Weil am Rhein „Wesentliche Grundzüge des Plans bleiben“

Weiler Zeitung

Interview: Erster Bürgermeister zur Änderung des Bebauungsplans „Hohe Straße“ und zur Kritik an einer zu starken Verdichtung

Mit einer Größe von zehn Hektar ist das Baugebiet „Hohe Straße“ das letzte große zusammenhängende Wohngebiet in der Kernstadt. Die ersten Häuser sind schon im Bau, die Erschließung soll spätestens bis Ende des Jahres abgeschlossen sein.

Von Siegfried Feuchter

Weil am Rhein. Mehr als fünf Millionen Euro kostet die Gesamterschließung. Da der Gemeinderat vor der Sommerpause eine Änderung des Bebauungsplans „Hohe Straße“ beschlossen hat, wonach es weniger Satteldächer und dafür Attika-Geschosse geben wird, rief dies teilweise Kritik hervor. Vor allem der ehemalige Weiler Stadtplaner Peter Reinders befürchtet jetzt eine „zu große Verdichtung“ in dem Wohngebiet zwischen Hieber-Markt und Vitra-Campus. Unsere Zeitung sprach darüber sowie über sich ändernde Anforderungen und den sozialen Wohnungsbau mit dem Ersten Bürgermeister Christoph Huber.

Frage: Wird der Bebauungsplan „Hohe Straße“ verwässert?

Der Plan wird nicht verwässert. Er wird der tatsächlichen Nachfrage angepasst. Zusätzlich finden sich Umsetzungen zu geänderten Rahmenbedingungen. Die wesentlichen Grundzüge des Plans bleiben bestehen.

Frage: Wieso wird denn nach so kurzer Zeit schon eine Planänderung vorgenommen? So alt ist der Plan doch noch nicht.

Es ist richtig, dass der Bebauungsplan noch relativ neu erscheint. In Kraft getreten ist er im November 2013. Der Bebauungsplan mit seinen heute bekannten Festsetzungen ist vom Gemeinderat vor fast sieben Jahren, genau am 25. Oktober 2011, als Satzung beschlossen worden. Und es sind mittlerweile über elf Jahre her, dass der Gemeinderat den Aufstellungsbeschluss gefasst hat. Wie lange man sich mit dem Gebiet schon vorher beschäftigt hat, zeigt sich daran, dass im Jahr 1994 der Bauausschuss bereits Fahrten nach Freiburg und Basel unternommen hat, um im Vorfeld Wohnquartiere zu besichtigen.

Frage: Das ändert nichts daran, dass der ehemalige Weiler Stadtplaner Peter Reinders nach dem jüngsten Änderungsbeschluss des Gemeinderats von einer „zu großen Verdichtung und sozialen Unverträglichkeit“ spricht. Denn es gibt nun weniger Satteldächer, dafür mehr Attika-Geschosse. Ist die Kritik berechtigt?

Nein. Dass aus geplanten Satteldächern teilweise Attika-Geschosse werden sollen, hat nicht zwangsläufig zur Folge, dass sich eine zu große Verdichtung ergeben wird. Es entspricht nur der Realität, dass eine bessere räumliche Nutzung in Wohnungen möglich ist, in denen keine Dachschrägen sind. Was in alten Dorfgebieten und in alten Gebäuden zum Wohnen reizvoll ist, muss nicht auch für Neubauten gelten.

Frage: Ist die beschlossene Änderung der Tatsache geschuldet, dass in der Stadt Wohnraum dringend benötigt wird?

Nein. Sollte bei der Umsetzung tatsächlich die eine oder andere Wohnung mehr entstehen, so ist das zu begrüßen. In erster Linie geht es bei den noch zu beschließenden Änderungen darum, sich den geänderten Gegebenheiten und Nachfragen anzupassen.

Frage: Was meinen Sie damit?

Drei Beispiele: Schon der erste Bauantrag der Baugenossenschaft Haltingen-Weil, an der Leimgrubenstraße wurde mit einem Flachdach eingereicht, und es wurde eine Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans beantragt. Beim Bauvorhaben der Städtischen Wohnbau an der August-Bauer-Straße verhält es sich ebenso. Auch das nächste Bauvorhaben der Baugenossenschaft Haltingen-Weil an der Gustav-Fecht-Straße wurde mit einem Flachdach beantragt. Das meine ich mit Nachfrage.

Frage: Warum wurden dann Satteldächer geplant?

Ein Grund für die teilweise sehr steilen Satteldächer war die Überlegung zur Sonnenenergienutzung. Namentlich die Südausrichtung sollte ein ökologisch wertvolles Potenzial zur Warmwasserbereitung, zur Heizungsunterstützung und zur Erzeugung von Fotovoltaik-Strom darstellen. Tatsache ist, dass der Gemeinderat auf Vorschlag der Verwaltung den Anschluss- und Benutzungszwang an das Fernwärmenetz der Stadtwerke beschlossen hat. In der Begründung des Bebauungsplans findet man unter dem Stichwort „Fernwärme“ oder „Nahwärme“ nichts.

