Weil am Rhein Wehrleute kommen an ihre Grenzen

Marco Fraune

Feuerwehr: 355 Einsätze im abgelaufenen Jahr. Hauptamtliche sollen Ehrenamtliche entlasten.

Weil am Rhein - Die Aufgaben der Freiwilligen Feuerwehr in Weil am Rhein sind nicht nur vielfältig, sondern die Menge ist zudem enorm hoch. Angesichts von 355 Einsätzen stand im vergangenen Jahr im Schnitt fast ein Alarm pro Tag an. „Wir kommen an unsere Grenzen, wo man umdenken muss“, erklärt Stadt-Feuerwehrkommandant Frank Sommerhalter.

Mit den 355 Einsätzen ist im vergangenen Jahr ein Höchststand erreicht worden. Zwar gab es schon einmal 500 Einsätze, doch davon entfielen dann die Hälfte auf die Folgen des Sturms „Lothar“. Der Trend hin zu mehr Einsätzen hat verschiedene Gründe, weiß Sommerhalter. Die Bürger rufen schneller Hilfe, die Anzahl der Rauchmelder ist angesichts der Verpflichtung für Bewohner und Unternehmer höher, die Brandmeldeanlagen lösen vermehrt aus, der Straßenverkehr nimmt zu, damit auch die Unfalle, und es gibt mehr ältere Menschen, womit immer mehr hilflose Personen in der Wohnung liegen, zu denen dann die Wehrleute den Rettungskräften Zugang verschaffen. Konkret in Zahlen ausgedrückt gibt es pro Jahr 30 bis 40 betroffene hilflose Menschen.

45 Fehlalarme

Unter den 355 Einsätzen gab es auch 45 Fehlalarme. Dass diese dafür sorgen, die ehrenamtlich tätigen Wehrleute zu demotivieren, erkennt Sommerhalter nicht. Vielmehr würden die Aktiven jeden Einsatz weiter ernst nehmen – und froh sein, wenn nichts Schlimmeres passiert. Außerdem können sie dann schneller abrücken. Schließlich kommt es auch vor, dass die Wehrleute nachts zwei bis drei Mal aufstehen müssen, weil Alarm geschlagen wird. „Das ist dann hart, am anderen Morgen zur Arbeit zu gehen.“

Psychische Belastungen

Ein 30-Stunden-Gefahrguteinsatz blieb der Weiler Wehr im Jahr 2018 im Vergleich zum 18. Dezember des Vorjahres erspart. Doch der längste Gefahrgut-Einsatz dauerte immerhin auch neun Stunden.

Doch nicht nur die Einsatzzeit, sondern ebenso die mit den Alarmierungen verbundene psychische Belastung ist hoch. An die zwei schweren Verkehrsunfälle zu Jahresbeginn 2019, einer sogar mit Todesfolge, erinnert sich Feuerwehrkommandant nur äußerst ungern. „Die Unfälle haben uns schon schwer beschäftigt.“ Viele Jahre sei man davon verschont geblieben, eingeklemmte Fahrer aus ihrer Notlage zu befreien.

Von Einsatz zu Einsatz

Aufatmen konnte die Weiler Wehr hingegen Ende September, als Einsatzleiter Sommerhalter und insgesamt rund 50 Einsatzkräfte ein durch ein brennendes Auto entfachtes Feuer in Haltingen eindämmen konnten, sodass das daneben befindliche Haus nicht auch noch Feuer fing. „Wären wir zwei Minuten später dran gewesen, wäre das Wohnhaus stärker betroffen gewesen.“

Dieser Einsatz zeigt aber auch, wie stark gefordert die Kräfte teilweise sind. Denn unter den rund 50 Einsatzkräften befanden sich einige, die von Kollegen der Abteilung Märkt abgelöst werden mussten, da sie schon zuvor ab 8.30 Uhr bei einem Gefahrgut-Einsatz am Umschlagbahnhof etwa neun Stunden beschäftigt waren.

Bis auf kleinere Verletzungen seien die Wehrleute glücklicherweise in diesem Jahr bei Einsätzen ohne körperlichen Schaden wieder an ihren Arbeitsplatz oder nach Hause gefahren.

Entlastung geplant

In der Regel leistet jeder der Weiler Wehrleute rund 100 Einsätze. Einige kommen aber sogar als Ehrenamtlicher auf 200 bis 220. Hinzu kommen dann für die Kräfte 40 Stunden an Fortbildung pro Jahr und für die Führungskräfte weitere 40 Stunden. Um die Ehrenamtlichen zumindest etwas zu entlasten, sollen die vier einsatztauglichen hauptamtlichen Wehrleute daher ab diesem Jahr verstärkt ausrücken, skizziert Sommerhalter im Gespräch mit unserer Zeitung die weitere strategische Ausrichtung. Dies könne bei kleineren Fällen erfolgen.

Da die Grenzen des Machbaren mit den insgesamt 155 Wehrleuten erreicht sei, gehe es darum, umzudenken. Mehr Einsätze durch Hauptamtliche ist dabei ein Ziel, ein weiteres ist die Gewinnung von weiteren Wehrleute, auch Frauen (siehe separaten Bericht).

Weniger können kommen

Damit will Sommerhalter auch dem Umstand Rechnung tragen, dass mittlerweile deutlich mehr Wehrleute alarmiert werden als benötigt. Grund: Viele Aktive sind beruflich stärker gebunden oder arbeiten in anderen Städten, womit der Weg zu weit wäre, um rechtzeitig am Einsatzort zu sein. Handwerker vor Ort oder Landwirte, die schnell vom Trecker steigen können, werden auch in Weil weniger. Wurden früher 35 Wehrkräfte für einen Löschzugeinsatz mit 21 erforderlichen Helfern alarmiert, sind es mittlerweile 60 bis 65. Benötigt Sommerhalter sechs Kräfte, alarmiert er 18. Ein Drittel könne schließlich im Regelfall nur kommen.

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