Weil am Rhein - 96 Wohnungen werden im Weiler Hochhaus Liegnitzer Weg 8 abgerissen. In der Lörracher Nordstadt fallen vier in die Jahre gekommene Gebäuderiegel mit insgesamt 126 Wohnungen der Abrissbirne zum Opfer.
Analyse: Gründe für langen Vorlauf im Vergleich zu Lörrach
Weil am Rhein - 96 Wohnungen werden im Weiler Hochhaus Liegnitzer Weg 8 abgerissen. In der Lörracher Nordstadt fallen vier in die Jahre gekommene Gebäuderiegel mit insgesamt 126 Wohnungen der Abrissbirne zum Opfer.
Während der Weiler Wohnbau-Geschäftsführer Andreas Heiler schon acht bis zehn Jahre vor den Maßnahmen den Mietern und der Öffentlichkeit mitgeteilt hat, beschränkte sich sein Pendant aus Lörrach auf etwa zwei Jahre vorher. Das hat seine Gründe, wie Heiler im Gespräch mit unserer Zeitung erläutert.
In beiden großen Kreisstädten wird zwar neuer Wohnraum an gleicher Stelle geschaffen, doch erst einmal weiß auch der Weiler Wohnbau-Chef um die Sorgen und Rückmeldungen der aktuellen Mieter. Dass diesen im April 2019 bereits dargelegt wurde, das Hochhaus müsse baubedingt in acht bis zehn Jahren abgerissen werden, stieß auf ein unterschiedliches Echo. Es habe auch Mieter gegeben, die damit keine Probleme hatten, erinnert sich Heiler.
Andere Ausgangslage
Zwar handelt es sich sowohl in Weil am Rhein als auch in Lörrach um umfangreiche Abrisse und jeweils die städtischen Wohnungsbaugesellschaften als Eigentümer und Protagonisten. Doch beim genaueren Vergleich ergeben sich einige Unterschiede, rechtfertigt Heiler seine lange Abriss-Vorlaufzeit. „Ich sehe eine grundsätzlich anders geartete Ausgangslage.“
So erstrecke sich das in der Nachbarstadt in der vergangenen Woche öffentlich gemachte Wohnbau-Vorhaben (wir berichteten) um ein etwa 28 000 Quadratmeter großes Areal, in Weil hingegen um 15 500 Quadratmeter.
Angesichts der Fläche sei es für die Lörracher auch einfacher, schrittweise den Abriss vorzunehmen und nicht ein großes Hochhaus in einem Schlag. Damit könnten dann auch einzelne Wohnblöcke sukzessive leer geräumt werden. Ähnlich sei sein Unternehmen auch an der Danziger Straße 17 und 17/1 zuletzt vorgegangen, als Mieter vom Altbau in den Neubau umzogen.
Daher blickt Heiler auch gespannt darauf, wie sein Lörracher Kollege, der städtische Wohnbau-Chef Thomas Nostadt, genau agieren wird. Schließlich handele es sich um drei Straßenzüge und einen alten Gebäudebestand. Die Wohnbau Lörrach werde im Laufe dieses Jahres allen andere Wohnungen anbieten und ebenso Hilfe beim Umzug, auch finanzielle, hieß es in der vergangenen Woche.
Hier hat die Weiler Wohnbau in den vergangenen knapp zwei Jahren seit ihrer Abriss-Ankündigung bereits einige Erfahrungen sammeln können. „Wir bieten Mietern Umzugsoptionen und finanzielle Unterstützung“, schildert Heiler. Alle leer werdenden Wohnungen im 1000er-Bestand würden den Mietern exklusiv angeboten.