Das ist ein relativ neues Thema, das bei der Aufstellung des Bebauungsplans noch keine Rolle gespielt hat, weil nicht absehbar war, dass dieser Energieträger für das Plangebiet je eine Bedeutung haben würde. Insofern ist die Begründung für die Satteldächer mit Südausrichtung weitgehend entfallen.

Hinzu kommt, dass man zwischenzeitlich bei Solar- und Fotovoltaikanlagen mehr und mehr dazu übergeht, diese zeltförmig in Ost-West-Richtung zu platzieren, um den Sonnenlauf möglichst gleichmäßig im Tagesablauf zu nutzen. Damit wird die sogenannte Mittags-Spitze geglättet. Auch das ist ein relativ neuer Aspekt.

Frage: Und wie steht es mit begrünten Flachdächern?

Diese haben ökologisch einen hohen Wert und bieten hinsichtlich der Klimaanpassung und der Verhinderung des Aufheizens der Innenstädte im Sommer gegenüber Dächern mit Ziegeleindeckung oder Betonziegeln deutliche Vorteile. In Kombination mit der Nachspeisung zuvor aufgefangenen Regenwassers wird das Mikroklima deutlich positiv beeinflusst.

Frage: Wie viele Menschen werden in dem Neubaugebiet einmal leben? Mehr als die ursprünglich avisierten 1000?

Erst wenn alle Grundstücke bebaut sind, kann man dies wissen. Aktuell sieht der Bebauungsplan hier eine Bandbreite zwischen 979 und 1175 Personen vor. Tatsache ist, dass die Zahl des pro Person in Anspruch genommenen Wohnraums in den vergangenen Jahren gestiegen ist und dass gleichzeitig die Zahl der durchschnittlichen Personen pro Haushalt von 2,2 auf 2,1 gesunken ist. Wie viele Wohnungen und mit welcher Größe letztendlich realisiert werden, hängt von den jeweiligen Grundstückseigentümern ab. Insofern ist dies eine rein akademische Übung mit viel Theorie.

Frage: Was ist mit dem Grundstück nördlich des Hieber-Markts, auf dem sozialer Wohnungsbau realisiert werden soll. Ist eine neue Lösung und ein Investor in Sicht, nachdem das Konzept der jungen spanischen Architekten nicht mehr weiterverfolgt wird?

Die Priorität liegt momentan auf der Errichtung der Heizzentrale für das Biomassekraftwerk. Parallel dazu machen wir uns innerhalb der Verwaltung Gedanken.

Frage: Also wurde noch kein Investor gefunden. Wie sieht es überhaupt mit dem sozialen Wohnungsbau in der Stadt aus? Die Mietpreise sind in der Grenzstadt schließlich hoch, so dass sich viele Menschen eine Wohnung auf dem freien Wohnungsmarkt nicht leisten können.

Das Problem des sozialen Wohnbaus besteht darin, dass es zwar sehr lukrative Finanzierungsmöglichkeiten gibt. Allerdings ist durch die Satzung über die höchstzulässige Miete für geförderten Wohnungsraum eine Kaltmiete von 6,97 Euro je Quadratmeter kaum oder besser gesagt gar nicht geeignet, um angesichts der hohen Baukosten auch nur annähernd eine Kostendeckung zu erreichen. Deshalb bedarf es mischgenutzter Gebäude, also solcher, die teilweise aus Mitteln des sozialen Wohnungsbaus mit entsprechender Bindung bestehen und frei finanzierten Wohnungen. Ein Konzept, das die Städtische Wohnbau in der Danziger Straße 17/1 erfolgreich umgesetzt hat und in der August-Bauer-Straße aktuell im Bau hat. Und es ist ein Konzept, das vor allem auch sozialverträglich ist.

Frage: Hat deshalb der Gemeinderat auch eine Quote festgelegt?

Es ist vom Gemeinderat eine weitsichtige und richtige Entscheidung gewesen, bei der Vergabe von Baugrundstücken zu fordern, dass die Zahl der Sozialwohnungen bei 30 Prozent liegen soll und nicht darüber.

Frage: Wird die von der Stadt Weil am Rhein gestartete Wohnbauinitiative dazu beitragen, den sehr angespannten Wohnungsmarkt zu entlasten?

Nicht nur die Initiative der Stadt wird dazu beitragen, auch die vielen privaten Investoren mit ihren Bauvorhaben, von denen einige bereits seit längerer Zeit genehmigt sind, deren Umsetzung aber noch aussteht.

Frage: Kann die Stadt denn überhaupt einen wirkungsvollen Beitrag leisten?

Die Stadt wird, wie die wartenden Investoren auch, ihren Beitrag hierzu leisten und im Rahmen ihrer Möglichkeiten Grundstücke zur Verfügung stellen. Sie wird jedoch vor allem auch darauf zu achten haben, dass die Infrastruktur, namentlich im Bereich der Kinderbetreuung, der Schulen, aber auch im Bereich der Freiflächen und Spielplätze adäquat und bedarfsgerecht bleiben wird.

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