Weil am Rhein Wenig Nachfrage, viel Geld

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Das Bus-Angebot steht auf dem Prüfstand. Auf den Linien ist unterschiedlich viel los. Foto: Marco Fraune

ÖPNV: Abendbusse und engere Taktung am Tag in Diskussion / Wünsche ausgebremst

Weil am Rhein - Dem Ausbau des Öffentlichen Personennahverkehrs sind in Weil am Rhein finanzielle Grenzen gesetzt. Das hat die Stadtspitze im Finanzausschuss deutlich gemacht. Das Ein-Euro-Ticket kommt voraussichtlich nur in sehr abgespeckter Form. Mehr Stadtbusverkehr am Abend und eine engere Taktung am Tag scheitern am Geld.

380 000 Euro lässt sich die Stadt Lörrach jährlich das neue Ein-Euro-Ticket kosten. Für den Weiler Bürgermeister Rudolf Koger ist dies in Weil angesichts einer erwarteten sechsstelligen Summe nicht darstellbar. Daher sollen im Gegensatz zum SPD-Wunsch nur Inhaber des Familienpasses ab Jahresanfang als Probelauf für ein Jahr die RVL-Viererkarte für vier Euro erhalten, wobei jede anspruchsberechtigte Person maximal zwei davon pro Monat kaufen darf. Ob diese Ermäßigung dauerhaft erfolgt, sollen die Diskussion in einer ÖPNV-Arbeitsgruppe zeigen, die sich mit dem Thema beschäftigt. Als „klar reglementierte Regelung“, begrüßte im Ausschuss RVL-Geschäftsführer Frank Bärnighausen den Weiler Weg. Etwa 140 Personen seien anspruchsberechtigt, womit die Stadt die Kosten auf jährlich zirka 14 000 Euro schätzt. Nicht mit einer Gießkanne erfolge die Vergünstigung, sondern mit einer Sozialkomponente, so der RVL-Chef. Erst einmal müsse der Lörracher Weg nach einem Jahr bewertet werden, außerdem sei der Kreistag primär für die ÖPNV-Versorgung zuständig.

SPD für Ein-Euro-Ticket

Um die Menschen in Bus und Bahn zu bringen, soll das Ein-Euro-Ticket eingeführt werden, hatte die SPD beantragt. „Man muss was tun“, erklärte Stadtrat Jürgen Valley. Vom nun favorisierten Weiler Weg zeigte er sich wenig begeistert. „Das Ein-Euro-Ticket ist als Tiger gestartet und gesprungen, doch als Kätzlein gelandet.“ Wichtig sei, sich mit dem Thema zu späterer Zeit erneut zu befassen. Erst einmal stimmte die Mehrheit des Ausschusses für das geschrumpfte Ein-Euro-Ticket.

Der Blick von Oberbürgermeister Wolfgang Dietz richtet sich nun vorerst in die Nachbarstadt. „Es ist sinnhaft zu schauen, ob es sich in Lörrach bewährt und man es ableiten kann für Weil am Rhein und auf Landkreisebene.“ Mit Kosten in sechsstelliger Höhe müsse gerechnet werden. Schon jetzt gebe Weil rund 350 000 Euro für den ÖPNV im Jahr aus, ergänzte Kämmerer Koger.

„Nicht zielführend“

Ablehnend steht die Verwaltung angesichts der Kosten einem zeitlichen Ausbau des Busverkehrs gegenüber. Als „nicht zielführend“ und „wirtschaftlich nicht vertretbar“ bezeichnete der Bürgermeister, den Stadtbusverkehr über 19 und über 20 Uhr hinaus stark auszuweiten. Auf der Buslinie 12 seien die Nutzerzahlen abends „deutlich niedriger als im Vergleich zum Tagesverlauf“, bei der Buslinie 6/16 ergebe sich das gleiche Bild. Nur auf der Buslinie 55, die als Überlandlinie bis nach Kandern fährt, gibt es abends eine verstärkte Nachfrage. Daher hat die Stadt den Landkreis schon gebeten, hier das abendliche Angebot auszuweiten.

Unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten wird auch an der bisherigen Taktung des Busverkehrs auf den Linien 6/12 und 55 sowie der Linie 12 festgehalten. 50 000 Euro pro Jahr müssten laut Koger mehr bezahlt werden, sollte das Angebot ausgeweitet werden. Doch schon so gebe es auf der Hauptstraße in den Hauptverkehrszeiten einen Takt unter 20 Minuten. Ansonsten würden die Linien 6/16 und 15 im 30-Minuten-Takt fahren, die Linie 12 im Stundentakt. Letztere erhält nach Eröffnung der Nordwestumfahrung voraussichtlich eine neue Linienführung, erklärte der Bürgermeister auf Nachfrage von Grünen-Fraktionschef Martin Fischer.

Bürger in Busse bringen

„Wir wollen die Bürger zu den Bussen bringen, dann müssen wir den Busfahrplan ausweiten“, forderte Fischer. Noch immer gebe es Versorgungslücken in Otterbach, im Oberdorf von Haltingen sowie im Bromenacker IV. Eine bessere Taktung verbessere zudem die Nutzerzahl. „Wir müssen investieren.“ Der RVL müsse hier an der Außendarstellung arbeiten, um Kunden zu werben.

Auch FDP-Fraktionschef Thomas Harms weiß, dass eine Angebotsausweitung Geld kostet. „Doch wir müssen damit anfangen.“ Abermals brachte er dann den Citybus als Option zur Sprache, den er gegenüber der Tram-Verlängerung favorisiert.

Problem der Nachfrage

Der Bus nach Ötlingen werde aktuell „kaum genutzt“, führte Bürgermeister Koger an. „Es muss alles bezahlt werden“, mahnte er insgesamt. Auf der 55er-Linie gebe es die Nachfrage, bei den anderen hingegen nicht. Sollten Land oder Bund Geld locker machen, würde die Stadt hingegen neu prüfen, so der Kämmerer.

Zwischen Haltingen und Weil am Rhein gebe es pro Tag 69 Verbindungen pro Richtung, erinnerte OB Wolfgang Dietz. „Es ist kein Problem des Habens, sondern des Nutzens.“

Viele Autos unterwegs

Die Straßen in Weil seien überlastet, führte Grünen-Stadträtin Ulrike Fröhlich an. Eine ÖPNV-Ausweitung hält sie daher für wichtig. „Gelegenheitsfahrer kommen zu kurz.“ Es mangele an simplen Lösungen.

Dass die Zulassungszahlen bei den Autos bundesweit trotz der Bemühungen weiter steigen, weiß auch CDU-Fraktionsvorsitzender Claus Weibezahl. Der Trend gehe sogar zum Drittauto. Daher müssten mehr Menschen zum ÖPNV gebracht werden. „Es gibt viel zu tun, packen Sie an“, forderte er den RVL-Chef auf. Dieser setzt dabei auch auf eine neue App, die im nächsten Jahr starten soll.

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