Je nach Wohnungsgröße gestaffelt ist dann noch die Umzugshilfe. „Aber nicht alle nutzen die Umzugsoption“, weiß Heiler. Bei den Kosten orientiere man sich an Umzugsunternehmen-Rechnungen. „Der Zuschuss wird gezahlt, egal, ob ein Unternehmen es übernimmt oder es privat organisiert wird.“
30 Wohnungen nun leer
Im Laufe der Zeit könne die Wohnbau den Mietern immer wieder ein Miet-Angebot unterbreiten. „Wir wollen für Ruhe im Haus sorgen“, gibt Heiler die Zielvorgabe. Mittlerweile sei es auch allgemein ruhiger im Haus, denn von den 96 Wohnungen sind schon 30 leer. Die Zahl hochrechnen will Heiler jedoch nicht, also dass sechs Jahre nach der Abriss-Ankündigung das Hochhaus leer dasteht. „Ich interpoliere es nicht, es gibt keinen mathematischen Zusammenhang.“
Klar ist aber auch, dass ausgezogene Mieter aufgrund des alten Baubestandes bislang nur 4,50 Euro zahlen mussten, während im sanierten Zustand sieben bis 8,50 Euro bei der Wohnbau fällig werden. Heiler: „So günstig wohnen die nie wieder.“
Aber selbst bei einer Sanierung wäre es deutlich teurer geworden, da theoretisch acht Prozent der Kosten pro Jahr umgelegt werden dürften, also bis zu drei Euro pro Quadratmeter. „Das haben wir nie gemacht und werden es auch nicht“, verweist der Wohnbau-Chef auf ein bis 1,50 Euro zusätzlich an gestaffelten Erhöhungen.
Investitionen vermeiden
Die Entscheidung für die im Vergleich zu Lörrach anderen Kommunikationspolitik hält Heiler für Weil am Rhein richtig. Es sei wichtig gewesen, den Sachstand und Sachverhalt frühzeitig zu kommunizieren. Zuerst sei über den Sanierungsaufwand informiert worden, doch dann habe sich später die Sachlage dramatisch verändert und ein perspektivischer Abriss sei notwendig geworden. „Oberste Prämisse war für uns, direkt zu kommunzieren, damit nicht noch Investitionen von den Bewohnern getätigt werden“, also dass beispielsweise ein neuer Boden auf eigene Kosten verlegt wird.
Diesen Weg hält Heiler für diesen Abriss für den richtigen. „Wir wollten den Leuten reinen Wein einschenken.“
Von einer schlechten Stimmung im Abriss-Wohngebäude ist Heiler nichts bekannt. Es gebe Bewegungen und Mieter, die ausziehen.
Auch sorgt sich der Wohnbau-Chef nicht um einen erhöhten Vandalismus. Leerstehende Wohnungen würden in angemessenem Rahmen geheizt und die Wohnbau trage weiter den Kostenanteil für die Leerstandswohnungen. „Ich sehe zum jetzigen Zeitpunkt keinerlei Tendenzen, dass sich Mieter nicht wohl fühlen. Es wird nur ruhiger werden.“
Angesichts von sechs Wohnungen pro Etage im 1969 errichteten Hochhaus und einem nur in jedem zweiten Geschoss haltenden Aufzug habe es schon zuvor nur bedingt Kontakte untereinander gegeben. Störende Elemente aufgrund des alten Schallschutzes würden zudem weniger.
Was folgt auf Abriss?
Klar ist, dass am Abriss nicht mehr gerüttelt wird, verweist Heiler auf die entsprechende Entscheidung des Aufsichtsrats. Weiter unbeantwortet bleibt die Frage, was an gleicher Stelle neu gebaut wird. Da die Grundstücksfläche auch eine einstöckige Tiefgarage enthalte, könnte es eine erweiterte Nutzung um diesen Bereich geben.
Doch hier will sich die Wohnbau zuerst gemeinsam mit der Stadtplanung im Rathaus Gedanken machen. Womöglich müsse noch der alte Bebauungsplan angepasst werden, womit der Gemeinderat und nicht nur der Aufsichtsrat wieder mit im Boot wäre.