uns zu studieren“, hat Hübner zu Beginn ihre Vortrags mit Blick auf die Schüler des Kant- und des Oberrhein-Gymnasiums, die neben den Weiler Unternehmern, Gemeinderäten und Mitarbeitern der Stadt an diesem Abend die Reihen im Rathaussaal füllen. Das das so ist, kann man sich gut vorstellen, wenn man sieht, wie angeregt beim Apéro nach dem Vortrag die Schüler, aber auch viele andere Gäste über das Gehörte diskutieren.

Der Vortrag

Rege Handelsbeziehungen
im Inneren, aber schon damals auch mit Indien und China, seien eine ganz wesentliche Voraussetzung gewesen für das „glücklichste Zeitalter“ im Römischen Reich, das im 2. Jahrhundert nach Christus seine größte Ausdehnung erreichte, führt Historikerin Hübner den Gästen des Weiler Wirtschaftstreffens vor Augen. Von da an ging es bergab – ungefähr zeitgleich mit sinkenden Temperaturen, weniger Regenfällen und Dürren, die zu Ernteausfällen führten.

Ein besonderes Augenmerk
richtet sie auf die Entstehung und Ausbreitung verheerender Pandemien. Durch ihre todbringende Wirkung seien sie zumindest Mitauslöser gewesen für bedeutende gesellschaftliche Verwerfungen. Allein der „antoninischen Pest“ zwischen 165 bis 180 nach Christi Geburt, sei rund ein Drittel der damaligen Bevölkerung zum Opfer gefallen.

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