Als Erfolg verbucht Ulrike Fröhlich, die als Neuling direkt die Kommunalwahl-Liste der Grünen im Jahr 2019 anführte, die fortschreitende Digitalisierung der Schulen – eines ihrer Herzensanliegen. Das Thema Corona spielte ihr hier in die Karten.
Arbeitsaufteilung möglich
Eine ganz andere Arbeitsteilung sei aufgrund der Vielzahl der politischen Mandatsträger nun möglich, freuen sich die Grünen. So können sich beispielsweise der Haltinger Ortschaftsrat Markus Dembowski und Stadträtin Nicole Sütterlin mit dem ÖPNV in der Tiefe befassen und die Wünsche zum Busverkehr, der Vernetzung sowie der Beschilderung beim Ersten Bürgermeister Rudolf Koger platzieren. „Wir haben eine andere Expertise als mit einer kleinen Fraktion.“
Bei drei Männern und vier Frauen passt auch die Geschlechteraufteilung. Mit der jungen Linn Fischer gebe es auch einen „anderen Blick“, heißt es zudem. Einen Fraktionszwang gebe nicht. Bayer spricht von einer „guten Diskussionskultur“, wobei Ulrike Fröhlich hier als Moderatorin agiert, wie bei einer Klausur zu Beginn. Schwerpunkte wie sozialer Wohnungsbau, Naturschutz und Verkehr wurden auf die Fraktionsmitglieder verteilt.
Rolle der Freien Wähler
Mit der Aufteilung von Themen und Zustimmungen zu Fraktionsanträgen gemeinsam mit den Freien Wählern hat es in der ersten Hälfte der Legislaturperiode hingegen kaum geklappt. Bayer begründet dies damit, dass zuerst Themen auf eine Linie gebracht werden müssten. „Es lässt sich nicht immer Einigkeit erzielen.“
Ein Geben und Nehmen wurde bislang noch nicht wirklich praktiziert. „Es ist ein Weg, der wachsen muss.“ Linn Fischer wählt weniger diplomatische Töne. „Die Freien Wähler sind in der Fraktion gespalten.“ Von keiner politischen Grundrichtung spricht der Grünen-Chef dann noch. Man habe lernen müssen, dass es zuvor das eine oder andere Gespräch mit den Freien Wählern bedürfe. Die Grünen selbst würden vom Ziel her Themen denken, bei den Freien Wählern würde der starke finanzielle Vorbehalt eine zentrale Rolle spielen, wie auch bei der Einbringung der Tram-Verlängerung ins Agglo-Programm.
Mobilität: Rad versus Auto?
Das Thema Rad versus Auto darf im Gespräch mit den Grünen-Mandatsträgern nicht fehlen. „Uns ist der Modalsplit wichtig“, setzen Bayer und seine Mitstreiter auf alle Verkehrsträger. „Der Rest im Gemeinderat ist unheimlich autolastig.“
Die Grünen wollen ihre Themen aber weiterhin voran bringen. Dembowski führt das Bild vom „langen, schwierigen und steinigen Weg“ an, der zu gehen sei. Notfalls werde in einem neuen Anlauf das Ziel erreicht. Enthusiasmus habe man nicht eingebüßt. „Wir werden immer stärker“, ergänzt auch Sütterlin. Und Fröhlich erklärt: „Wir sind sehr aktiv.“ Bayer ergänzt dann noch: „Wir machen keinen ziellosen Aktionismus.“ Der Fraktionsvorsitzende ist ebenfalls zufrieden und würde ein sehr gut bis gut als Note verteilen. Denn auch beim Thema Fußgängerzone habe seine Partei als einzige Fraktion sich dem Bürger vor Ort gestellt.
Die Defizite der Fraktion
Von Schwächen wollen die Grünen daher weniger sprechen, sondern eher von einem Lernprozess. Wobei Alexander Breidenbach einschränkt, dass man wohl zu ergebnisorientiert unterwegs sei, aber die Redezeiten zu knapp halte. „Wir haben keine Selbstdarsteller in unseren Reihen – das ist eine Schwäche.“
Verhältnis zum OB
Mit dem Oberbürgermeister gehen die Grünen nicht allzu hart ins Gericht. Zwar ist Wolfgang Dietz unverdächtig, ein Fan der Öko-Partei zu sein, doch die Verwaltung greife zunehmend grüne Themen auf, wie das 1000-Bäume-Programm, das vom Stadtoberhaupt initiiert wurde. „Aus seiner Brille will er die Stadt gestalten, das ist legitim. Wir haben eine andere Brille auf“, erklärt Bayer. Zudem gehe es ihm meistens um die Sache, selten um die Person. Zudem müsse der OB nun sehen, dass er für seine Ideen Mehrheiten bekommt. Zugleich nutze der OB jedoch durchaus seine Machtstellung, die er habe.
Eigene Themen
Doch auch die Grünen wollen ihre Fraktionsstärke nutzen, um ihre Themen voran zu bringen und umsetzen zu lassen. Weniger versiegelte Flächen zählen dazu. Allzu üppige Steingärten werden kritisiert Die wilden Hütten am Tüllinger stoßen ebenfalls unangenehm ins Auge. Auch insgesamt mehr Grün in der Stadt wünscht sich Fröhlich, die in Richtung „Tiny Forest“ Ideen entwickelt.
Eine Parkraumbewirtschaftung steht laut Irmgard Lorenz „auf der Agenda“, wobei sich die Grünen hier noch in der Diskussion befinden. Mehr Busse in den Abendstunden schweben Dembowski als Ziel vor. Multifunktionsräume bei Neubauten sind ebenso ein Punkt, um bei erforderlicher Nachnutzung nicht später Leerstände zu produzieren.
Ob es in Otterbach-Süd möglichst Hochhäuser geben soll? Hier haben die Grünen noch keine einheitliche Meinung. Gute Kindergartenversorgung, digitalisierte Schulen und bessere Integration werden noch als Ziele genannt.
Ein Herzensanliegen sei die Fußgängerzone. „Hier hoffen sie auf den großen Wurf“, in dem ÖPNV, Rad- und motorisierter Individualverkehr Beachtung finden. Die Innenstadt dürfe nicht nur auf Autos ausgerichtet sein, sind die Fraktionsmitglieder wieder bei einem klassischen grünen Thema.